Bauern zur Gülleausbringung im Kreis Euskirchen„Wir haben nichts zu verbergen“

80 Milchkühe hält Stephan Brock (r.) auf seinem Hof. Die Gülle bringt er wöchentlich zu seinem Kollegen Christian Servatius.
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Kreis Euskirchen – „Wir machen ja nichts Verbotenes. Und trotzdem haben die Bauern momentan ein schlechtes Image.“
Christian Servatius ist sauer, dass der Berufsstand des Landwirts nicht nur wegen grenzwertiger TV-Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ ins Gerede gekommen ist, sondern auch, weil die aktuelle Gülle-Diskussion im Kreis Euskirchen nicht dazu angetan ist, der Agrarbranche Pluspunkte in der Bevölkerung einzutragen.
„Wir können alles offen legen“
Sein Berufskollege Stephan Brock sieht das ähnlich. Der 40-Jährige leitet den Johanneshof im Euskirchener Außenort Schweinheim. „Für einige wenige Kollegen, die unangenehm aufgefallen sind, werden wir alle an den Pranger gestellt“, beschwerte Brock sich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dessen wiederholte Berichterstattung zum Thema Gülle ihn auf die Palme gebracht hatte.
„Wir können alles offen legen. Wir haben nichts zu verbergen“, versicherte er und führte den Reporter über seine Hofanlage. Brock versichert, dass er in jüngster Zeit keinerlei Gülle aus Holland auf seinen Äckern und Wiesen ausgebracht habe. Er hat 80 Milchkühe im Stall stehen; außerdem werden 70 Pensionspferde betreut, die zum größten Teil in Offenstallhaltung leben, zum kleineren Teil in Boxen.
Im Jahr fallen auf dem Hof rund 3000 Tonnen Gülle und Mist an, die im Anhänger in die Biogasanlage nach Kleinbüllesheim gebracht werden. Dort wird den tierischen Abfällen Methangas entzogen, das wiederum verstromt wird.
Das Gärsubstrat, das hinten rauskommt, hat noch etwa 85 Prozent des ursprünglichen Volumens der Gülle und wird als Naturdünger auf den großen Flächen des Betriebs verteilt, den Brock bewirtschaftet.
„Ein vernünftiger Kreislauf“
„Das ist ein vernünftiger Kreislauf, der uns in die Lage versetzt, weitgehend auf Kunstdünger zu verzichten“, erklärte Brock im Interview. Kollege Christian Servatius leitet einen ähnlich großen Ackerbaubetrieb, der auf die Erzeugung von Zuckerrüben, Weizen, Dinkel, Roggen und Mais spezialisiert ist. Um sein Unternehmen auf eine breitere Basis zu stellen, hat der 30-Jährige in die Biogasanlage Kleinbüllesheim mitinvestiert, die ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen und eben Gülle beschickt wird.
„Am Anfang haben wir die Gärsubstrate von einer holländischen Spedition zu den Landwirten zurücktransportieren lassen, die den Dünger auf ihren Flächen verteilt haben“, sagte Servatius. Deshalb sei wohl in der Bevölkerung der Eindruck entstanden, in Börde und Eifel werde ausschließlich Gülle aus dem Nachbarland entsorgt. Mittlerweile verfüge man über einen eigenen Tankwagen.
„Wir sind längst keine normalen Bauern mehr“
„Wir sind ja längst keine normalen Bauern mehr, sondern Unternehmer, die einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit am Computer verbringen“, erzählte Brock. Er habe für jede seiner Parzellen eine Ertragsbilanz erstellt und könne bis auf den letzten Ballen Heu genau sagen, wie viel wo und wann gewachsen sei. Entsprechend penibel führe er auch die Bücher in Sachen tierische Ausscheidungen. „Was bei uns an Gülle anfällt, können wir locker auf eigenen Flächen ausbringen“, so der Schweinheimer Landwirt.
Sein Betrieb macht auf den unbedarften Gast einen soliden Eindruck. Die Pferde haben es scheinbar gut angetroffen in ihren offenen Ställen. Es gibt eine eigene Sattelkammer und Plätze, wo die Vierbeiner gestriegelt und gesattelt werden können. Die Kühe stehen in Reih und Glied im Stall und lassen sich ihr Futter schmecken. Die Kälbchen sehen gesund aus und mustern den Gast mit großen Augen.
„Wir sind beide in unserem Beruf topausgebildet und haben die Meisterschule absolviert“, stellte Servatius heraus. Deshalb gehe man auch mit dem entsprechenden Sachverstand an die Materie heran. Fehler etwa bei der Milchproduktion, zum Beispiel eine Verunreinigung des Produkts, gehe gleich mit hohen Gewinneinbußen einher, ergänzte Brock. Deshalb müsse man stets sauber arbeiten, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
„Mit der gleichen Sorgfalt gehen wir auch mit dem Thema Gülle um. Unsere Nährstoffbilanzierung können wir jederzeit offenlegen“, sagte der Schweinheimer Unternehmer zum Abschluss. Im Sommer wird er rund 110000 Euro in ein hochmodernes Fass mit Ausbringsystem investieren, das die Gülle geruchsarm auf Feld und Wiese bringen soll. Dabei kämmt ein Schleppschuh die Grasnarbe auf und platziert die Flüssigkeit direkt auf den Boden.