7 TippsWie Angehörige beim Leben nach dem Schlaganfall helfen können

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Ein älteres Paar geht enger Umarmung, man sieht ihre Oberkörper voon hinten.

Ein Schlaganfall ist für eine Beziehung eine Belastungsprobe.

Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe und unsere Autorin erzählen, was Patienten nach einem Schlaganfall wirklich hilft.

Auf einen Schlag ist alles anders: Ein Schlaganfall hat oft Folgen, die das ganze Leben danach bestimmen. Einigen Betroffenen fällt das Sprechen schwer, weil Worte wie wegradiert scheinen. Oder das Gehen, weil eine Körperhälfte einfach nicht will. Nicht selten fallen Menschen, die einen Schlaganfall erlebt - und überlebt - haben, in ein tiefes Loch, entwickeln eine Depression.

Das ist nicht nur herausfordernd für die Betroffenen, sondern auch für ihre Liebsten. Zumal ein Schlaganfall oft die Persönlichkeit von Betroffenen verändert, sie womöglich aggressiver oder ungeduldiger macht, als man sie vorher kannte. Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe gibt Angehörigen Tipps, um gut mit der Situation umzugehen:

Tipp 1: Wissen über den Schlaganfall sammeln

Klar, jeder Schlaganfall ist anders. Wer sich allerdings ausführlich über den Schlaganfall und dessen Folgen informiert, kann besser auf die betroffene Person eingehen.

Zum Beispiel, wenn sie von Sprachstörungen, also einer Aphasie, betroffen ist. Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe rät Angehörigen dann unter anderem, einfache Sätze zu sprechen und Ja/Nein-Fragen zu stellen. Sinnvoll ist auch, das Thema des Gesprächs durch ein prägnantes Schlüsselwort anzukündigen („Ich möchte mit dir über den Arzt sprechen.“). Was den Experten zufolge aber tabu ist: Babysprache verwenden.

Mit Blick auf die Persönlichkeitsveränderungen ist wichtig, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und persönlich zu nehmen. Die Schlaganfall-Hilfe rät Angehörigen, sich ins Gedächtnis zu rufen: Das ist keine bewusste Absicht, sondern die Krankheit.

Tipp 2: Gut auf sich selbst aufpassen

Auch wenn es schwerfällt, weil schnell ein schlechtes Gewissen dazwischenfunkt: Angehörige sollten sich bei allem Einsatz nicht selbst vergessen. Das heißt: Sie dürfen sich Auszeiten gönnen und weiterhin die Dinge in ihren Alltag einbauen, die ihnen wieder Kraft schenken – Hobbys oder Zeit mit Freundinnen und Freunden etwa.

Die Schlaganfall-Hilfe nennt einen Gedanken, der dabei helfen kann: Niemandem ist geholfen, wenn man sich bis zur totalen Erschöpfung aufopfert.

Tipp 3: Austausch mit anderen

„Du, dieses Gefühl kenne ich nur zu gut!“ Zu wissen, dass es anderen ähnlich geht - das kann Balsam für die Seele sein. Und so können Selbsthilfegruppen ein Ort sein, an dem Angehörige wertvollen Austausch finden.

Übrigens: Was ebenfalls Entlastung bringen kann, ist die Unterstützung von ehrenamtlichen Schlaganfall-Helfern. Sie können beim Ausfüllen von Formularen helfen, zu Arztterminen begleiten oder Betroffenen zeigen, wie sie auch mit einer Hand noch selbst kochen können. Einen Überblick über Schlaganfall-Helfer-Projekte gibt es auf der Webseite der Deutschen Schlaganfall-Hilfe (dpaq.de/cEfWfcZ).

Unsere Autorin war selbst betroffen. Sie gibt weitere Tipps, was ihr in der ersten Zeit während der Klinikaufenthalte geholfen hat.

Tipp 4:  Gewohntes Essen mitbringen

Immer wieder Instant-Kartoffelbrei, TK-Kaisergemüse und Apfelkompott, als Patient im Krankenhaus oder in der Reha hängt einem das Essen schnell zum Hals raus. Angehörige können Schlaganfall-Patienten eine riesige Freude machen, wenn sie frische Lebensmittel mitbringen: ein paar Erdbeeren, ein selbstgemachter Salat oder ein Aufstrich für das immergleiche Frühstück.

Vorher sollten Angehörige die Pflege ansprechen und sich erkundigen, was man mitbringen darf und ob es Dinge gibt, die der Patient gerade nicht essen sollte, starke Gewürze zum Beispiel.

Tipp 5: Etwas anderes sehen

Wenn es möglich ist, so oft es geht für einen Szenenwechsel sorgen: Es tut den Patienten, aber auch den Angehörigen gut, der Klinikumgebung zu entkommen und mal etwas anderes zu sehen, zu hören und zu riechen. Auch mal jemand anderen sehen kann ebenso helfen. Der Besuch bringt neue Themen und Ideen mit – und kann Angehörige entlasten.

Tipp 6: Für Abwechslung sorgen

Dasselbe gilt für die Gesprächsthemen: Es muss nicht immer nur um Krankheit und Versorgung gehen. Auch als Patient sollte man sich nicht 24 Stunden am Tag mit diesen Themen beschäftigen. Wofür interessiert sich die Person sonst? Vielleicht sprechen Sie über die aktuellen Nachrichten oder erzählen den neusten Tratsch und schauen, wie die Person darauf reagiert.

Ist sie dankbar, über etwas anderes sprechen zu können oder setzt dann die Fomo ein („Fear of missing out“), die Angst etwas zu verpassen? Manche Patienten sind fast schon froh, dem ganzen Alltags-Wahnsinn mal zu entgehen. Andere stimmt es traurig, dass „da draußen“ das Leben einfach weitergeht. Von ganz alltäglichen Dingen zu erzählen kann der Person helfen, einen realistischen Blick auf den Alltag zu behalten.

Tipp 7: Ersten Papierkram übernehmen

Ein Schlaganfall bedeutet in vielen Fällen auch einen Haufen Papierkram. Ist der oder die Betroffene berufstätig, braucht sie regelmäßig eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber und die Krankenkasse. Wenn eine Schwerbehinderung beantragt werden soll, ist es klug, sich möglichst früh darum zu kümmern. Denn die Wartezeiten bei den zuständigen Ämtern – etwa der Stadt Köln – betragen Monate. Für diese Dinge hat der Schlaganfall-Patient jetzt keine Kapazitäten, umso dankbarer wird er den Angehörigen später sein, dass sie sich darum gekümmert haben.

Jetzt ist außerdem der Zeitpunkt, sich spätestens um eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht und Bankvollmachten zu kümmern und gegebenenfalls auf den neusten Stand zu bringen. (bbm mit dpa/tmn)

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