Ukrainische Geflüchtete in NRWLand will mehr Plätze schaffen

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Familienministerin Josefine Paul im Interview in der Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“

Düsseldorf – Das Land Nordrhein-Westfalen will weitere Plätze für Geflüchtete aus der Ukraine bereitstellen, um die Kommunen bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Das kündigte Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (Grüne), in Düsseldorf an. Mit Stand vom 28. August 2022 zählt das Ausländerzentralregister 206.785 Geflüchtete aus der Ukraine in NRW; damit ist die Zahl im Vergleich zur Vorwoche leicht gestiegen (202.758).

Das Bundesland erlebe keine Überlastung durch den Zuzug von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg in Richtung Deutschland fliehen, sagte Paul – eher nehme NRW Flüchtlinge aus anderen Bundesländern auf. Dennoch seien einzelne Kommunen überlastet. Laut dem Quotensystem des sogenannten Königsteiner Schlüssels nimmt NRW 21 Prozent der nach Deutschland Geflüchteten auf.

Derzeit zehn Unterkünfte des Landes NRW

Nach Angaben des Familienministeriums hält das Land derzeit zehn (Not-)Unterkünfte für die Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine mit einer belegbaren Kapazität von rund 3.400 Plätzen vor. Zum Stichtag 1. September 2022 waren rund 3.300 Geflüchtete aus der Ukraine in Landeseinrichtungen untergebracht. Vom 1. Oktober 2022 an wird eine Gesamtkapazität der Notunterkünfte von 4.500 Plätzen vorgehalten, die nach Planung des Landes bis zum 31. März 2023 beibehalten werden soll.

Bei Freunden untergekommen

Der Bund hatte am 14. März, also noch nicht einmal einen Monat nach Kriegsbeginn, mitgeteilt, man werde all jene Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel an die Länder weiterleiten, die in Erstaufnahmeeinrichtungen Zuflucht suchten, also nicht privat unterkämen. Ukrainer können mit ihren Papieren auch nach Deutschland einreisen, ohne einen entsprechenden Antrag stellen zu müssen. Vor allem Personen, die bei Freunden oder Verwandten unterkommen und keine staatlichen Hilfen beantragen oder in Anspruch nehmen, kommen zunächst in offiziellen Statistiken nicht vor. Dennoch sagen viele Länder und Kommunen "Stopp"!

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte: „Wir haben bereits jetzt mehr Geflüchtete als in der Flüchtlingskrise 2015.“ Womöglich müssten Sporthallen erneut als Notunterkünfte genutzt werden. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) schrieb an Faeser, es gebe Schwierigkeiten bei Verteilung und Integration der Flüchtlinge.

Herrmann: "Alles muss auf den Prüfstand"

Der bayerische Innenminister und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Joachim Herrmann (CSU), schließt sich den Klagen an. „In Bayern sind die Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber zunehmend ausgelastet, dennoch ist Bayern aktuell noch aufnahmefähig“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Allerdings sind in den Unterkünften derzeit noch sehr viele Ukrainer, die in den ersten Monaten nach Kriegsausbruch nach Deutschland geflohen sind.“ Und neben den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine trügen die seit einiger Zeit wieder deutlich steigenden Zugänge an Asylbewerbern und „die von der neuen Bundesregierung massiv forcierten Aufnahmeprogramme zu Kapazitätsengpässen bei“. Herrmann betonte: „Daher sollte dringend alles auf den Prüfstand, was ein Mehr an Migration nach Deutschland befördert.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte dem RND, die Gesamtzahl der Menschen, die seit Kriegsbeginn aus der Ukraine zu uns geflohen sei, sei mit über 980 000 sehr hoch. Man wisse, dass mehrere Bundesländer Besorgnis geäußert hätten, bald an ihre Kapazitätsgrenzen zu stoßen – auch weil ein Anstieg der Flüchtlingszahlen auf der Balkanroute zu beobachten sei. Vor diesem Hintergrund hätten „derzeit zwölf Bundesländer eine Sperre im Erstverteilungssystem aktiviert“, bei 16 Bundesländern insgesamt. Solch temporäre Sperren seien jedoch „nicht ungewöhnlich“, fügte die Sprecherin hinzu. „Zudem ist eine Verteilung nach wie vor möglich, da große Länder auch aktuell weiter aufnehmen.“ Schließlich helfe der Bund mit 318 Liegenschaften.

Laut Ausländerzentralregister sind knapp 73.000 ukrainische Geflüchtete in Nordrhein-Westfalen unter 18 Jahre alt, das entspricht einer konstanten Quote zwischen 30 und 40 Prozent. Rund 15.000 Personen sind über 64 Jahre alt (konstant deutlich unter zehn Prozent). Die größte demographische Gruppe sind Frauen zwischen 18 und 63 Jahren (konstant über 40 Prozent). (mit RND)

KStA abonnieren