Heiß wie die Liebe und schwarz wie die Nacht soll er einem Sprichwort zufolge getrunken werden. Aber muss das wirklich so sein? Nein! Kaffee schmeckt auch kalt und sogar kalt gebrüht.
Einfach mal selber machenMit Coolnessfaktor: Cold brew ist mehr als kalter Kaffee

Cold Brew Kaffee mit Eiswürfeln: Da bei der Mazeration keine Bitterstoffe gelöst werden, schmeckt er mild und weich.
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Cold brew ist gerade im Sommer eine erfrischende Getränkewahl. Der kalt aufgesetzte Kaffee schmeckt leicht und kann mit Milch, Säften, Eis, Früchten und anderen Zugaben aufgepeppt werden.
Wie funktioniert die Zubereitung?
„Kaffee im Cold-brew-Verfahren herzustellen, ist im Prinzip sehr unkompliziert“, sagt Thomas Kraft, Gründer und Ausbildungsleiter der Deutschen Baristaschule in Fürstenfeldbruck bei München. Man gibt kaltes Wasser in eine Kanne und fügt frisch gemahlenen Kaffee hinzu. Die Mischung bleibt über mehrere Stunden abgedeckt bei Zimmertemperatur stehen und wird dann gefiltert.
„Diese Art der Zubereitung nennt man Mazeration oder Kaltauszugsverfahren“, sagt Kraft. Die fehlende Temperatur beim Aufbrühen wird dabei durch die „sehr lange Kontaktzeit von Wasser und Kaffee ausgeglichen“.
Wie schmeckt Cold brew?
Da bei der Mazeration keine Bitterstoffe aus dem Kaffee gelöst werden, schmeckt der Cold brew mild und weich. Abhängig von der verwendeten Kaffeesorte reiche das Aroma „von fruchtig-beerig bis schokoladig-nussig“, sagt Kaffee-Experte Kraft.
Hannes Fendrich-Sander, Head of Coffee der vom Fachmagazin „crema“ zum Röster des Jahres 2024 ausgezeichneten Berliner Kaffeerösterei Coffee Circle, beschreibt den Cold brew als „fruchtig mild“ und „ein wenig teeartig wie ein Eistee“. Wegen der fehlenden Bitterstoffe habe er auch mehr Süße. Das macht unter anderem den feinen Unterschied aus zwischen Eiskaffee, der mit Cold brew zubereitet wird und der klassischen Variante mit abgekühltem, aber heiß aufgebrühtem Kaffee.
Wie lange muss Cold brew ziehen?
In der Regel liege die Extraktionszeit zwischen 12 und 24 Stunden, jedoch könnten Kaffees auch schon nach 6 bis 8 Stunden lecker sein, sagt Thomas Kraft. Generell gelte: je länger der Kaffee mazeriert, desto mehr Stoffe werden gelöst und umso kräftiger und intensiver wird der Geschmack.
Nach der Fertigstellung kann der Cold brew einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden. Er sollte dann – wegen der fehlenden Temperatur beim Brühen – aber zeitnah konsumiert werden, rät Hannes Fendrich-Sander.
Mahlgrad, Wasserhärte, Mengen: Was ist zu beachten?
Neben einem groben bis sehr groben Mahlgrad des Kaffees ist weiches – also filtriertes – Wasser wichtig. Zu hartes Leitungswasser, wie es in Deutschland häufig vorkommt, wirkt sich negativ auf den Geschmack des Kaffees aus. Ein weiterer Punkt sei die Qualität des Kaffees, der möglichst frisch aus einer Rösterei kommen sollte, sagt Thomas Kraft.
Wenn dann noch das Mengenverhältnis von Wasser und Kaffee stimmt, steht einem leckeren Cold brew nach Ansicht des Baristas nichts mehr im Weg. Zum Start empfiehlt Kraft, etwa 7 Gramm Kaffee pro 100 ml Wasser zu verwenden. Später kann je nach Geschmack mit Kaffeemenge und Extraktionszeit experimentiert werden.
Benötigt man spezielle Filter oder Geräte?
Wer die Zubereitung eines Cold brews einmal ausprobieren möchte, kommt mit Bordmitteln gut klar. „Man braucht im Prinzip nur ein sauberes Gefäß, eine Kanne oder einen Topf, und einen Filter“, sagt Kraft. Er empfiehlt, den Kaffeeansatz nach der Extraktionszeit zunächst durch ein Küchensieb oder gröberes Teesieb zu gießen und dann durch einen Papierfilter laufen zu lassen, um auch die feinsten Partikel noch zu entfernen.
Noch einfacher und schneller geht es mit einer French Press, zu der Hannes Fendrich-Sander für den Anfang rät. Zwar gebe es im Vergleich zum Abfiltern einen minimalen Aromaverlust, aber die Zubereitung sei unkomplizierter, weil sich beim Filtern im Filter sehr viel Kaffeesatz sammle.
Für Cold-brew-Profis lohnt sich dann möglicherweise eine spezielles Cold-brew-Set, das aus einer Kanne mit Deckel und einem Spezialfilter besteht.
Welche Kaffeesorten sind geeignet?
Thomas Kraft empfiehlt für Cold brew reine Arabica-Sorten und eine nicht zu dunkle Röstung. Vor allem für einen fruchtigen Cold brew seien hellere Röstungen ideal, da diese Kaffees am meisten Säuren beinhalten. Kaffees, die etwas dunkler geröstet wurden, bringen hingegen mehr Körper und weniger Säure in die Tasse.
Auch Hannes Fendrich-Sander setzt beim Cold brew auf Arabica, beispielsweise aus Äthiopien. Robusta-Kaffees, die von Haus aus mehr Koffein enthalten, seien auch deshalb nicht die erste Wahl, weil der Cold brew aufgrund der langen Brühzeit auch einen höheren Koffeingehalt haben könne. Außerdem seinen Arabica-Sorten geschmacklich komplexer.
Wie trinkt man den Cold brew?
Cold brew schmeckt pur, mit Eiswürfeln oder – wie jeder andere Kaffee – mit einem Schuss Milch nach Wahl. Gesüßt wird nach Geschmack. Mit Orangensaft, Eis oder Tonic Water wird ein erfrischender, alkoholfreier Durstlöscher daraus. Für einen „Cold brew Tonic“ empfiehlt Thomas Kraft ein Verhältnis von einem Teil Cold brew auf zwei Teile Tonic Water, aber auch ein Verhältnis von 1:1 oder 1:3 sei je nach Geschmack möglich.
Wer es experimenteller mag und entsprechend ausgestattet ist, füllt den Cold brew in eine Nitro-Flasche mit Stickstoff-Kartusche. Der mit Stickstoff angereicherte „Nitro-Kaffee“ trägt, ins Glas oder die Tasse gespritzt, eine luftige Schaumkrone und überzeugt durch ein „sehr cremiges Mundgefühl“. „Optisch und vom Trinkgefühl her erinnert Nitro Coffee an das berühmte irische Guinness-Bier“, beschreibt Thomas Kraft.
Für den puren Genuss rät Hannes Fendrich-Sander zu einem Cold brew aus einem leichten Kaffee aus Äthiopien oder Kenia. Wird eine nussig-schokoladige Sorte zum Beispiel aus Brasilien aufgebrüht, passe dazu gut etwas Milch.
Aber auch in der Cocktailbar ist der Kaltgebrühte angesagt. Für eine alkoholfreie Coffee Sangria lassen die Coffee-Circle-Experten in einem Liter Cold brew, der mit 200 Gramm Kaffee hergestellt wurde, frische Erdbeeren, Saftorangenfilets und halbierte rote Weintrauben vier bis sechs Stunden im Kühlschrank ziehen. Anschließend werden die Früchte wieder entfernt und die Sangria wird mit Zuckersirup nach Geschmack gesüßt: Auf Eis und mit frischen Früchten garniert ein belebender Sommerdrink - den wohl niemand als „kalten Kaffee“ bezeichnen wird. (dpa)