Shaman mit Armbinde und Hitler-ZitatBei Putins Propaganda-Sänger wird „Atomkrieg zur Popkultur“

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Shaman (M.) zusammen mit anderen russischen „Z-Pop“-Stars am Samstagabend auf der Bühne in St. Petersburg. Die Künstler liefern, was der Kreml hören will.

Shaman (M.) zusammen mit anderen russischen „Z-Pop“-Stars am Samstagabend auf der Bühne in St. Petersburg. Die Künstler liefern, was der Kreml hören will.

Der Barde von Putins Gnaden und „Z-Pop“-Star Shaman simuliert bei einem Propaganda-Konzert den Abschuss einer Atombombe.

Das Konzert des russischen Musikers Shaman am vergangenen Samstag in St. Petersburg hat für Irritationen gesorgt. Der Künstler, der für Nazi-Anspielungen und optischen Anleihen an die NS-Zeit bekannt ist, drückte bei der Bühnenshow zu dem Lied „Ich bin Russe“ den „roten Knopf“ eines „Atomkoffers“ – woraufhin ein großes Feuerwerk rund um die Bühne ausgelöst wurde.

Die Szene bei dem Konzert war somit eine Anspielung auf die seit Kriegsbeginn immer wieder geäußerten Drohungen mit Atomschlägen aus Russland. Laut Angaben der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria fand das Konzert von Shaman, der den bürgerlichen Namen Jaroslaw Dronow trägt, am Samstag „zu Ehren des nationalen Einheitstages“ in Russland statt. 

Propaganda-Konzert in Russland: Putins Shamane packt den Tscheget aus

Der schwarze Lederkoffer, der Shaman auf der Bühne gereicht wurde, erinnerte an den in Russland als „Tscheget“ bekannten Koffer, der bei Reisen des russischen Präsidenten Wladimir Putin stets von einem Militäroffizier mitgeführt wird. Enthalten ist alles Notwendige, um auch außerhalb des Kremls einen Atomschlag anordnen zu können.

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Auch bei anderen Atommächten wie den USA sind derartige Koffer bekannt – in Washington nennt man das im Vergleich zum russischen Modell eher rundlich geformte Gepäckstück umgangssprachlich den „Nuclear Football“. Zuletzt war der „Tscheget“ bei Putins Reise nach China zu sehen – auch das hatte bereits für Aufmerksamkeit gesorgt, da sonst ein diskreter Umgang mit dem Koffer üblich ist.

Beim Kreml beliebt: Shaman seit Kriegsbeginn immer populärer in Russland

Der Musiker Shaman ist in Russland seit Kriegsbeginn immer populärer geworden – und bedient sich martialischer und nationalistischer Symbolik. Der 31-Jährige gehört zu den Vertretern des „Z-Pop“, die seit Kriegsbeginn vermehrt Propaganda-Songs veröffentlichen.

„Es gibt eine staatliche Förderung für diese Musik“, sagt die Historikerin Alexa von Winning dem „RND“ zu der „patriotischen Popkultur“, die sich in Russland immer mehr herausbildet und als Teil des russischen Faschismus betrachtet werden muss. So veröffentlichte Shaman zuletzt auch einen Song, dessen Titel sich im Deutschen mit „Mein Kampf“ übersetzen lässt – und nahm damit direkten Bezug auf Adolf Hitler.

IMAGO / Russian Look

14.10.2023. Singer Shaman (Yaroslav Dronov) during a concert at the State Kremlin Palace. BulkinxSergey

Ledermantel, Armbinde: Der russische Sänger Shaman.

Der Künstler, der nun also auch „zu Ehren des Nationalen Einheitstages“ auftreten durfte – und dabei im russischen Staatsfernsehen übertragen wurde, scheint dabei zu den Favoriten des Kreml zu gehören. „Shaman passt genau in Putins Bild von Russland. Er ist weiß, trägt sein großes Holzkreuz gut sichtbar, singt über seinen russisch-orthodoxen Glauben“, erklärte der Ethnomusikologe David-Emil Wickström dem RND.

Putins Propagandasänger Shaman: Auftritte in schwarzem Ledermantel mit Armbinde

Auch vor Auftritten in schwarzem Ledermantel mit Armbinde in russischen Fahnen, einer Anspielung an das Auftreten der SS-Truppen, schreckt Shaman nicht zurück. Mit dem Song „Wstanem“ („Wir stehen auf“) lieferte der 31-Jährige zudem bereits früh die „Kriegshymne“ in Russland. Andere Künstlerinnen und Künstler wie Larissa Dolina, Nikolaj Baskow, Nadeshda Babkina und Alexander Skljar reihten sich ein.

„NS-Ästhetik und ‚Z-Faschismus‘ in Russland durch den Sänger Shaman“, kommentierte der Historiker Matthäus Wehowski die Atombomben-Anspielung beim Konzert in St. Petersburg im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) und erinnerte an die Veröffentlichung des Songs „Мой бой“ („Mein Kampf“) durch Shaman im Sommer. Der Auftritt nun sei „Atomkrieg als Popkultur“ und ein Beleg für eine „Massenpsychose“ und einen „Gewaltkult“ in Russland, fügte Wehowski an.

„Shaman passt genau in Putins Bild von Russland"

Bereits bei der russischen Veranstaltung „Ein Land, eine Familie, ein Russland!“, die am 30. September abgehalten wurde, um die „Wiedervereinigung“ mit völkerrechtswidrig besetzten ukrainischen Gebieten zu feiern, gehörte Shaman laut Ria zur Propaganda-Show des Kremls – und spielte im Beisein Putins die Nationalhymne.

Mehrere Russland- und Politik-Experten hatten zuletzt vor faschistischen Entwicklungen in Russland gewarnt, regierungstreue Kriegspropaganda in die Popkultur einzuweben, gilt dabei als eines der Merkmale faschistischer Systeme.

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