Super Mario Bros. wird 35Wie die Erfinder auf Mario kamen und warum Luigi grün trägt

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Super Mario und Erfinder Shigeru Miyamoto

Ein Held und sein Erfinder: Super Mario und Shigeru Miyamoto

Das Spiel ist legendär: „Super Mario Bros.“ wird 35 Jahre alt. Zeit, um zurückzublicken: Die Schöpfer Shigeru Miyamoto, Takashi Tezuka, Yoshiaki Koizumi und Kento Motokura erzählen von den Anfängen des Kultspiels. Wie hat Super Mario das Licht der Welt erblickt? Und warum trägt Marios Bruder Luigi eigentlich grün?

Herr Miyamoto, wann wurde Ihnen bewusst, dass Super Mario zu einem globalen Phänomen geworden war?

Shigeru Miyamoto: Seit der Veröffentlichung von Donkey Kong haben wir Spiele unter der Annahme entwickelt, dass sie auch in Amerika erscheinen würden. Daher unterschied sich unser Vorgehen in Bezug auf das Erschließen internationaler Märkte von dem anderer japanischer Unternehmen.

Als ich durch eine Umfrage erfuhr, dass Mario von mehr Menschen wiedererkannt wurde als Micky Maus, war ich zugleich erfreut und verlegen. Ich habe Disney immer bewundert, und im Gegensatz zu Mario, der erst seit fünf oder sechs Jahre existierte, war Micky Maus zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahrzehnte bekannt. Das nahm ich zum Anlass, darüber nachzudenken, wie ich mir Mario in 30 Jahren vorstellte. Micky Maus ist mit dem Medium Film gewachsen und mein Ziel war es, dass sich Mario auf ähnliche Weise mit Videospielen weiterentwickelte.

Mario ist weder besonders stark noch hat er erstaunliche Fähigkeiten. Gibt es etwas, das Sie bei Mario und den anderen Charakteren der Super-Mario-Reihe ändern würden, wenn Sie diese heute erschaffen würden?

Miyamoto: Da sich die grafischen Möglichkeiten sehr gewandelt haben, könnte es sein, dass sie heute womöglich etwas anderes aussehen würden. Ich denke aber, dass Marios Persönlichkeit die gleiche wäre.

In japanischen Manga gibt es Genres wie etwa humorvolle Manga oder solche, die großen Wert auf eine Handlung legen. In humorvollen Manga ist die Hauptfigur eher lustig, während der Held im Story-Manga cool oder perfekt sein muss. Da es sich bei Super Mario Bros. um ein Jump’n’Run handelt, in dem die Spieler selbst in Marios Rolle schlüpfen, ist sein Charakter neutraler angelegt, ohne besonders ausgeprägte Charaktereigenschaften.

Können Sie ein bisschen mehr darüber erzählen, wie die Menschen anfangs auf Mario reagiert haben und wie Sie dies in der Folge beeinflusst hat?

Miyamoto: Es gab vieles, was mich beeinflusst hat. Kurz nachdem Super Mario Bros. erschienen war, erhielt ich einen Anruf von einer Mutter. Damals nahmen wir Anrufe von Kunden noch selbst entgegen. Sie berichtete, dass ihr Kind weine, weil sie im Spiel nicht weiterkamen. Auf meine Nachfrage stellte sich heraus: Ihr Kind wusste nicht, dass Mario mit dem B-Knopf rennen kann. Da wurde mir klar, dass nicht jeder das Spiel so versteht und spielt wie wir erwartet hatten. Dies führte dazu, dass wir den Entwicklungsprozess des nächsten Spiels überdachten und der Spielanleitung eine größere Bedeutung beimaßen.

Würden Sie einige persönliche Eindrücke des Entwicklungsprozesses von Super Mario Bros. teilen?

Miyamoto: Anstatt nur für mich Entwürfe am Schreibtisch zu erstellen, habe ich mich mit Herrn Tezuka und Herrn Nakago zusammengesetzt. Wir haben gemeinsam Level gezeichnet und unsere Ideen auf einem großen Whiteboard festgehalten – und dabei viel rumgewitzelt. Heute würde man diesen Prozess wohl „Visualisierung“ nennen. Unsere Ideen haben wir auf Zettel geschrieben und sie an die Tafel geheftet, und ich glaube, wir haben fertige Level mit Blumen markiert. Diese Methode haben wir bei der Entwicklung späterer Spiele der Super-Mario-Serie beibehalten.

Takashi Tezuka: Unsere Möglichkeiten waren begrenzt. Das lag zum einen an den Limitierungen der Hardware, der Anzahl der Farben und der Art der Sounds. Aber auch selbst auferlegte Beschränkungen, mit denen wir Speicherplatz sparen wollten, spielten eine Rolle. Die für das Spiel typischen grünen Warp-Röhren etwa konnten daher nur an bestimmten Stellen des Bildschirms platziert werden. Diese Einschränkungen waren wie ein Rätsel, dessen Lösung uns viel Spaß bereit hat. Zudem war das Entwicklerteam damals noch so klein, dass wir uns in einem kleinen Raum um ein Petroleumheizgerät versammeln konnten, auf dem ein Teekessel stand.

Viele Elemente und Gegner aus der Super-Mario-Serie sind heute sehr bekannt. Woher nahmen Sie die Ideen?

Tezuka: Damals gab es in Videospielen viele Gegner, die von jeder Seite aus besiegt werden konnten. Zum Spieldesign eines Jump’n’Run passen natürlich solche, die man besiegt, indem man auf sie springt. Wir haben uns für Schildkröten entschieden, da sie der Vorstellung von Gegnern entsprechen, die eben keinen Schaden nehmen, wenn man auf sie hüpft. Ein anderes Mal fragte ich Herrn Miyamoto, ob man ein Samenkorn pflanzen und eine Bohnenranke daraus wachsen lassen könnte, an der man nach oben klettern kann. Er hatte den Einfall, wie wir die bereits vorhandene Spielmechanik nutzen könnten: Mario würde einfach von unten gegen einen Block springen, aus der die Bohnenranke dann wächst. Heute scheint das eine offensichtliche Idee für ein Spiel wie Super Mario zu sein, aber damals hatten wir damit zu kämpfen.

Herr Koizumi, Sie waren damals Teil des Teams, dessen Aufgabe es war, Mario in 3D zu entwerfen und das minimalistische Design aus den 1980er Jahren realistischer aussehen zu lassen…

Yoshiaki Koizumi: Das Problem war weniger, Mario als realistische 3D-Figur zu entwerfen. Die Herausforderung lag eher darin, dass wir mit der damaligen Technologie kein Modell erstellen konnten, das Mario ähnlich genug sah. Wir haben mit Mitteln wie Farbabgleich und Animationen gearbeitet und versucht, einer eckigen Figur, die aus vielen kleinen Blöcken bestand, eine rundere Gestalt zu geben, die Marios Design nahekommt. Ähnlich verhielt es sich bei den Hintergründen. Mit heutiger Technologie können wir eine sehr stimmungsvolle Super-Mario-Welt zeigen. Mario wurde realistischer, weil die Möglichkeit der Gesichtsanimation seine Mimik bereicherte. Neue Oberflächenstrukturen und Technologien zur Lichtdarstellung erzeugten das Gefühl, dass er körperlich im Spiel anwesend ist.

Welches Element von Mario und den Super-Mario-Spielen gefällt Ihnen am besten?

Miyamoto: Der Wandsprung, der die spielerischen Möglichkeiten sehr erweitert hat. Und natürlich das Ducken. Duckt man sich während des Rennens und lässt Mario dann springen, führt er einen Hechtsprung aus! Das ist zwar ein anspruchsvolleres Manöver, doch unser Gehirn verarbeitet diese Reize so, dass die Steuerung und das Geschehen auf dem Bildschirm zu verschmelzen scheinen. So etwas mag ich.

Koizumi: Besonders gefällt mir, wie gut es sich anfühlt, Mario zu steuern. Der Charakter im Spiel repräsentiert den Spieler, deshalb ist es sehr wichtig, wie man diese Figur mit dem Controller kontrollieren kann. Laufen, springen, fliegen – das alles sind sehr körperliche Erfahrungen, und wir arbeiten hart daran, sie Spielern erlebbar zu machen. Ich hoffe, sie probieren das in den vielen Super-Mario-Titeln aus, die für Nintendo Switch erhältlich sind.

Kento Motokura: Ich schätze Marios Wandlungsfähigkeit und wie er es schafft, Dinge, die ansonsten albern wären, im Spielgeschehen abzubilden. Etwa, dass er einen Pilz isst und dadurch größer wird.

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Was ist die Geschichte hinter Marios Bruder Luigi? Wie kam er zur Welt?

Miyamoto: Als wir das ursprüngliche Mario Bros. für Arcade-Automaten entwickelten, wollten wir, dass ein zweiter Charakter spielbar wäre. Aufgrund der technisch limitierten Hardware dieser Zeit musste er identisch mit Mario sein. Wir konnten lediglich die Farben ändern, doch selbst diese nicht frei wählen, da wir die Anzahl der maximal auf dem Bildschirm darstellbaren Farben berücksichtigen mussten. Deshalb nutzten wir eine Kombination der Farben, die wir bereits im Spiel verwendeten. Schließlich entschieden wir uns für die Farbpalette der Schildkröten. Luigi trägt also grün, weil wir die Farbpalette der Schildkröten auf die Figur von Mario übertragen und so Luigis Aussehen geschaffen haben.

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