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Kommentar

Ukraine-Gipfel
Trump wie einem König gehuldigt – aber von Merz gibt es Widerworte

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3 min
18.08.2025, USA, Washington Dc: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt an  einem Treffen mit US-Präsident Trump, dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus teil. Foto: Aaron Schwartz/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt an einem Treffen mit US-Präsident Trump, dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus teil.

Wolodymyr Selenskyj und die europäische Koalition der Willigen huldigen dem US-Präsidenten wie einem König. Dafür bekommen sie mehr, als sie erwartet haben. Der russische Angriffskrieg ist damit aber noch nicht zu Ende.

Es gibt gute und schlechte Nachrichten nach den Gesprächen von US-Präsident Donald Trump mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und europäischen Verbündeten. Zuerst die Guten.

Durch das Treffen im Weißen Haus, inklusive eines Telefonats von Trump mit Kremlchef Wladimir Putin, gibt es nach dreieinhalb Jahren russischem Angriffskrieg gegen die Ukraine erstmals eine realistische Chance auf Verhandlungen über ein Friedensabkommen. Putin will dafür angeblich Selenskyj als Gesprächspartner akzeptieren.

Trump wie einem König gehuldigt

Es ist nicht übertrieben, den sorgsam konzertierten Auftritt von Selenskyj und den sieben Europäern, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, als Meisterleistung zu bezeichnen. Das muss man als Staats- und Regierungschefs, EU-Kommissionspräsidentin und Nato-Generalsekretär erst einmal hinbekommen, Trump wie einem König zu huldigen, auf dass er gnädig sein möge. Man könnte es auch unterwürfig und anbiedernd nennen, wie sie den angehenden Autokraten als einen ganz Großen gefeiert haben, obwohl er dem Kriegstreiber in Alaska den roten Teppich ausgerollt hat.

dpatopbilder - 19.08.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump (M) nimmt an einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte (l-r), dem britischen Premierminister Keir Starmer, Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der finnische Präsident Alexander Stubb, Italiens Premierministerin Giorgia Meloni, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, im Weißen Hauses teil. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

dpatopbilder - 19.08.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump (M) nimmt an einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte (l-r), dem britischen Premierminister Keir Starmer, Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der finnische Präsident Alexander Stubb, Italiens Premierministerin Giorgia Meloni, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, im Weißen Hauses teil. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Aber hier heiligt der Zweck die Mittel. Wenn das der Schlüssel dafür ist, dass Trump wirklich, wie Selenskyj und die europäische Koalition der Willigen nicht müde wurden zu betonen, der Ukraine Sicherheitsgarantien geben will, muss man damit diese Tür öffnen. Nebenbei bemerkt, könnte das nicht nur die Ukraine vor dem Untergang bewahren, sondern auch Europa schützen.

Widerworte von Merz und Macron

Verbogen hat sich Selenskyj nicht, er hat aus dem Eklat im Oval Office im Februar nur gelernt. Da hatte er Trump vor laufenden Kameras über die russischen Gräuel in der Ukraine belehrt. Diesmal hat er ihm für Unterstützung gedankt.

Das Good-Cop-Bad-Cop-Spiel hat auch funktioniert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der finnische Präsident Alexander Stubb, Großbritanniens Premier Keir Starmer und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni lullten Trump mit Lob ein, Merz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron übernahmen den Part der Widerworte. Sie pochten noch einmal auf Waffenstillstand vor Verhandlungen.

Trump will von Waffenruhe nichts mehr wissen

Trump, der diese Position den Europäern vor seinem Treffen mit Putin zugesichert und danach wieder einkassiert hat, hält eine Waffenruhe nicht für eine zwingende Voraussetzung. Ihm missfielen sichtlich die Bemerkungen von Merz und Macron, aber er blieb bei der Stange.

Nun die schlechte Nachricht. Neben dem Umgang mit den völkerrechtswidrigen russischen Gebietseroberungen ist das entscheidende Kriterium für ein Friedensabkommen eben die Sicherheitsgarantie für die Ukraine nach einem Kriegsende.

Trump ist – wie Putin – gegen eine Aufnahme der Ukraine in die Nato. Sie könnte jedoch einen dem Artikel 5 des Nato-Vertrags (Beistandspflicht) ähnlichen Schutz bekommen. Das große Aber: Die Auslegung von Sicherheitsgarantien ist sehr dehnbar, sie müssen nicht unbedingt militärische Präsenz in der Ukraine bedeuten. Unter Beistand verstehen manche Länder auch Hilfe von außen oder Waffenlieferungen.

Wadephul-Äußerung empörend

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sagt bereits, Bundeswehrtruppen in der Ukraine würden Deutschland überfordern. Das ist nicht nur irritierend, sondern empörend. Es kann nicht sein, dass die Europäer wieder darauf setzen, dass die Amerikaner ihre Arbeit machen.

Das Bedenklichste an Sicherheitsgarantien ist aber dies: Russland, die USA und Großbritannien gaben der Ukraine schon einmal umfassende Sicherheitsgarantien – im Budapester Memorandum 1994 als Gegenleistung für ihren Atomwaffenverzicht. Ihr wurde zugesichert, dass ihre Souveränität und ihre Grenzen geachtet würden. Das schützte sie aber weder vor der russischen Annexion der Krim 2014 noch 2022 vor dem russischen Einmarsch.

Und auch jetzt ist nicht sicher, wie Putin sich weiter verhalten wird – und ebenso wenig, wie der US-Präsident morgen auf Zusagen blickt, die er heute gegeben hat. Das Treffen mit dem wankelmütigen Trump hat die Erwartungen der Europäer übertroffen. Aber es macht noch keinen Frieden.