Museumsstücke an die Front?Putin lässt Panzer aus der Stalin-Zeit verlegen – Experten rätseln über Nutzen

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Moskau, 2019: Ein russischer Panzer T-55 steht auf einem Zug. Die alten Modelle könnten nun für den Einsatz in der Ukraine wieder gebraucht werden. (Archivbild)

Moskau, 2019: Ein russischer Panzer T-55 steht auf einem Zug. Die alten Modelle könnten nun für den Einsatz in der Ukraine wieder gebraucht werden. (Archivbild)

Moskau holt offenbar Panzer aus den 1940er Jahren aus den Lagerhallen. Wladimir Putin könnte sie aus Mangel an schwerem Gerät in die Ukraine schicken.

Über ein Jahr dauert Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine inzwischen – eine Zeit, in der sowohl die ukrainische Armee als auch die russische viel Material und schweres Gerät verloren hat. Während die Ukraine dank Waffenlieferungen Nachschub aus dem Ausland erhält, muss Russland an seine eigenen Reserven gehen.

Aufnahmen eines Konvois russischer T-54- und T-55-Panzer, die auf der Schiene aus der fernöstlichen Region Primorksy Krai transportiert werden, führen nun zu Spekulationen, dass die Fahrzeuge an die ukrainische Front verlegt werden sollen. Das Besondere daran: Die Panzer sind alt – um genau zu sein, sie stammen aus den 1940er Jahren. Die Open-Source-Forschungsgruppe „Conflict Intelligence Team“ berichtete laut dem „Institute for the Study of War“ zuerst über die Verlegung der alten Modelle aus den Langzeitlagern.

Reaktiviert Wladimir Putin Panzer aus den 1940er-Jahren?

Ende der 1940er Jahre wurde die T-54/55-Modelle erstmals eingesetzt. Damals galt das Fahrzeug als technologisch wegweisend, sein geringes Gewicht sowie seine Ausstattung und Panzerung waren denen westlicher Vergleichsmodelle überlegen.

Im Jahr 2023 allerdings sieht das natürlich grundlegend anders aus. Laut einem „Forbes“-Bericht galten die T-54/55 bereits in seit Mitte der 1970er Jahre als veraltet und insbesondere für den Kampf Panzer gegen Panzer ungeeignet. Dass Russland womöglich plant, genau diese Panzer in der Ukraine einzusetzen, sorgt nicht nur für Verwunderung, sondern auch international für Spott. Was Putin mit den Militärfahrzeugen vorhat, ist unbekannt.

T-54/55-Panzer verlegt: Was plant Wladimir Putin mit den Uralt-Modellen?

Laut dem „Institute for the Study of War“ (ISW) schränken die Verluste an russischen Panzern derzeit die Möglichkeiten des russischen Militärs ein, einen effektiven Manöverkrieg zu führen. Das russische Militär könnte deswegen auf die damals massenhaft produzierten T-54 und T-55 zurückgreifen, um diesen Mangel zu beheben.

Eine Aufnahme aus Berlin im Jahr 1961: An der Berliner Sektorengrenze in der Friedrichstraße stehen sich sowjetische und amerikanische Panzer gegenüber. Bei den Sowjetpanzern handelt es sich um T-54 – das Modell, von dem Putin Fahrzeuge nun verlegt hat.

Eine Aufnahme aus Berlin im Jahr 1961: An der Berliner Sektorengrenze in der Friedrichstraße stehen sich sowjetische und amerikanische Panzer gegenüber. Bei den Sowjetpanzern (hinten) handelt es sich um T-54 – das Modell, von dem Putin Fahrzeuge nun verlegt hat. (Archivbild)

Eine Option wäre es, die Panzer modernisieren zu lassen und dann einzusetzen. Das allerdings nimmt Zeit in Anspruch, hinzu kommt, dass sich die in der UdSSR gebauten Panzer aufgrund ihres Alters und der veralteten Grundpanzerung nur begrenzt für Nachrüstungen eignen. „Größere russische Investitionen in die Aufrüstung bleiben unwahrscheinlich“, urteilt das „Military Watch Magazine“ in seinem Bericht.

Mangel an schwerem Gerät: Einsatz von alten Panzern würde Risiko bergen

Ein anderes Szenario wäre, dass die Panzer zerlegt werden und als Ersatzteillager dienen sollen. Da sie aber mit neuen Modellen nur sehr eingeschränkt kompatibel sind, wird das von Fachleuten als nicht besonders wahrscheinlich erachtet. Was also hat der russische Präsident mit den Sowjetpanzern vor?

Russland könnte es laut Experten aktuell an schwerem Gerät mangeln. Beobachter schätzen die Zahl der verlorenen Panzer seit Beginn der Invasion auf knapp 2000. Berichten zufolge könnten die Panzer mit Splittergeschossen ausgestattet werden und dann einen Beitrag zur Unterstützung der Infanterie leisten – etwa zur Absicherung hinter den Linien.

Sinn könnte der Einsatz auch deswegen ergeben, weil es im Kriegsverlauf bisher nur wenige direkte Duelle zwischen Panzern gab, berichtet der „Spiegel“. Dem Bericht zufolge könnte sich dies allerdings ändern, wenn die ukrainischen Streitkräfte möglicherweise ihre Frühjahrsoffensive beginnen. Sollten die Panzer tatsächlich zum Einsatz kommen, birgt dies in jedem Fall ein Risiko für das russische Militär. Aufgrund der schlechten Panzerung drohen hohe Verluste – nicht nur von Militärfahrzeugen, sondern auch von der Panzerbesatzung.

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