Sehen aus wie Naschereien, sind aber keine: Melatonin-Gummis sollen Kindern dabei helfen, besser in den Schlaf zu finden. Das kann aber nach hinten losgehen. Warum Experten von den Mitteln abraten.
EinschlafhilfeStiftung Warentest warnt vor Melatonin-Gummis für Kinder

Schlafgummis mit Melatonin können Nebenwirkungen haben und enthalten teils größere Mengen von dem Hormon als angegeben.
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Frust, Erschöpfung, Hilflosigkeit: Wenn das Kind Abend für Abend nicht zur Ruhe kommen mag, sind Eltern bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen. Gut möglich, dass dann Melatonin-Gummis interessant werden.
Hinter Melatonin verbirgt sich ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Mittlerweile gibt es verschiedene Nahrungsergänzungsmittel, die es enthalten und eine bessere Nachtruhe versprechen.
Allerdings nicht ohne Risiken: Vier Melatonin-Mittel, die für Kinder gemacht sind, hat sich die Stiftung Warentest für ihre gleichnamige Zeitschrift genau angeschaut (Ausgabe 7/2025). Ein klassischer Test mit Noten für die einzelnen Produkte ist es aber nicht. Denn: „Das Fazit ist für alle Mittel gleich: Wir warnen vor diesen Präparaten“, schreiben die Testerinnen und Tester. Doch warum?
Problem 1: Melatonin kann Nebenwirkungen haben
Die Warentester verweisen darauf, dass gesunde Kinder in der Nacht ausreichend Melatonin bilden. Nehmen sie das Hormon zur Einschlafzeit zusätzlich ein, kann das auf die innere Uhr einwirken - und sie sogar „gehörig aus dem Takt bringen“, heißt es.
Verschiedene mögliche Nebenwirkungen von Melatonin sind bekannt: Dazu zählen Alpträume, Gangunsicherheit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen und ein erhöhter Blutzuckerspiegel. „Kinder können also am nächsten Morgen alles andere als ausgeschlafen sein“, warnen die Warentester.
Hinzu kommt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse über die Langzeitfolgen fehlen. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass Melatonin langfristig auf die hormonelle Entwicklung von Kindern einwirkt, etwa das Längenwachstum steigert.
Problem 2: Es kann mehr drinstecken als draufsteht
In einem Gummidrops sollen laut Angabe auf der Verpackung 0,5 Milligramm stecken. Die Untersuchung im Labor zeigt aber: In zwei der vier Melatonin-Mittel ist mehr von dem Hormon enthalten. In einem Fall liegt der gemessene Wert mehr als doppelt so hoch wie der deklarierte (1,15 Milligramm).
Alle vier Mittel enthalten zudem Vitamin B6. Nach einer Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sollen Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr als 0,9 Milligramm Vitamin B6 pro Tagesdosis enthalten. Zwei Melatonin-Präparate überschreiten diesen Wert. Wer auf Dauer hohe Mengen Vitamin B6 zu sich nimmt, riskiert Störungen des Nervensystems.
Problem 3: Die Präparate ähneln einer Nascherei
In ihrer Aufmachung erinnern die Präparate an Fruchtgummis. Das birgt Gefahren: Naschen Kinder (heimlich) davon, drohen Überdosierungen - zumal zwei von vier Behältern nicht einmal einen Sicherheitsverschluss haben.
Doch wie umgehen mit Schlafproblemen?
Braucht das Kind mehrmals pro Woche länger als 20 Minuten zum Einschlafen? Das gibt Anlass, professionelle Hilfe einzuholen, so die Stiftung Warentest. Eine Familienberatung, die Kinderarztpraxis oder ein sozialpädiatrisches Zentrum sind dann Anlaufstellen.
Manchmal können schon kleine Anpassungen einen Unterschied machen. Angelika Schlarb, Psychologin von der Universität Bielefeld, gibt in der Zeitschrift folgende Tipps:
- Rituale in den Abend einbauen, zum Beispiel Vorlesen.
- Nicht erst mit dem Kind über den zurückliegenden Tag sprechen, wenn es schon im Bett liegt. Das kann aufwühlen. Besser: beim Abendessen.
- Das Bett im Zimmer so ausrichten, dass das Kopfteil nicht zur Tür zeigt. „Nur so fühlen sich Menschen jeden Alters sicher“, so Schlarb.