„Opa ist ein völliger Idiot“Kaum Munition, flüchtende Truppen –Söldner-Chef Prigoschin attackiert den Kreml

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Ein „glücklicher Opa“ denke, dass „alles gut“ sei, sagt Jewgeni Prigoschin in seinem neusten Video. Meint er damit Wladimir Putin?

Die russische Söldnertruppe Wagner hat nach eigenen Angaben die vom russischen Verteidigungsministerium versprochenen Munitionslieferungen für die Front in der Ostukraine noch nicht erhalten. Insgesamt sei auch nur die Hälfte der angefragten Positionen bewilligt worden und davon nur ein Bruchteil der jeweils angefragten Munitionsmenge, klagte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem Video, das sein Pressedienst am Dienstagvormittag auf Telegram veröffentlichte.

Jewgeni Prigoschin: Wagner-Chef wählt harsche Worte für Kritik am Kreml

Der Söldner-Chef warf zudem russischen Truppen vor, inmitten der Kämpfe in Bachmut geflüchtet zu sein. „Heute ist eine der Einheiten des Verteidigungsministeriums von einer unserer Flanken geflohen“, erklärte Prigoschin.

Mit harschen Worten stellte Prigoschin zudem die Fähigkeit des russischen Staates infrage, das Land zu verteidigen, während sich die Ukraine auf eine Frühjahrsoffensive vorbereite. „Warum ist der Staat nicht in der Lage, sein Land zu verteidigen?“, fragte der Söldner-Chef, der von „erfolgreichen“ ukrainischen Angriffen berichtete. 

Der legendäre sowjetische Panzer T-34 führt die Kolonne russischer Panzerfahrzeuge auf dem Roten Platz während der Militärparade zum Tag des Sieges, mit der der 78. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs begangen wird, an.

Der legendäre sowjetische Panzer T-34 führt die Kolonne russischer Panzerfahrzeuge auf dem Roten Platz während der Militärparade zum Tag des Sieges an.

Kurz vor der Veröffentlichung des Videos fand in Moskau die traditionelle Militärparade zum 78. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland statt. „Der Tag des Sieges ist der Tag des Sieges unserer Großväter. Wir haben diesen Sieg noch mit keinem Millimeter verdient“, sagte Prigoschin mit Blick auf die Veranstaltung.

Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin drohte mit Veröffentlichung von Video

Zuvor hatte der Söldner-Chef bereits für Aufsehen gesorgt, indem er zunächst einen kurzen Videoclip veröffentlicht hatte. In der Sequenz, die in der Nacht auf Dienstag gepostet wurde, drohte Prigoschin in Richtung des Kremls damit, um exakt 10:40 Uhr russischer Zeit das „ganze Video“ zu veröffentlichen, in dem er sich zur „Munitionssituation“ äußern werde, sollte bis dahin keine Munition bei den Wagner-Truppen eingetroffen sein. Das war offensichtlich nicht der Fall: Kurz nach Ende der Parade in Moskau veröffentlichte Prigoschin das angekündigte Video auf Telegram. 

Die Wagner-Söldner kämpfen in dem seit mehr als 14 Monaten andauernden russischen Angriffskrieg um die ostukrainische Stadt Bachmut, der sich zum Schwerpunkt des Kriegs in der Ukraine entwickelt hat. Die Stadt, in der vor dem Krieg gut 70.000 Menschen lebten, ist inzwischen fast völlig zerstört.

Jewgeni Prigoschin beklagt nicht eingelöste Versprechen Moskaus

Zwar hat die Wagner-Truppe nach eigenen Angaben unter hohen Verlusten inzwischen etwa 95 Prozent des Stadtgebiets unter ihre Kontrolle gebracht, doch ukrainische Verteidiger halten sich weiter im westlichen Teil Bachmuts verschanzt.

Wegen der hohen Verluste und wegen Munitionsmangels drohte Prigoschin vor einigen Tagen dem Kreml mit dem Abzug seiner Einheiten aus Bachmut bis Mittwoch. Kurz darauf erklärte er, dass ihm doch ausreichend Artilleriegeschosse zugesichert worden seien. Nun klagte er, das Versprechen sei bisher noch nicht eingelöst worden.

Meint Jewgeni Prigoschon damit etwa Wladimir Putin? „Ein glücklicher Opa denkt, dass alles gut ist“

Der 61-Jährige warnte zudem vor dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive. Seinen Angaben nach bröckelt die Front in Bachmut an den Flanken bereits. Ein paar Tage würden seine Männer aber noch in Bachmut bleiben, kündigte er an. „Wir prügeln uns und dann sehen wir weiter“, sagte er.

Der Wagner-Chef schickte zudem drohend klingende Worte nach Moskau. Der Hauptfeind seien nicht nur die ukrainischen Streitkräfte, sondern Bürokraten in Moskau. An einer anderen Stelle sagte er sogar: „Ein glücklicher Opa denkt, dass alles gut ist. Aber was soll das Land tun, wenn sich herausstellt, dass dieser Opa ein völliger Idiot ist.“

Obwohl unklar ist, auf wen konkret sich dieses Zitat bezieht, wurden Spekulationen laut, ob Prigoschin Präsident Wladimir Putin gemeint haben könnte, als dessen Vertrauter er eigentlich gilt. (mit dpa)

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