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Gefahr des „Umkippens“Das kann man bei niedrigem Blutdruck tun

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Ein Arzt misst in einer Bereitschaftspraxis in einem Krankenhaus in einem Untersuchungsraum bei einer Patientin den Blutdruck (gestellte Szene).

Blutdruck deutlich niedriger als erwartet? Das ist normalerweise kein Grund zur Sorge. (Symbolbild)

Werte um 100 zu 60? Können gesund sein! Warum ein niedriger Blutdruck in der Regel nicht gefährlich ist, erklärt Dr. Magnus Heier.

In fast allen, eigentlich in allen Artikeln über Blutdruck geht es um einen gefährlichen, aber symptomlos erhöhten Blutdruck. Hier geht es um einen ungefährlichen, aber oft unangenehmen niedrigen Blutdruck. Den sogenannten Hypotonus – Unterdruck. Der Überdruck fühlt sich eigentlich gut an – aber er gefährdet langfristig Herz und Hirn, Blutgefäße und Nieren.

Der Unterdruck tut das Gegenteil: Er schont Herz und Kreislauf. Aber er kann zu Schwindelgefühl führen, zu „Schwarzwerden vor den Augen“, vor allem beim plötzlichen Aufrichten nach längerem Liegen – also etwa morgens beim Aufstehen. Ein niedriger Blutdruck kann auch zum „Umkippen“ führen.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Eine ganz typische Situation: Nach langem Stehen (beim Gottesdienst, im Fußballstadion, in der überfüllten Bahn) verlieren Menschen das Bewusstsein und stürzen zu Boden. Die Verletzungsgefahr ist mit 20 Prozent erstaunlich gering. Der am Boden liegende Mensch kommt meist fast sofort wieder zu Bewusstsein, weil der Blutdruck im Liegen für das Gehirn wieder ausreicht. Man kann helfen, indem man die Beine anhebt und so den Rückfluss des Blutes unterstützt.

Oft passiert mit besten Absichten aber das Gegenteil: Der Patient wird aufgerichtet – mit Pech verliert er oder sie dann erneut das Bewusstsein. Ich habe einen Fall erlebt, bei dem ein selbstbewusster Helfer eine bewusstlose Frau in einen Sitz gehoben, sie stabil gehalten hat – und als erste Hilfe den „Kreislaufstimulationspunkt“ drückte (den es nicht gibt). Durch solch eine „Hilfe“ kann es wirklich gefährlich werden. Aber eigentlich ist das „Umkippen“ nicht dramatisch – zumal, wie erwähnt, die Verletzungsgefahr gering ist.

Tipps bei niedrigem Blutdruck sind sehr einfach

Für Menschen, die dies öfter erleben, kann es sich lohnen, den eigenen Blutdruck zu messen. Bei einer Hypotonie sind systolische Werte unter 100 mm Quecksilber (so die Einheit) möglich. Der „systolische“ Wert ist der höhere, der „diastolische“ der niedrigere – er ist dann noch deutlich geringer. Die „primäre“ Hypotonie (ohne erkennbare Ursachen) betrifft oft junge, sehr schlanke Frauen. Sie tritt familiär gehäuft auf – und ist meist harmlos.

Bei der „sekundären“ Hypotonie finden sich Ursachen, die behandelt werden können: etwa der Zustand nach längerer Immobilisation durch Krankheit oder Unfall. Oder durch Medikamentennebenwirkungen – im Zweifel den Apotheker fragen. Ein beharrlich niedriger Blutdruck kann auch Folge einiger Krankheiten sein, etwa der Schilddrüse. Die zu behandeln sind.

Wird dagegen keine Ursache gefunden, sind die Tipps sehr einfach: Nicht zu plötzlich aus dem Liegen oder Sitzen aufstehen. Bei längerem Stehen auf den Zehenballen wippen – um durch die Muskelbewegung das Blut aus den Beinen zurückzupumpen. Ausdauersportarten stabilisieren den Blutdruck, Wechselduschen oder Bürstenmassagen regen ihn an. Die entscheidende Aussage aber ist: Ein niedriger Blutdruck, der nicht Folge einer anderen Krankheit ist, ist nicht gefährlich. Eigentlich ist er sogar gesund!