Rauchfrei - Tag 6Das Dilemma vor den Füßen

Martin Gätke will Nichtraucher werden - wir begleiten ihn dabei
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Köln – Da liegt sie. Eingepackt in ein Rest Silberpapier, einsam und allein in ihrer Schachtel. Als hätte sie sich vor mir die letzten Tage versteckt und nur darauf gewartet, mir gerade jetzt vor die Füße zu fallen – ganz unverhofft, aus irgendeiner Hosentasche.
Es ist Sonntagabend. Ich habe das Wochenende vollgestopft mit langen Einkaufsbummeln durch Möbelhäuser, mit langen Gesprächen und noch längeren Spaziergängen. Möglichst wenig allein sein, möglichst viel Ablenkung – nur nicht den Kopf auf falsche Ideen kommen lassen. Es hat gut funktioniert. Ich musste weiterhin ans Rauchen denken, doch sobald mir der Gedanke in den Sinn schoss, habe ich ihn sofort verworfen und stattdessen krampfhaft durch irgendetwas anderes ersetzt. Bis zu diesem Moment.
Gespart: 116 Zigaretten, 29,08 Euro, 1,163 mg Teer
Rauchfrei seit: 5 Tage, 19 Stunden
Der Blutkreislauf stabilisiert sich und die Lungenfunktion ist um rund 15 Prozent erhöht.
Als würde sich die Zigarette nicht so richtig von mir verabschieden wollen, kommt sie gerade jetzt wieder zum Vorschein. Ich habe bereits zwei Gläser Wein getrunken und fühle mich ziemlich gut. Ein wenig selbstsicher sogar, habe ich doch dieses erste rauchfreie Wochenende qualmfrei überstanden. Was soll jetzt schiefgehen, denke ich. Und dann das.
Zweierlei Dinge schießen mir als erstes in den Kopf. Erstens: Ich kann diese Zigarette nicht rauchen. Zweitens: Ich kann sie auch nicht wegwerfen. Vielleicht ist dieser erste Impuls zu vergleichen mit einem Foto, das man von seiner Ex-Freundin findet. Man erinnert sich gern an die Zeit zurück, an die schönen Momente. Aber andererseits ist man auch froh, dass es vorbei ist. Ein Dilemma, das da vor mir liegt.
Ich nehme also die Schachtel und stecke sie tief in die Schublade, direkt neben den leeren Aschenbecher. Ich atme durch – etwas unzufrieden, dass ich sie nicht einfach wegwerfe. Aber immerhin ist sie auch nicht in meiner Lunge gelandet. Ich gebe mir noch etwas Zeit, komplett über sie hinweg zu kommen. Schließlich ist sie eine Ex, die mir pro Jahr eine Tasse Teer verabreicht hat. Da darf man mit Sicherheit nicht allzu sensibel mit ihr sein.