Wickeln, spielen, da seinWarum kriegen Väter dauernd Applaus für ganz normale Dinge?

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Vater und sohn

Zeit mit dem eigenen Kind verbringen - braucht es dafür wirklich einen Extra-Applaus?

Köln – Manche Väter sind schon echte Helden. Sie stürzen sich leidenschaftlich in ihre Erzieher-Aufgaben. Sie toben mit ihren Kindern über Spielplätze, wechseln Windeln im Akkord und nehmen sich tatsächlich frei, wenn ein Sprössling krank wird. Sie unterstützen sogar ihre stillende Frau. Wahnsinn! Applaus, bitte!

Der Vater hält sein Baby – und alle loben ihn dafür

Im Internet wird solchen aktiven „Super-Papas“ andauernd ein Denkmal gesetzt. Vor einiger Zeit gingen Instagram-Fotos durchs Netz: Sie zeigen den amerikanischen Schauspieler Dwayne Johnson, wie er erst sein Neugeborenes auf der nackten Brust hält. Und einige Tage später seine Frau füttert, weil die beim Stillen keine Hand frei hat, um selbst Messer und Gabel zu halten. Eine schöne Geste.

Das Netz aber ist vor Freude geradezu ausgeflippt. „Seine Familie geht ihm über alles!“, wird da kommentiert. „Heldenvater!“ und „Traumehemann“ wird er nun genannt. So schnell wird mal also zum Helden? Interessant. Der Mann hält also tatsächlich sein Baby. Er unterstützt seine Frau beim Umgang mit dem Säugling. Er kümmert sich sogar um das große Geschwisterchen. Beeindruckend. Aber sollte das nicht alles völlig selbstverständlich sein?

Von den Müttern wird vieles einfach so erwartet

Diese Art der, nennen wir es mal, leichtfertigen Papa-Verehrung ist auch im Alltag nicht selten.

Oft bekommen Väter besonderes Lob, wenn sie Dinge für die Familie tun, die ganz normal sind. 

Sie werden mit anerkennenden Blicken bedacht, wenn sie zum Elternabend gehen. Bekommen quasi einen Orden überreicht, wenn sie beim Basteltag in der Kita mitmachen. Wenn sie mit dem Kind zum Arzt gehen. Oder die Trikots der Fußballmannschaft waschen.

Von Müttern dagegen wird all das selbstverständlich erwartet. Wenn sie Glück haben, erhalten sie ein anerkennendes Nicken. Wenn sie Pech haben, wird ihnen vorgeworfen, wenn etwas einmal nicht so läuft - oder sie gar zu viel an den Papa „abschieben“. Was Mütter und Väter betrifft, wird ständig mit zweierlei Maß gemessen. Simpel betrachtet betreuen beide einfach ihre Kinder. Doch ihre Taten werden komplett anders bewertet.

Väter sind nicht einfach nur Babysitter

Warum das so ist, lässt sich sehr leicht erklären. Faktisch sind es eben oft die Mütter, die mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Und rund um das Familiengeschehen viel erledigen. Zwar erziehen immer mehr Paare inzwischen gleichberechtigt. Und manche teilen sich sogar Erziehungs- und Erwerbszeit vollständig untereinander auf. Das Modell, dass der Vater mehr arbeitet als die Mutter, ist hierzulande aber immer noch weit verbreitet. Doch selbst wenn er weniger Zeit da ist - das heißt doch nicht automatisch, dass er nur einen Gastaufritt im Leben der Kinder hat. Bei so vielen Familien ist der Mann jeden Tag und jede Nacht genauso mit Leib, Leidenschaft, Schweiß und Seele mit der Erziehung der Kinder beschäftigt wie die Mutter.

Für die Väter ist DAS die Normalität. Sie erwarten und brauchen dafür kein Extra-Lob, kein ständiges Motivations-Schulterklopfen. Sie wollen einfach behandelt werden wie Eltern – und nicht so, als hätten die sich das Kind mal eben geliehen oder das Abenteuer-Paket „Quality Time mit Papa“ gebucht. Wie sagte die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern gerade in einem Interview, weil sie sechs Wochen nach der Geburt ihres ersten Kindes ins Amt zurückkehrt und ihr Partner ab sofort das Baby betreut: „Mein Mann übernimmt einen großen Teil der gemeinsamen Verantwortung. Er ist schließlich ein Elternteil und kein Babysitter.“

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Denn im Umkehrschluss ist es ja auch so: Wer den Vater als launigen Gelegenheitsbetreuer betrachtet, der traut ihm auch weniger zu. Wie oft müssen Väter sich schräge Blicke und Kommentare gefallen lassen, wenn sie Aufgaben übernehmen, die sonst Müttern zugeschrieben werden. „Wollen Sie nicht ihre Frau fragen, ob der Pulli ihrem Kleinen wirklich passt?“, wird er da im Klamottengeschäft gefragt. „Kommt die Mama denn gleich noch, um Händchen zu halten?“ will die Arzthelferin beim Impfen wissen.

Keine Pokale mehr für die Väter

Es geht also in mehrere Richtungen. Wir sollten weniger daran zweifeln, was Väter können oder tun. Sie mehr machen lassen – und das auch als selbstverständlich voraussetzen. Ihnen aber auch weniger Pokale aushändigen, wenn sie Aufgaben rund um ihre Kinder übernehmen.

In der Hoffnung, dass irgendwann einfach keiner mehr besonders wahrnimmt, ob jetzt Mama oder Papa tröstet, pflegt, spielt oder anfeuert. Kinder machen da nämlich keinen Unterschied. Wenn beide Elternteile einen festen Platz in ihrem Leben haben, ist es den Kleinen total egal, ob jetzt Papi oder Mami das Pausenbrot schmiert, die Zöpfe flechtet oder den verlorenen Gummistiefel findet.

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