Kölner Chefarzt Manfred LützAttraktivität kann man nicht durch OP's kaufen

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Schoenheitsoperation

Symbolbild

  • Ästhetische Chirurgie kann helfen, viel Leid infolge von Krankheit oder Verletzungen zu lindern.
  • In seiner KStA-Kolumne „Wahn und Sinn – das ganze Leben” antwortet Lütz jede Woche auf eine von Lesern gestellte (Sinn-)Frage.
  • So wettert er unter anderem gegen den Fitness-Kult und Diät-Sadismus. Aber der Psychiater gibt in seinen Büchern auch bewegende Einblicke in die Welt von Süchtigen, Depressiven und Schizophrenen.

Köln – Schönheitsoperationen sind die neue Selbstverständlichkeit – von straffen Augenlidern bis zu gestylten Schamlippen. Finden Sie das okay? Wie sollten Ärzte mit der Selbstoptimierung per Skalpell umgehen?

Es gibt ästhetische Operationen, die ausgesprochen hilfreich sind. Da sind Frauen mit Brustkrebs, denen ein plastischer Chirurg ihr altes Körpergefühl wiedergeben kann. Es gibt entstellende Narben, die beseitigt werden können, und neulich hat ein Kollege eine Jesidin operiert, die im IS-Gebiet schwerste Verbrennungen erlitten hatte.

Zur Person Manfred Lütz

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Manfred Lütz, geb. 1954, ist Psychiater, Psychotherapeut und katholischer Theologe. Der frühere Chefarzt des Kölner Alexianer-Krankenhauses ist auch Mitglied im Päpstlichen Laienrat.

Der Ausdruck „Schönheitsoperationen“ verrät allerdings schon, dass es nicht um die Beseitigung eines krankhaften Mangels geht, sondern um die Herstellung von Schönheit – und das geht im Grunde gar nicht. Ein schöner Mensch vereint eine gewisse Anmut, körperliches Ebenmaß und geistige Anziehungskraft.

Es gibt auch einen erotischen Sex-Appeal, den Frauen ausstrahlen, die dem gängigen Schönheitsideal eigentlich gar nicht entsprechen, wie dazumal Barbra Streisand oder neuerdings Lady Gaga. Wer Schönheit und Attraktivität also für ein herstellbares Produkt hält, kauft sich teuer das Unglück ein. Wenn nämlich das Selbstbewusstsein so gering ausgeprägt ist, dass es eine Schönheitsoperation benötigt, kann das nur übel ausgehen. 

Hautalterung beginnt mit 23 Jahren

Deswegen wäre es eigentlich ärztlich-ethisch dringend erforderlich, vor solchen mitunter erheblichen und riskanten Eingriffen zu klären, ob man nicht an der wirklichen Ursache ansetzen und durch Stärkung des Selbstwertgefühls einen unsinnigen Eingriff überflüssig machen könnte. Macht man Schönheit nämlich am Hautbefund fest, so konnten wir dazu schon in der Dermatologie-Vorlesung lernen, dass die Haut bis zum 18. Lebensjahr ohnehin hässlich ist (Pickel und so ...) Und mit 23 bereits die Hautalterung beginnt.

Schön wäre man dann eigentlich nur zwischen 18 und 23. Da hat man aber meistens Liebeskummer und kann es gar nicht genießen. Wenn es nur auf den Hautbefund ankäme, dann wäre das ganze Leben eine einzige mühevolle Enttäuschung, man wäre immerzu damit beschäftigt, einen Zustand vorzutäuschen, den es gar nicht mehr gibt.

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Und daran können Schönheitsoperationen leider auch nichts ändern. Sie ziehen nur das schrumpelige, alte Leder glatt, aber dann sieht es eben aus wie gestrafftes schrumpeliges, altes Leder.

Die Flut an Schönheitsoperationen ist Folge eines aggressiven Marketing, das ein unbedingt erstrebenswertes, aber in Wirklichkeit unerreichbares Schönheitsideal propagiert. Erreichbare Ideale sind ökonomisch uninteressant, weil die Leute nach Erreichen des Ziels keine Kunden mehr sind.

Nur wer der Suggestion glaubt, trotz aller Bemühungen immer noch zu hässlich für diese Welt zu sein, zu hässlich für Erfolg, Geld und Likes, der kauft weiter die ultimativen Klamotten, vergeudet seine Lebenszeit mit kosmetischen Wundermitteln und riskiert Geld und Gesundheit mit Schönheitsoperationen.

Haben Sie auch eine Frage an Manfred Lütz?

Schreiben Sie bitte mit Angabe Ihres Namens an: 

luetz-kolumne@dumont.de

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