Mit der Einführung von Broadcast-Kanälen wird WhatsApp mehr als nur ein Messenger: Auch Kinder nutzen die neue Funktion, oft mit großer Reichweite – ohne Wissen der Eltern.
JugendmedienschutzWie Kinder auf WhatsApp-Kanälen ihre Welt öffentlich machen

Gibt sich bei WhatsApp jemand als Familienmitglied aus und behauptet, eine neue Nummer zu haben, ist höchste Vorsicht geboten.
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WhatsApp zählt zu den beliebtesten Kommunikationsplattformen unter Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Laut der EU-Initiative klicksafe.de nutzen viele Kinder den Messenger, um mit Familie, Schulfreunden oder Sportvereinen in Kontakt zu bleiben, auch wenn die offizielle Altersgrenze laut Datenschutz-Grundverordnung bei 13 Jahren liegt.
Mit der Einführung der Broadcast-Kanäle hat sich WhatsApp über den klassischen Chat hinaus entwickelt. Die neue Funktion erlaubt es Nutzerinnen und Nutzern, Text-, Bild- und Video-Inhalte an eine unbegrenzte Zahl von Abonnierenden zu senden. Eine direkte Kommunikation ist dabei nicht vorgesehen, lediglich Reaktionen in Form von Emojis sind möglich.
Inhalte von Kindern sind für ein großes Publikum öffentlich
Neben bekannten Marken, Organisationen und Influencern nutzen inzwischen auch Kinder diese Kanalfunktion. In öffentlich einsehbaren Kanälen teilen sie Inhalte wie Tagesrückblicke, Turnübungen oder persönliche Erlebnisse aus dem Schulalltag. In einigen Fällen erreichen diese Kanäle mehrere zehntausend Abonnierende.

Schon junge Menschen nutzen WhatsApp. (Symbolbild)
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Solche Kanäle können direkt über die WhatsApp-Suche gefunden werden. Klicksafe weist darauf hin, dass jede Nutzerin und jeder Nutzer selbst Kanäle erstellen kann, unabhängig vom Alter.
Kinder teilen persönliche Details – von Hobbys bis zum Schulalltag
In den von Kindern betriebenen Kanälen finden sich mitunter viele persönliche Informationen, etwa zu Hobbys, Wohnorten oder schulischen Aktivitäten. Laut klicksafe.de besteht auch die Möglichkeit, dass Nutzerinnen und Nutzer über Gruppeneinladungen Rückschlüsse auf Telefonnummern ziehen können, obwohl die Nummer im Kanal selbst nicht angezeigt wird.
Zudem verweist das Portal unter der Führung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz darauf, dass Eltern aktuell keine Möglichkeit haben, die Kanalfunktion zu deaktivieren oder gezielt Inhalte nach Altersgruppen zu filtern. Auch Jugendschutzprogramme auf Smartphones könnten den Zugriff auf Inhalte innerhalb der App nicht beschränken, da diese direkt dort angezeigt und abgespielt werden.
Inhalte reichen von Alltag bis zu problematischen Themen
Laut WhatsApp können bei der Erstellung eines Kanals mehrere Administratoren benannt werden. Damit hätten Eltern die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Kindern einen Kanal zu betreiben oder zumindest Einsicht in die geposteten Inhalte zu erhalten. Die gemeinsame Verwaltung eines Kanals kann eine Möglichkeit sein, die Inhalte im Blick zu behalten und mit dem Kind über digitale Verantwortung ins Gespräch zu kommen.
Die Inhalte in WhatsApp-Kanälen sind nicht grundsätzlich moderiert. Laut klicksafe.de gelten zwar die allgemeinen WhatsApp-Richtlinien – unter anderem gegen Gewalt oder pornografische Inhalte – doch eine Vorabprüfung durch die Plattform erfolgt nicht. Neben Alltagsinhalten dokumentiert Klicksafe auch Kanäle mit problematischen Inhalten, etwa zu Gewalt, Sexualität oder politischen Extrempositionen.
Expertin stößt Debatte um Social Media ab 16 Jahren an
In Deutschland wird zunehmend diskutiert, ob die Nutzung sozialer Netzwerke für Jugendliche erst ab 16 Jahren erlaubt sein sollte. In einem Interview mit der Funke Mediengruppe sprach sich die Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Simone Specht-Riemenschneider, für dieses verbindliche Mindestalter aus. Sie begründete das mit den Risiken für die Persönlichkeitsentwicklung und dem mangelnden Schutz durch die Plattformen selbst.
Die rechtliche Grundlage für die derzeitige Altersgrenze von 13 Jahren ergibt sich aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Mitgliedstaaten dürfen jedoch strengere Regeln einführen – wie es in Irland oder Frankreich bereits der Fall ist. In Deutschland fordert Specht-Riemenschneider unter anderem, dass Plattformen ihre Alterskontrollen verschärfen und stärker in die Verantwortung genommen werden. (hn)