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Kommentar

Wehrpflicht für Frauen
Die Vorstellung vom schwachen Geschlecht ist veraltet

Ein Kommentar von
3 min
Seedorf: Soldaten der Bundeswehr stehen auf dem Appellplatz.

Das neue Wehrdienst-Modell startet am 1. Januar 2026. Alle jungen Menschen erhalten dann mit 18 Jahren einen Brief mit einem QR-Code, der zu einem Online-Fragebogen führt.

Bundeskanzler Friedrich Merz will im Falle einer Wiedereinführung der Wehrpflicht auch Frauen einziehen.

Eines vorweg: Wer als Mann die Wehrpflicht auch für Frauen fordert, setzt sich einer doppelten Unterstellung aus: Er rede bevorzugt über etwas, was ihn nicht betrifft. Oder er könne es – von Neid und Missgunst getrieben – nicht ertragen, dass Frauen an einer Stelle im gesellschaftlichen Gefüge besser gestellt sein sollten. Für beide, miteinander zusammenhängenden Motivverdächtigungen gilt: Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Seit Einführung der Wehrpflicht im Jahr 1955 unterliegen Männer – und nur sie – der allgemeinen Wehrpflicht.

Ein Blick ins Grundgesetz vermittelt eine Ahnung, was vor mittlerweile 70 Jahren den Gesetzgeber (das Maskulinum ausdrücklich nicht generisch gemeint!) veranlasst hat, Frauen von der Wehrpflicht auszunehmen. Für Dienste im „zivilen Sanitäts- und Heilwesen“ könnten Frauen im Verteidigungsfall herangezogen würden, sie dürften aber „auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden“.

Artikel 12a der Verfassung spiegelt ein tradiertes Verständnis der Geschlechterrollen. Das Geschäft des Soldaten ist der Frau als Lebensspenderin nicht zuzumuten. Gebären und Töten, das geht nicht zusammen. Und das zartbesaitete weibliche Wesen im MG-Nest, im Bomber-Cockpit oder im Kampfpanzer – für den harten Mann und edlen Beschützer des schwachen Geschlechts nicht auszudenken!

Das zartbesaitete weibliche Wesen im MG-Nest?

Die absichtlich süffisante Formulierung soll nicht den Eindruck erwecken, dass die Väter- und Großvätergeneration der Frauen heute es damals nicht gut mit ihnen gemeint hat. Aber gut gemeint – kann auch das Gegenteil von gut sein. Für Aufgaben im Kriegsfall Reservate nach Geschlecht zu etablieren, ist jedenfalls nicht im Sinne einer Gleichstellung, sondern schreibt – womöglich unbewusst – veraltete Stereotype fort, die doch im Interesse der oft negativ davon betroffenen Frauen überwunden werden sollten.

Deshalb ist es richtig, dass nicht nur alle Rechte, sondern auch alle Pflichten, die auf Männer zukommen, genau so für Frauen gelten. In Deutschland ist der Rückhalt dafür sehr ansehnlich. Von den 64 Prozent der Bundesbürger, die sich grundsätzlich für eine Wehrpflicht aussprechen, plädieren mehr als zwei Drittel (44 Prozent) für die Ausdehnung auf Frauen: Wenn schon, denn schon.

Auch deshalb ist es nicht einzusehen, dass selbst die Pläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius für eine Wehrpflicht light noch Unterschiede nach Geschlecht machen: Während alle Männer mit 18 einen Fragebogen zu ihrer Wehrdienst-Bereitschaft ausfüllen müssen, ist das für Frauen fakultativ. Und zur Musterung, die ab 2027 für junge Männer gilt, brauchen Frauen erst gar nicht anzutreten.

Diese Eierei ist nun wirklich nicht mehr zu vermitteln und – siehe oben – eigentlich auch niemandem zuzumuten. Den Männern ebenso wenig wie den Frauen.