Festhalten, Ausweis verlangenWas dürfen Kontrolleure in Bus und Bahn – und was nicht?

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Auch am Bahnsteig dürfen Kontrolleure noch die Fahrscheine und Ausweise überprüfen.

Köln – Nicht jeder Schwarzfahrer handelt mit Vorsatz. Mal hat man zwar eine Monatskarte, aber die steckt leider im anderen Mantel. Oder ein Handy-Ticket, aber der Akku ist leer. Oder der Fahrkartenautomat war kaputt.

Eine reguläre Fahrkarten-Kontrolle verläuft dann nicht immer reibungslos: Die Kontrolleure sind genervt von den ständig gleichen Ausreden, die Fahrgäste fühlen sich zu Unrecht verdächtigt und schikaniert. Da kommt es schon einmal zu Diskussionen und Auseinandersetzungen.

Aber was dürfen Kontrolleure überhaupt – und wo sind die Grenzen? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Darf der Kontrolleur verlangen, meinen Ausweis zu sehen?

Nein, rechtlich gesehen nicht, das darf nur die Polizei. Allerdings ist es trotzdem ratsam, seinen Personalausweis oder ein anderes amtliches Ausweisdokument bei sich zu haben, um sich unnötigen Ärger zu ersparen. Vor allem gilt das für alle Passagiere, die ein personengebundenes Monats- oder Jobticket ohne Lichtbild nutzen. Denn die Kontrolleure müssen nachvollziehen können, dass das Ticket tatsächlich der betreffenden Person gehört. Kann ein Fahrgast das nicht belegen oder weigert sich, dem Kontrolleur seinen Ausweis zu zeigen, darf der Kontrolleur die Polizei hinzurufen, damit sie die Personalien verifiziert.

Tipp vom Anwalt: Nicht mehr erzählen als notwendig

„Keinesfalls sollten Sie den Kontrolleuren mehr mitteilen als Ihre persönlichen Angaben wie Ihren Namen und Ihre Adresse“, rät Strafrechts-Experte Steffen Dietrich. Auch gegenüber der Polizei müssten und sollten die Beschuldigten keine Angaben zum genauen Tatgeschehen machen. „Schweigen stellt kein Schuldeingeständnis dar“, so der Rechtsanwalt.

Muss ich aussteigen, wenn der Kontrolleur das verlangt?

Ja. Das Bahn- oder Busunternehmen hat das Hausrecht in den Fahrzeugen. Die Kontrolleure, aber auch Schaffner und Busfahrer dürfen das Hausrecht für ihren Arbeitgeber ausüben und Fahrgäste dazu auffordern auszusteigen. Das gilt übrigens nicht nur für Fahrgäste ohne gültiges Ticket: Auch Passagiere, die beispielsweise im Zug randalieren, dürfen rausgeworfen werden. Denn die Unternehmen haben gleichzeitig auch die Pflicht und die Verantwortung, für die Sicherheit ihrer anderen Fahrgäste zu sorgen.

Darf der Kontrolleur mich zwingen weiterzufahren, wenn ich eigentlich aussteigen muss?

Wenn der Fahrgast es zeitlich nicht mehr schafft, sein Ticket vorzuzeigen, bevor er raus muss, ist es üblich, dass der Kontrolleur mit ihm an seiner Haltestelle aussteigt. Dort muss der Fahrgast dann aber trotzdem noch sein Ticket vorzeigen. Hat er kein gültiges Ticket, darf der Kontrolleur die Personalien auch noch am Bahnsteig aufnehmen.

Dürfen Kontrolleure einen Schwarzfahrer festhalten, wenn er droht, wegzulaufen?

Ja. Wenn ein Schwarzfahrer versucht, wegzulaufen oder sich weigert zu kooperieren und seinen Ausweis zu zeigen, können Kontrolleure die Polizei hinzurufen und dürfen ihn festhalten, bis die Polizei eintrifft. Übrigens dürfen das nicht nur Kontrolleure, sondern auch Privatpersonen, wenn Schwarzfahrer auf frischer Tat ertappt wurden. Denn hier greift das sogenannte „Jedermannsrecht“ (§ 127 Abs. 1 Strafprozessordnung): Jeder darf einen anderen vorläufig mit verhältnismäßigen Mitteln festhalten, wenn dieser gerade eine Straftat begangen hat, also hier das Erschleichen von Leistungen. Nur die Polizei darf aber den Ausweis verlangen und im Zweifel auch die Taschen durchsuchen.

Tipp vom Anwalt: kühlen Kopf bewahren!

Wer beim Schwarzfahren erwischt wurde, reagiert nicht selten ungehalten. „Dennoch gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Angelegenheit nicht zu verschlimmern“, rät Rechtsanwalt Steffen Dietrich. „Vermeiden Sie verbale oder gar physische Auseinandersetzungen.“ Denn sollte später von den Kontrolleuren auch noch der Vorwurf der Beleidigung (§ 185 StGB) oder der (versuchten) Körperverletzung (§ 223 StGB) erhoben werden, steige die Straferwartung für den Schwarzfahrer.

Dürfen Kontrolleure Gewalt anwenden, wenn ein Streit eskaliert?

„Vor allem bei Fahrkartenkontrollen erleben unsere Mitarbeiter, dass die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft zunimmt“, berichtet ein Sprecher der DB Fernverkehr AG. „Der Umgangston ist rauer geworden, die Hemmschwelle für Gewalt gesunken.“ Kommt es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Kontrolleuren und Fahrgästen, dürfen Kontrolleure jedoch keine Gewalt anwenden, außer es handelt sich um Notwehr.

Stattdessen setzt die Bahn auf Deeskalation: Die Zugbegleiter erhalten ein sogenanntes Deeskalations-Training, in dem sie zu Konfliktentstehung, Strategien zur Eskalationsvermeidung und Deeskalation von kritischen Situationen geschult werden. „Leider gibt es auch Fälle, bei denen weder deeskalierende Kommunikation noch deeskalierendes Handeln helfen“, erklärt der Sprecher. „In diesen Situationen wird die Bundespolizei zur Unterstützung herangezogen.“

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Wer darf überhaupt kontrollieren?

Bei der Deutschen Bahn dürfen Service-Mitarbeiter und Mitarbeiter der DB-Sicherheit, aber auch Mitarbeiter in Zivil Fahrkarten kontrollieren. Im DB-Fernverkehr kontrollieren ausschließlich tariflich ausgebildete Zugbegleiter die Passagiere, dazu gehören der Zugchef, Zugbetreuer und Fahrgeldsicherer. Auch extern eingestellte Mitarbeiter erhalten eine tarifliche Ausbildung und werden regelmäßig fortgebildet. „Anlassbezogen dürfen auch Mitarbeiter der DB Sicherheit Fahrkarten kontrollieren, etwa im Rahmen der Hausrechtsausübung am oder im Fernverkehrszug“, erklärt ein DB-Sprecher. Sie erhalten eine Grundeinweisung in die Tarifkenntnisse des Fernverkehrs.

Muss ein Kontrolleur eine Uniform tragen oder äußerlich als Kontrolleur erkennbar sein?

Nein. Bei der Bahn kontrollieren zwar zumeist eigene Service-Mitarbeiter in Unternehmensbekleidung und auch in Bussen und Stadtbahnen tragen die Kontrolleure meist Dienstkleidung. Doch vorgeschrieben ist das nicht. In vielen städtischen Verkehrsbetrieben kontrollieren auch Fahrausweisprüfer in Zivil. Für die Kölner Verkehrsbetriebe sind zum Beispiel vorrangig abends und am Wochenende studentische Mitarbeiter in Zivil unterwegs.

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