Köln – Die Türkisch-Islamische Union Ditib hat die Bewerbung ihres ehemaligen Generalsekretärs Bekir Alboga um die Kandidatur für das türkische Parlament in der Wahl am 24. Juni bestätigt. Es handele sich um eine „persönliche Entscheidung“ ohne Bezug zum Verband, sagte eine Ditib-Vorstandssprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Ditib sei eine überparteiliche Organisation, damit politisch neutral, und verstehe sich laut Satzung als religiöser und sozialer Dienstleister in und für Deutschland. „Die Mitglieder und das Personal sind selbstverständlich nach dem Demokratieverständnis frei in der politischen Meinungsbildung.“ Alboga ließ auf Anfrage mitteilen: „Für die Zeit der politischen Tätigkeit lege ich meine Ämtern bei der Ditib nieder.“ Im Dezember hatte er die Wiederwahl in den Ditib-Vorstand verfehlt. Seither ist er in der Kölner Zentrale für „soziale Dienste zuständig“. Die Bewerbungsfrist für die Listen, aus denen die AKP-Kandidaten ausgewählt werden, war am 1. Mai abgelaufen.
Die nordrheinwestfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler (CDU), nannte den Vorgang sprach von einem „Versorgungsposten“ für Alboga. „Die Kandidatur für Erdogans AKP wirft ein sehr fragwürdiges Licht auf Albogas ständige Beteuerungen, die Ditib sei nichts anderes als ein deutscher Verein und der Integration der türkischstämmigen Mitbürger in die deutsche Gesellschaft verpflichtet“, sagte Güler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Angesichts der von der AKP betriebenen Spaltungstendenzen seien Albogas Ambitionen nicht als Brückenschlag zu verstehen, sondern als ein Beitrag zum Bemühen Ankaras, die türkischen Staatsbürger in Deutschland dauerhaft an das Herkunftsland zu binden.
Beck: Für Alboga gilt „Erdogan first“
Der Grünen-Politiker Volker Beck, ein erklärter Kritiker der Ditib, sagte, nun zeige sich, dass das Bekenntnis des Verbands zu Deutschland und zur Demokratie für Alboga in Wahrheit „taktische Manövriermasse“ sei. „Lange Jahre das freundliche Gesicht der Ditib und immer Deutschland zugewandt, gilt für Herrn Alboga am Ende »Erdogan first«.“
Nach Ansicht von Insidern passt Albogas überraschender Schritt zu Gerüchten, denen zufolge Erdogan nach der Wahl in Deutschland aufräumen und die Moschee-Gemeinden der Ditib in die Zuständigkeit des Islamrats und der ihm nahestehenden Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs geben will. Alboga als wichtige Figur der islamischen Szene in Deutschland würde für seine Arbeit mit einem Parlamentssitz belohnt.
Alboga, 1963 in der Türkei geboren, kam 1980 nach Deutschland, wo er Islamwissenschaften studierte. Er war mehrfach Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime. 2013 erwarb er neben der türkischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit.