Während Donald Trump die Ukraine attackiert, kommen aus Moskau eindeutige Signale in Richtung des Nachbarlandes und Europa.
„Wir sind im Krieg mit Europa“Trump übernimmt Putins Propaganda – und Moskau plant bereits neue Feldzüge

Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen in Alaska im August. (Archivbild)
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Die USA üben weiter Druck auf die Ukraine aus, einen von Washington erarbeiteten „Friedensplan“ und darin enthaltene Gebietsabtretungen an Russland zu akzeptieren. US-Präsident Donald Trump drängte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Interview mit „Politico“ nun erneut dazu, dem US-Plan endlich zuzustimmen.
„Er wird sich zusammenreißen und anfangen müssen, die Dinge zu akzeptieren“, sagte Trump über Selenskyj. „Denn er verliert.“ Die Ukraine habe an Russland „viel Land verloren, und zwar sehr gutes Land“, hieß es weiter vom US-Präsidenten. Trump warf dem ukrainischen Präsidenten außerdem erneut vor, seinen „Friedensplan“ überhaupt nicht gelesen zu haben.
„Trump übernimmt mittlerweile ziemlich offen russische Propaganda“
Trump drängte die Ukraine obendrein zu Wahlen, obwohl diese verfassungsgemäß nicht zulässig sind, solang der Kriegszustand verhängt ist. Diesen aufzuheben, würde zunächst einen Waffenstillstand erfordern, den Russland ablehnt. Aus Moskau kommen unterdessen immer wieder ähnliche Forderungen in Richtung der Ukraine. Kremlchef Wladimir Putin spricht regelmäßig davon, die ukrainische Regierung sei nicht legitim.
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„Trump übernimmt mittlerweile ziemlich offen russische Propaganda“, ordnete der Russland-Experte Matthäus Wehowski die Worte des US-Präsidenten am Dienstag entsprechend auf der Plattform X ein. „Russland verhindert Wahlen in der Ukraine, da es einen Waffenstillstand ablehnt“, erklärte der Historiker und wies darauf hin, dass die „letzte (halbwegs) freie Wahl“ in Russland 1996 stattgefunden habe.
Europäer halten Trumps „Friedensplan“ für prorussisch
Seitdem habe es lediglich „eine Akklamation“ Putins gegeben, erklärte Wehowski mit Blick auf die Amtszeit des russischen Machthabers, der erst von 1999 bis 2008 russischer Präsident war und 2012 in das Amt zurückkehrte, nachdem sein Vertrauter Dmitri Medwedew kurzzeitig übernommen hatte. Seitdem regiert der Kremlchef die Russische Föderation mit diktatorischer Machtfülle.
Selenskyj hatte unterdessen erst am Montag mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dem französischen Staatschef Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer in London über den US-Plan beraten. Nach Einschätzung der Europäer gibt er zu einseitig russische Positionen wieder.
Keine Friedensbereitschaft in Moskau – im Gegenteil
Gleichzeitig gibt es aus Moskau keine Signale, dass der Kreml den Krieg gegen die Ukraine überhaupt beenden will. Putin hatte noch in der letzten Woche Russlands Anspruch auf „Noworossija“ („Neurussland“) bekräftigt und damit indirekt weitere Eroberungen angedroht. Moskau erhebt Anspruch auf die ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sowie die bereits 2014 annektierte Krim-Halbinsel.
Historisch waren jedoch oft auch die Regionen Odessa und Mykolajiw mit dem Begriff gemeint. Putin hatte bereits 2023 betont, die Großstadt Odessa sei eine „russische Stadt“. Zudem waren auf einer Karte, die vor einigen Wochen bei einem Auftritt des russischen Generalstabschefs Waleri Gerassimow zu sehen war, auch Odessa und Mykolajiw als „russisch“ ausgewiesen.
„Dieser Krieg wird nicht enden, bevor wir Europa besiegt haben“
Auch die jüngsten Aussagen des Kreml-Beraters und Politikwissenschaftlers Sergei Karaganow deuten in eine eindeutige Richtung. Der Leiter des russischen Rates für Außen- und Verteidigungspolitik wählte in der letzten Woche im russischen Staatsfernsehen drastische Worte. „Wir sind im Krieg mit Europa, nicht nur mit der elenden und erbärmlichen Ukraine“, erklärte Karaganow. „Ich bin nicht der Präsident, also kann ich es klar sagen: Dieser Krieg wird nicht enden, bevor wir Europa besiegt haben“, fügte er hinzu.
Am Dienstag legte der russische Regierungsberater gegenüber der Nachrichtenagentur Tass dann noch einmal nach und bezeichnete Europa als „Feind, der den Verstand verloren“ habe. „Die einzige Hoffnung liegt in der politischen und moralischen Niederlage Europas“, führte der Politikwissenschaftler aus.
Kreml-Berater: Europa muss von „Seuche geheilt werden“
Dieses Ziel sollte, wenn möglich, ohne den Einsatz von Atomwaffen erreicht werden, erklärte Karaganow. „Wenn es aber nötig sein sollte, Gott bewahre, würden unschuldige Menschen sterben“, so der Kreml-Berater, der für den Fall der Fälle einen „massiven Atomangriff mit kraftvollen Salven“ empfahl, da „diese Seuche“ in Europa „geheilt werden muss, bevor sie sich über den gesamten Kontinent ausbreitet“.

Russlands Machthaber Wladimir Putin im Gespräch mit Kreml-Berater Sergei Karaganow. (Archivbild)
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Karaganows Bedeutung für die Entscheidungen des Kremls ist allerdings – ähnlich wie beim russischen Neofaschisten Alexander Dugin, der zuletzt ebenfalls zum Feldzug gegen Europa aufgerufen hat – zweifelhaft. Der „tatsächliche Einfluss Karaganows ist umstritten“, erklärte Russland-Experte Wehowski. Die Worte des Politikwissenschaftlers seien aber „dennoch ernst zu nehmen“, hieß es weiter in einem X-Beitrag des Russland-Experten.
„Seine Ansichten spiegeln die Absichten des Kremls wider“
„Karaganow hat sich zeit seines Lebens im Rahmen des vorherrschenden Meinungsspektrums bewegt“, erklärte dort auch der Politik-Analyst Alexander Dubowy. „Letzteres ist mittlerweile sehr klein geworden. Damit ist der tatsächliche Einfluss Karaganows nicht entscheidend“, führte der Russland-Experte aus. „Seine Ansichten spiegeln die Absichten des Kremls wider.“
Dafür, dass in Moskau offen über neue Feldzüge nachgedacht wird, finden sich unterdessen auch in den kremlnahen russischen Medien eindeutige Belege. „Die russischen Streitkräfte könnten die abgekühlte Haltung der USA in der Ukraine-Frage ausnutzen und zu radikalen Maßnahmen auf dem Schlachtfeld greifen“, heißt es etwa zuletzt bei der Zeitung „Moskowski Komsomolez“. Demnach rechnen russische Militärexperten spätestens im nächsten Frühjahr mit neuen Offensiven in der Ukraine.
„Man darf Cherson, Mykolajiw und Odessa nicht vergessen“
Im Gespräch mit der Zeitung machte der ehemalige Generalmajor der russischen Streitkräfte Wladimir Popow wenig Hehl aus Moskaus Plänen. Sollte die Unterstützung für die Ukraine zurückgehen, so wie es derzeit den Anschein mache, werde Russland „viele Fragen einfacher lösen“ können und neue Fronten in der Ukraine eröffnen, prophezeite der Experte. „Wir werden über Reserven verfügen, die wir sowohl nach Norden als auch nach Süden einsetzen können“, erklärte Popow und fügte hinzu: „Man darf Cherson, Mykolajiw und Odessa nicht vergessen.“
Auch Putin meldete sich am Dienstag schließlich noch einmal zu Wort. „Wir werden diese Angelegenheit mit Sicherheit zu ihrem logischen Ende führen, bis die Ziele der militärischen Sonderoperation erreicht sind“, zitierte die Staatsagentur Tass den Kremlchef, der Moskaus Ziele damit erneut bekräftigte.

