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Hilfe bei EinsamkeitViele Senioren sind allein in ihren Wohnungen

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Der Ehepartner ist nicht mehr da, die Wohnung still und leer: Viele alte Menschen leiden darunter, allein zu sein.

Vom „Morgenmagazin“ bis hin zu den „Tagesthemen“ – Doris Knef (78) kennt viele Moderatoren der TV-Sender beim Namen. Es gibt kaum Menschen, denen sie länger begegnet. Die Witwe lebt allein in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in einem großen Mietshaus im Kölner Osten. Ihr Ehemann verstarb bereits vor fünf Jahren an Krebs, die einzige Tochter Paula wohnt mit Mann und Kindern in Berlin. Seit Weihnachten hat sie ihre Familie nicht mehr gesehen. Früher hat die Seniorin ihre Enkel gerne selbst besucht, doch lange Zugreisen traut sie sich schon länger nicht mehr zu. Die Beine machen oft nicht mehr mit, ihre Diabetes hat sich über die Jahre verschlechtert. Tagsüber kann sie die Einsamkeit noch aushalten. Das Mittagessen wird von einer kirchlichen Einrichtung vorbeigebracht, auch der Pflegedienst kommt täglich vorbei. Nachmittags schaut sie gern von ihrem kleinen Balkon aus dem Treiben auf dem Spielplatz unten im Park zu. Doch abends, wenn es draußen und im Haus ruhiger wird, fühlt sie sich sehr allein.

Angebote oft unbekannt

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Das Telefon ist nur eine Möglichkeit, Kontakt zur Außenwelt zu halten.

Bereits vor der Corona-Krise war der Alltag vieler Senioren wie Doris Knef von Einsamkeit geprägt, doch seitdem wurde es schlimmer. Viele ältere Menschen waren und sind verängstigt, bleiben lieber ganz in der Wohnung, scheuen selbst den Kontakt zu Nachbarn. Dabei kann Einsamkeit ebenfalls krank machen, weiß Silke Leicht, stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) in Bonn. „Doch viele Senioren wissen gar nicht, wie viele Angebote es auch in ihrer direkten Nähe gibt, um der Einsamkeit zu entfliehen“, sagt sie. Sehr viele Initiativen kümmern sich bundesweit darum, den Alltag von alten Menschen lebenswerter zu gestalten. Das geht von Nachbarschaftstreffen über Kulturangebote bis hin zu einem ehrenamtlichen Fahrdienst, der Senioren Friedhofsbesuche ermöglicht. Schon eine kurze Suche im Internet verweist auf zahlreiche Angebote in direkter Nähe. Leicht: „Ein Anruf bei einem örtlichen Seniorenbüro oder -netzwerk kann ebenfalls weiterhelfen. Selbst wer das Haus nicht mehr verlassen kann, bekommt hier Unterstützung und Begleitung.“

Vor die Haustür schauen

Nur vier von zahlreichen Möglichkeiten, die Initiative zu ergreifen:

Die AWO Köln bietet eine kostenlose Beratung für Senioren unter 0221/20407-22.

Das Silbernetz-Telefon ist für jeden ab 60 Jahren da, der einfach mal reden möchte – worüber auch immer. Kostenlos erreichbar unter 0800/470 8090.

Die „Freunde alter Menschen“ organisieren Besuchspartnerschaften und gemeinsame Unternehmungen zwischen Jung und Alt: 0221/9515 4049, www.famev.de/koeln

Die Seniorennetzwerke Köln halten viele Angebote bereit.

Der erste und einfachste Schritt könne jedoch der vor die eigene Haustür sein, so Silke Leicht: „Es gibt viele Kontakte, die man im Laufe des Lebens gesammelt und vielleicht wieder ein wenig aus den Augen verloren hat. Schon ein Griff zum Telefonhörer kann dazu führen, dass alte Bekannt- und Freundschaften wieder aufleben.“ Manchmal reiche es sogar schon, die Tür zu öffnen und zu schauen, wer in der Nachbarschaft wohnt. Eventuell gibt es andere ältere Menschen im Haus, denen es genauso ergeht. Eine weitere Idee für alleinlebende Senioren ist die Anschaffung eines Haustieres. Sie bilden eine wunderbare Möglichkeit, um dem Gefühl von Einsamkeit vorzubeugen. Wenn die Gegebenheiten passen, ist ein tierischer Wohngenosse durchaus empfehlenswert.

Hemmschwelle überwinden

Eins sei jedoch immer nötig, so die stellvertretende Geschäftsführerin der BAGSO: „Es geht nicht, ohne eine Hemmschwelle zu überwinden. Alte Gewohnheiten ablegen, Neues wagen – das erfordert Mut.“ Und sie ergänzt: „Wer merkt, dass er diesen ersten Schritt nicht allein schafft und für sich keine Perspektive mehr sieht, sollte sich psychologische Hilfe suchen.“ Schon der Hausarzt sei in dem Fall ein richtiger Ansprechpartner.