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Energieautarkes WohnhausFamilie Melder aus Bad Münstereifel ist vor Blackout gewappnet

Lesezeit 4 Minuten
Markus Melder, Sohn der Familie, steht neben dem ausgerichteten Suntracker im Garten.

Der Sonne entgegen: Die Solarmodule im Garten der Melders, hier Sohn Markus, wandern je nach Sonnenstand mit.

Familie Melder aus Bad Münstereifel-Hohn hat sich einen Suntracker in den Garten hieven lassen. Ziel ist es, komplett autark zu werden.

Als im Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschierten und Energie nicht nur zum Luxusgut wurde, sondern auch zur Mangelware zu verkommen drohte, war Heinz Melder spätestens klar geworden, dass sein Entschluss richtig war. „Wir werden autark“, hatte er sich schon vorher gedacht. Irgendwann wegen eines Blackouts im Dunkeln sitzen, das wollte er Frau Gerda, Sohn Markus und sich nicht zumuten. Das Ziel: Die Melders wollten netzunabhängig werden und sich eine Insellösung schaffen.

Die ersten Gedankengänge waren noch simpler Natur. Ein Generator sollte her. „Aber wenn der läuft, da wird nachts ja die Nachbarschaft wach“, sagt er heute rückblickend. Also recherchierte er, fuchste sich immer tiefer in die Materie rein. Als Frührentner hatte er Zeit.

Schon 2011 setzte Familie Melder auf eine Erdwärmepumpe

Klar war: Eine neue Heizung muss erst einmal nicht her. Denn da setzen die Melders schon seit 2011 auf eine auf Erdwärme basierende Wärmepumpe. „Deren Kosten haben sich nach zehn Jahren amortisiert“, sagt Gerda Melder.

Neben den Akkus im Serverschrank sowie den Wechselrichtern und weiterer Technik an den Wänden ist auch ein Generator zu sehen.

Viel Technik: Akkus, Steuerung und ein Generator.

Aber der Tagesbedarf an Strom für Heizung und Warmwasser (4500 kWh jährlich) und die restlichen Elektrogeräte im Haus (3500 kWh jährlich) sollte schon abgedeckt werden. „Wir brauchen also 21 kWh pro Tag“, rechnet Heinz Melder vor. Klar war auch: Strom soll nicht nur ins Netz eingespeist, sondern auch gespeichert werden, denn: „Sonst bekommt man morgens um 7 Uhr noch nicht mal einen Kaffee“, sagt Heinz Melder.

Die Akkus steckten im Stau auf dem Suez-Kanal

In der Theorie war das alles ganz einfach: Akkus und Solarpanels samt der Wechselrichter kaufen, installieren und loslegen. In der Praxis sah das aber alles etwas anders aus. Schon mit den Akkus gab es das erste Problem: Sie lagen auf einem der Schiffe, die sich 2021 im Suez-Kanal stauten, weil das Containerschiff Ever Given auf Grund gelaufen war. „Die Akkus entluden sich also immer weiter“, erklärte Markus Melder.

Auch beim Wechselrichter, der Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, war schnell klar, dass einer nicht reicht. Schließlich gibt es im Haushalt ja drei Phasen – und jeder Stromkreis braucht einen eigenen Wechselrichter. Bei denen setzte Melder auf hochwertige MPPT-Technik anstatt auf PWM.

Der Suntracker im Bad Münstereifeler Garten dreht sich der Sonne entgegen

Die Sonne liefert die Energie. Acht Panels wurden auf dem Dach montiert, ein paar kleinere, die Energie für die Bewässerungsanlagen der Pflanzen im Garten und vor und neben dem Haus sammeln, gibt es auch noch. Doch Heinz Melder wollte das Sonnenlicht optimal nutzen und fand einen Suntracker. Auf einem Gestell werden Solarpanels angebracht, die sich anhand der Sonnenauf- und -untergangszeiten mit der Sonne drehen und so optimal das Sonnenlicht einfangen.

Das Foto zeigt die Technik des Suntrackers.

Der Suntracker im Garten dreht sich.

Doch es gab ein Problem: Melders wohnen am Bremerberg in Hohn im Hang. Vor dem Haus war kein Platz, da ist die Einfahrt. Und hinter das Haus in den Garten kommt man nicht so einfach. Also orderte Heinz Melder ein Kranunternehmen, das den Suntracker über das Haus hievte.

Den passenden Elektriker fand die Familie in Wuppertal

Und dann mussten Melders noch den passenden Elektriker finden. „Wenn man an eine Anlage gekommen ist, fängt der Spaß erst richtig an“, formuliert es Markus Melder. Denn die Suche war nicht so einfach. Im Oktober 2022 kam der Suntracker, im November 2022 verlegte der engagierte Elektriker Kabelkanäle, und dann ward er nicht mehr gesehen. „Im Januar haben wir ihn dann abgeschossen“, berichtet Heinz Melder. In Wuppertal wurde er schließlich fündig. Aber auch das klappte nicht sofort reibungslos. Der Suntracker folgte der Sonne nicht, weil er nicht richtig programmiert war. „Aber seit Mai läuft es durch“, sagt Heinz Melder.

Zwei Solarmodule auf einem Vorsprung des Garagendachs, dahinter eine Wasserleitung, die die Pflanzen versorgt.

Mit kleinen Solarmodulen, unter anderem auf dem Vorsprung der Garage, wird Strom für die Bewässerung der Pflanzen gesammelt.

Gegen 7 Uhr liefern die sechs Solarpanels die erste Energie. Noch bis etwa 9 Uhr sinkt der Akkuspeicher, dann füllt er sich meist komplett. Melders sind zufrieden – zumindest im Sommer. Aber Herbst oder gar Winter haben sie noch nicht erlebt. Zwar hat Heinz Melder vorgesorgt und, „damit der Strom im Schnee nicht ausläuft“, einen Generator besorgt, der nicht nur mit Diesel, sondern auch mit Pflanzenöl betrieben werden kann.

Weitere Solarmodule kommen aufs Gartenhaus

Aber Heinz Melder will mehr: Weitere Solarmodule kommen noch aufs Gartenhaus. Und den Speicher will er auf rund 30 kWh erweitern. Momentan verdienen die Melders durch die Einspeisung ins Stromnetz acht Cent pro Kilowattstunde überschüssiger Energie. Stromkosten fallen bis auf die Grundgebühr keine an. Darum ging es Heinz Melder aber ohnehin nicht, sondern eben um die Versorgung bei möglichen Blackouts. Und das hat im Sommer schon mal funktioniert. Er ist sich aber beinahe sicher: „Durch den Winter kommt man vermutlich nicht.“

Klar ist auch: Zwar werden sich, gerade bei den hohen Energiekosten, auch die Kosten für die Anlage irgendwann amortisiert haben. Doch zunächst muss man das Geld dafür einmal haben. Heinz Melder schätzt, dass er 45.000 bis 50.000 Euro investiert hat. Eine junge Familie, die gerade ein Haus gekauft hat, wird sich das nicht leisten können. Autark sein ist also zunächst einmal eins: teuer.