Brot aus dem Automaten?Traditionsbäckerei geht mit „Brooddöösken“ völlig neuen Weg

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Sebastian van Densen mit seiner Frau Nadine vor dem neuen Brotautomaten „Brooddöösken“ in St. Tönis.

Sebastian van Densen mit seiner Frau Nadine vor dem neuen Brotautomaten „Brooddöösken“ in St. Tönis.

Die Traditionsbäckerei van Densen in St. Tönis leidet massiv unter Personalmangel. Ein Brotautomat soll bei dem Problem helfen. 

Bereits in dritter Generation backt Sebastian van Densen Brot, Brötchen und Kuchen in Handarbeit. Die Familienbäckerei setzt auf Qualität und gute Handwerkskunst. Doch seit Jahren muss das Traditionsunternehmen mit Personalproblemen kämpfen. Jetzt geht die Bäckerei van Densen in St. Tönis völlig neue Wege.

„Mein Opa hat die Bäckerei 1945 gegründet“, erzählt Sebastian van Densen im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Kundinnen und Kunden wissen die Qualität seiner Backwaren zu schätzen.

Traditionsbäckerei van Densen setzt auf alte Handwerkskunst

„Bei uns werden Brote nach alter Handwerkskunst noch mit langer Teigführung hergestellt. Die Teige ruhen teils 24 Stunden, bevor sie in den Ofen kommen“, so van Densen weiter. Das sei zwar aufwendiger, doch das Ergebnis spreche für sich: „Das Brot wird dadurch viel bekömmlicher und aromatischer!“

An Kundschaft mangelt es der Bäckerei van Densen in St. Tönis in Tönisvorst denn auch nicht. Das Problem sei der Personalmangel. „Es kommen kaum noch neue Arbeitskräfte nach, wir finden einfach keine Leute. Vor allem für die Backstube“, berichtet van Densen.

Dem Unternehmen geht es wie vielen anderen in der Branche. Der Fachkräftemangel hat sich in den vergangenen Jahren zu einem handfesten Problem entwickelt. Mit drastischen Folgen auch für die Bäckerei van Densen.

Im vergangenen Jahr musste das Unternehmen das Stammgeschäft an der Krefelder Straße schließen. Seither betreibt van Densen nur noch ein Geschäft mit Café an der Leipziger Straße. Das sei besser angeschlossen.

Bäckerei van Densen eröffnet „Brooddöösken“

Doch weiterhin waren die Aussichten alles andere als rosig. „Aufgrund des Personalmangels sind wir inzwischen dazu gezwungen, das Geschäft schon um 17 Uhr zu schließen“, so van Densen.

Um seinen Kunden dennoch frische Brote auch in den Randzeiten anbieten zu können, hat sich das Traditionsunternehmen etwas Neues überlegt. Anfang März 2023 hat Sebastian van Densen sein „Brooddöösken“ eröffnet.

Dabei handelt es sich um einen kleinen Verkaufscontainer auf dem Parkplatz der Bäckerei in St. Tönis. Dort können Kundinnen und Kunden nach Ladenschluss und sogar am Wochenende fast das gesamte Sortiment bekommen.

Alles funktioniert hier automatisch. Nach Betreten des kleinen Häuschens, in dem es nach frischen Backwaren duftet, können Kundinnen und Kunden über ein Touchscreen ihre Produkte auswählen. Danach öffnet sich eine der 79 Klappen, hinter denen sich das gewählte Produkt befindet.

Blick auf die Fächer mit Broten im „Brooddösken“ in St. Tönis.

Blick auf die Fächer mit Broten im „Brooddösken“ in St. Tönis.

Von der Kundschaft werde der Backautomat rege angenommen, auch parallel während der Öffnungszeiten der Backstube. „Doch auch für Neukunden ist der neue Verkaufsraum interessant, sie halten oft auf dem Weg zur Arbeit oder fahren extra dort vorbei“, berichtet van Densen.

Kundinnen und Kunden können zudem über eine App ganz einfach von zu Hause nachsehen, welche Produkte gerade erhältlich sind und wie viele.

Brotautomat von Start-up entworfen – so hätte Opa van Densen reagiert

Den Automaten hat Sebastian van Densen vom Start-up-Unternehmen  „Marktbox“ in Kiel bauen lassen. Auch für sie ein völlig neues Phänomen, erklärt „Marktbox“-Geschäftsführer Lukas Krebs auf Nachfrage dieser Zeitung. Die Firma gibt es seit 2017, zu ihren Kunden gehörten bislang eher Landwirte und Bauern, die in solchen Automaten Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Produkte vertreiben.

„Erst seit etwa einem Jahr ist die Nachfrage von Bäckereien stark gestiegen“, so Krebs. Auch er führt das auf den dramatischen Personalmangel in der Branche zurück. Rund 20 solcher Backautomaten hätte das Start-up inzwischen verkauft.

Auf die Frage, wie sein Opa wohl auf den neuen Weg der Traditionsbäckerei reagiert hätte, antwortet Sebastian van Densen mit einem optimistischen Lachen. „Am Anfang wäre er wohl noch etwas skeptisch gewesen, sowas Neumodisches. Aber am Ende hätte er mir auf die Schulter geklopft und gesagt: ‚Haste jut jemacht, Jung!‘“

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