TheaterDarsteller verknüpften aktuelle Themen mit Historie in Bad Münstereifel

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Großen Wert legten die Darsteller auf eine möglichst originalgetreue Ausstattung. Prächtige Adelsgewänder waren ebenso zu sehen wie die schlichte bäuerliche Kleidung.

Bad Münstereifel – Schon von weitem waren die erbosten Schreie zu hören. Lautstark regte sich die Ehefrau des örtlichen Bierbrauers darüber auf, dass dieser wieder einmal zu viel seines eigenen Gebräus zu sich genommen hatte. Kaum in der Lage, sich noch auf den Beinen zu halten, hatte der Bierbrauer dennoch die passende Antwort parat, da er mit einem Gastwirt einen neuen Vertrag ausgehandelt hatte. Und einen vollen Geldbeutel mit nach Hause bringen konnte.

Dieses Schauspiel, das sich am Sonntagnachmittag am Orchheimer Tor in Bad Münstereifel abspielte, war Teil der Theatervorführung „Erlebnis Mittelalter“, die sich durch die gesamte Innenstadt zog. Überall schlenderten Männer und Frauen in schlichter Bauernkleidung oder in farbenprächtigen Gewändern des Adels durch die Straßen und zogen die Blicke von Anwohnern und Besuchern auf sich.

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Schon im Mittelalter versuchten die Menschen, sich mit Masken vor ansteckenden Krankheiten zu schützen.

Tatendrang trotz Corona und Flut

„Wir haben uns lange Gedanken darüber gemacht, ob wir nach Corona und der Flut schon wieder auftreten sollten, haben uns schließlich aber dafür entschieden“, erklärte Horst-Peter Neuse, der am Sonntag als mittelalterlicher Stadtführer fungierte. „Den Kopf in den Sand zu stecken, bringt niemandem was. Und meiner Meinung nach ist es an der Zeit, auch mal wieder lachen zu können.“

Im Hintergrund zahlreicher Schauplätze waren die Spuren des Hochwassers noch deutlich zu erkennen. Bauzäune umrahmten die provisorischen Bühnen, dennoch teilten die Zuschauer diese Meinung und bejubelten die Akteure für ihre humorvollen Auftritte. Bereits am Stadttor erwartete die Besucher eine strenge Kontrolle, um mögliche Schmuggelware zu finden und teuer zu verzollen. Hochnäsig zog der ortsansässige Adel durch die Straßen und beobachtete die Arbeit der fleißigen Waschweiber, die am Ufer der Erft ihrem Tagwerk nachgingen. Nur wenige Meter weiter erfreute der Hofmagier sein Publikum mit humorvollen Zaubertricks.

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Am Ufer der Erft ließen sich fleißige Waschweiber bei ihrer Arbeit beobachten und beim Tratsch belauschen.

Reale Krisen verarbeitet

Trotz der im Mittelalter angesiedelten Geschichte fanden jedoch auch aktuelle und ernstere Themen ihren Weg in die Aufführung. So unterhielten sich die Ehefrauen des Tuchmachers und des Färbers nicht nur über ihre neuen Gewänder, sondern auch über die Schrecken der erlebten Flutkatastrophe. Zeitgleich bemühte sich die Kräuterfrau, mit zahlreichen Tinkturen und Behandlungsmethoden ein Heilmittel für die im Volksmund Corona genannte Pestilenz zu finden. „Verliert nicht den Mut, vor 600 Jahren haben wir Katastrophen überstanden, und auch dieses Mal werden wir die Stadt noch schöner aufbauen als zuvor“, schrie der Stadtführer seinem Publikum entgegen.

Bei der Kleidung und dem Verhalten haben sich die rund 30 an den Aufführungen beteiligten Akteure an zahlreichen Belegen aus den Mittelalter orientiert, wie Sven Kreitmann berichtete. „Wir legen Wert auf eine realistische Darstellung. Dennoch soll die Unterhaltung im Vordergrund stehen. Und nicht alles ist zu hundert Prozent akkurat.“

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Für die Zuschauer, die in Gruppen zu jeweils rund 25 Personen von Station zu Station geführt wurden, schien diese Mischung genau passend. „Wir sind hier, damit unsere Enkel ein wenig mehr von der Vergangenheit ihrer Heimat erfahren“, berichtete der gebürtige Bad Münstereifeler Wilhelm Hoever: „Die Aufführung ist wirklich sehr schön gestaltet, und die Schauspieler geben sich große Mühe.“ Selten habe Geschichtsunterricht so viel Spaß gemacht. Und so gestaltete sich das „Erlebnis Mittelalter“ zu einer ebenso lustigen wie interessanten Unterhaltung für Jung und Alt.

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