Weil sich Eltern zofften, kamen Kinder in eine Wochengruppe. Die zweite Instanz gab den Eltern das Sorgerecht zurück. Warum das Gericht ein deutliches Zeichen gegen einen Sorgerechts-Fehlgriff setzte.
Bestrafung für Fehlverhalten?Sorgerechtsentzug: Nur zum Kindeswohl, nicht gegen Eltern

Gericht betont Grundsatz: Fehlverhalten der Eltern darf kein Maßstab für Sorgerechtsentzug sein.
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Wird der Mutter, dem Vater oder beiden das Betreuungsrecht ihrer Kinder entzogen und sie vom Jugendamt in einer Wochengruppe untergebracht, muss das zu ihrem Wohl geschehen. Kein Grund dagegen dürfen Kindesschutzmaßnahmen als Bestrafung der Eltern für etwaiges Fehlverhalten sein. Auf diese Klarstellung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az: 1 UF 186/24) verweist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Anlass für Rüge war Entscheidung aus der Vorinstanz
Im konkreten Fall ging es um drei Kinder (12, 10 und 7), die seit der Trennung der Eltern bei der Mutter lebten. Das Verhältnis der Eltern war allerdings von massiven Konflikten geprägt. Im Verlaufe des andauernden Streits forderte der Vater das alleinige Sorgerecht.
Im eingeleiteten Verfahren brachte eine gerichtliche Sachverständige die Möglichkeit einer vorübergehenden Fremdunterbringung der Kinder ins Spiel. Einen Termin zum Kennenlernen einer Jugendhilfeeinrichtung, in der die Kinder in eine Wochengruppe umziehen könnten, lehnte die Mutter ebenso ab wie den Umzug dorthin. Daraufhin beantragte der Vater, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.
Amtsgericht entzog Sorgerecht, OLG gab es Eltern zurück
Das Amtsgericht entzog schließlich beiden Eltern das Sorgerecht in mehreren Teilbereichen. Die Kinder wurden in einer Wochengruppe untergebracht und verbrachten die Wochenenden im Wechsel bei ihren Eltern. Dagegen legten beide Eltern Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht entschied, das Sorgerecht wieder den Eltern zur gemeinsamen Ausübung zuzuweisen. Der Entzug sei unverhältnismäßig gewesen, so das Gericht. Er sei nicht das einzig gebotene und verhältnismäßige Mittel gewesen, um die Gesamtsituation der Geschwister zu verbessern.
Herausnahme aus dem Zuhause bedeutete Entwurzelung
Zwar müsse man die Beeinträchtigung der Kinder durch den massiven Streit ihrer Eltern berücksichtigen. Es gebe aber andererseits für die Kinder bei einer Herausnahme aus ihrem Zuhause schwerwiegende Entwicklungsrisiken. Der Umzug in die Wochengruppe habe für sie eine komplette Entwurzelung bedeutet, unter anderem von ihrem Zuhause, ihrer Mutter und den bisherigen Schulen.
Wenn das Verhalten der Mutter auch eine wichtige Rolle im Streit zwischen den Eltern gespielt habe, müssten Maßnahmen zum Schutz des Kinds sich allein am Kindeswohl orientieren. Es gehe dabei nicht darum, persönliche Schwächen der Eltern auszugleichen oder angebliches Fehlverhalten zu bestrafen. Solche Dinge dürften kein Maßstab für Entscheidungen zum Sorgerecht sein. (dpa)