VäterreportWarum viele Männer aktive Väter sein wollen, aber doch scheitern

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Ein Mann hat ein Baby in der Trage und spült ab.

Viele Väter können es sich vorstellen, einen gleichberechtigten Teil des Haushalts und der Kinderbetreuung zu übernehmen.

Köln – Ohne Frage, es gibt sie längst, die neuen modernen Väter, die eine aktive Rolle in der Familie übernehmen – und es werden auch immer mehr. Die gute Nachricht ist auch: Die Väter von heute sehnen sich nach noch mehr Zeit mit der Familie. Und doch scheitert die Gleichberechtigung immer noch jäh an der Realität. Das hat der neue Väterreport des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ergeben.

Anders als in vorangegangen Generationen, so heißt es in der Analyse, wollen heute immer mehr Väter die Familienaufgaben und die Verantwortung für das Familieneinkommen gemeinschaftlich teilen. Demnach wünschen sich 45 Prozent aller Eltern und 48 Prozent der Väter eine partnerschaftliche Aufgabenteilung von Familie und Beruf. 55 Prozent der Väter möchten etwa die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen. Dagegen sind nur vier Prozent für eine klassische Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit. Auch 48 Prozent der getrennt lebenden Väter geben an, dass sie sich gerne mehr um Erziehung und Betreuung ihrer Kinder kümmern möchten.

Gleichberechtigung glückt im Familienalltag wenig

Soweit das, was sich die Papas vorstellen und wünschen. Dass es in den Familien trotzdem meist noch anders läuft, das zeigen weitere Aussagen und Zahlen des Reports. Demnach geben nur 25 Prozent der Väter an, dass sie sich die Familienarbeit tatsächlich gleichberechtigt aufgeteilt haben. Bei den Müttern gab nur jede zehnte an, dass zuhause eine partnerschaftliche Aufteilung stattfindet. Nur insgesamt 17 Prozent der Eltern leben ein solches gleichberechtigtes Modell. Wunsch und Realität gehen also immer noch weit auseinander. Auch zum Bedauern der Väter, wie die Erhebung zeigt. Denn 45 Prozent von ihnen geben an, dass sie nicht genug Zeit für die Familie haben und sich mehr davon wünschen würden.

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Väter arbeiten oft Vollzeit, Mütter meist Teilzeit

Schaut man sich die Verteilung der Erwerbslast in den Familien an, wird schnell deutlich, warum Väter trotz Ambitionen immer noch so viel weniger Stunden Familienarbeit leisten: Sie sind überwiegend in Vollzeit erwerbstätig. Anders als bei Müttern hat die Geburt eines Kindes bei Vätern keinen Einfluss auf das Erwerbsverhalten. Lediglich sieben Prozent der Männer sind in Teilzeit tätig – dagegen aber 68 Prozent der Mütter. „Hohe Erwerbsumfänge stehen einer umfänglichen Beteiligung vieler Väter an Familienaufgaben entgegen“, so heißt es in der Analyse. So könne eine partnerschaftliche Rollenteilung kaum gelebt werden. „In der Folge tragen die Mütter weiterhin die Hauptlast der Familienarbeit – mit negativen Folgen für ihre eigenen Karrierechancen und ihre ökonomische Unabhängigkeit. Und Väter bleiben hinter ihren eigenen Ansprüchen an eine familienaktive Rolle zurück.“

Was das Arbeitspensum betrifft, wünschen es sich viele Eltern anders. So würden 52 Prozent der Väter gerne weniger arbeiten und 42 Prozent der Mütter gerne ihre Erwerbstätigkeit ausweiten oder wieder aufnehmen. Fast die Hälfte der Väter (48 Prozent) hätte gerne eine partnerschaftliche Aufteilung, in der beide Vollzeit oder beide Teilzeit arbeiten. 34 Prozent der Väter wiederum befürworten die Konstellation, dass der Vater Vollzeit arbeitet und die Mutter eine Teilzeittätigkeit hat und sich überwiegend um Haushalt und Kinder kümmert.

Mehr Väter in Elternzeit, aber nur kurze Bezugsdauer 

Um Väter von Anfang an in die Familienarbeit einzubinden sieht der Väterreport Elternzeit und Elterngeld als wichtige Instrumente. „Die ‚Väterzeit‘ ist von einer Ausnahme zum in Wirtschaft und Gesellschaft weithin akzeptierten und gelebten Modell geworden“. Die Zahlen steigen weiter an, mittlerweile nehmen 42 Prozent der Väter Elternzeit. Die Bezugsdauer aber stagniert, sie liegt bei durchschnittlich 3,4 Monaten. Gerade aber längere Elternzeiten von Vätern stellten auch langfristig die Weichen für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung, so der Report. Darüber hinaus müsse man die positiven Effekte von Elternzeit und Elterngeld deutlich über das erste Lebensjahr hinaus verlängern, über eine Familienarbeitszeit, in der beide Elternteile existenzsichernd und vollzeitnah arbeiten können.

Die Zahlen zeigen aber auch, dass für einige Väter die Hürden, überhaupt Elternzeit zu nehmen, immer noch hoch sind. Die Mehrheit der Väter, die keine Elternzeit nehmen, geben vor allem finanzielle und berufliche Gründe als Motiv an. Aber es sagen auch 27 Prozent der Väter, dass sie keine Elternzeit nehmen oder ihre Arbeitszeit dafür reduzieren wollen. Acht Prozent nutzen keine Elternzeit, weil sie berufliche Nachteile befürchten.

Corona hat Entwicklung zu aktiver Vaterschaft beschleunigt

Die Pandemie könnte der gleichberechtigteren Aufteilung der Familienarbeit allerdings einen Schub gegeben haben. „Die Veränderungen und neu eingeübten Verhaltensweisen während der Corona-Pandemie beschleunigen möglicherweise die Entwicklungen zu aktiver Vaterschaft“, so der Report. Denn bedingt durch Homeoffice und Kurzarbeit kümmerten sich Väter mehr als sonst um die Familienarbeit. Die tägliche Kinderbetreuungszeit von Vätern aus Paarfamilien stieg auf durchschnittlich 5,3 Stunden täglich, davor waren es 2,8 – das ist ein Plus von 89 Prozent.

Die Mütter übernahmen zwar weiterhin den größten Teil der Familienarbeit, nämlich im Durchschnitt 9,6 Stunden täglich, statt vorher 6,7 Stunden – ein Anstieg von 43 Prozent. Dennoch könnten die neuen Erfahrungen dazu beitragen, so heißt es in der Analyse, dass die Familienarbeit auch nachhaltig partnerschaftliche gestaltet werden könne. Immerhin: 47 Prozent der Eltern, bei denen die Aufteilung der Kinderbetreuung in der Pandemie partnerschaftlicher geworden ist, wollen diese Aufteilung beibehalten. Ob das gelingt, hängt sicherlich vor allem davon ab, inwieweit auch in der Nach-Corona-Zeit flexible Arbeitsmodelle für Mütter, aber vor allem für Väter weiterhin möglich sind.

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