GenerationswechselErwin Nelles verlässt nach 44 Dienstjahren das Rathaus in Blankenheim

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Erwin Nelles (links) und Robin Poensgen stehen an der Vitrine im Blankenheimer Rathaus, in der die Figur des heiligen Nepomuk mit dem Wappen aufbewahrt wird.

Auf die Figur des heiligen Nepomuk mit dem Wappen von Blankenheim, die in einer Vitrine im Rathaus steht, wird Robin Poensgen ein Auge haben. Er übernimmt die Aufgaben als Allgemeiner Vertreter und Kämmerer von Erwin Nelles, der in den Ruhestand geht.

Mit 66 Jahren geht Erwin Nelles in den Ruhestand. Sein Nachfolger als Allgemeiner Vertreter und Kämmerer wird der 28-jährige Robin Poensgen.

Nach 44 Jahren in Diensten der Gemeinde Blankenheim geht Erwin Nelles am 20. Dezember mit 66 Jahren in den Ruhestand. Zuletzt war er seit 2008 Kämmerer und Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters – beziehungsweise seit 2020 der Bürgermeisterin.

Ob ihm der Abschied schwerfalle? Erwin Nelles blickt in seinem kleinen Büro im Rathaus kurz auf. Natürlich ist das keine Selbstverständlichkeit, wenn man so lange für einen Arbeitgeber gearbeitet hat. Und ja: In das umgebaute historische Gebäude des einstigen Konsum, demnächst das neue Domizil der Rathaus-Crew, wäre er gerne mit umgezogen. Doch da macht ihm das verdiente Ruhestandseintrittsdatum einen Strich durch die Rechnung.

Wegen der Mutterschaft der Bürgermeisterin blieb Nelles länger

Das Datum hatte Nelles eigentlich schon vor zwei Monaten erreicht. Doch dem Mutterschaftsurlaub seiner Bürgermeisterin Jennifer Meuren zuliebe hat er es bis zum 20. Dezember hinausgeschoben. Der Umbau zum Rathaus jedoch dauert noch, das Pensionistendasein aber wartet nicht mehr länger.

An seinem letzten Arbeitstag werde er „ein Gläschen Sekt trinken, am ersten des Ruhestands ein weiteres“, meint er nur. Und vermutlich mit Beginn der nächsten Motorradsaison wird Nelles, gebürtiger Blankenheimerdorfer, wohl mit Ehefrau Maria in Ruhe die nächste Ausfahrt planen. Maria Nelles arbeitet ebenfalls im Rathaus. Die Fachbereichsleiterin für Gemeindeentwicklung ist dort aber noch einige Zeit länger als ihr Mann. Viel mehr Privates ist Nelles kaum zu entlocken. Sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Nur wenn es gar nicht anders geht.

Der Kanal war auch in Blankenheim das große Thema der 1980er

Ihn kann man dafür gerne fragen, wie es denn damals war, als er am 1. August 1979 als junger Verwaltungsfachangestellter und im Vorbereitungsdienst als Beamter (bis 1984) im Blankenheimer Rathaus seinen Dienst begann? Eingestellt wurde er vom damaligen Gemeindedirektor Hans Henn. „Das größte Problem dieser Jahre war, wie man die Gemeinde ans Kanalnetz kriegt. Bis dahin gab es oft in den Dörfern noch Sickergruben. Oder die Abwässer wurden einfach in den Dorfbach eingeleitet“, so Nelles. Man habe damals zum ersten Mal eine Kanalgebührensatzung erlassen.

Es gab im Rathaus in den 1980er Jahren statt PCs Schreibmaschinen – und die Gemeinde Blankenheim kannte neben viel Geschichte des Kernortes eigentlich nur eines als Konstante: „Schulden. Es war immer klamm.“

Oft prägen die Kleinigkeiten den Alltag im Rathaus

Nelles übernahm ab 1984 verschiedene Aufgaben. Mal bei Liegenschaften, bei öffentlichen Einrichtungen, bei der Personalleitung. Er betreute die Schulen oder den Fremdenverkehr amtlicherseits. Seit 2008 ist er Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters und Kämmerer. Wenige kennen die Verwaltung an der Ahrquelle so gut wie er – und er ist nach den in jüngerer Zeit pensionierten Rolf Heller (Eigenbetrieb Forst) und Alfred Huth (Wasser und Abwasser) der letzte eines Trios erfahrener und lang gedienter Mitarbeiter in Leitungsfunktionen.

Neben der Kanalisation stellt Nelles im Rückblick weitere große Investitionen in der Gemeinde Blankenheim in den Vordergrund. In den 1990er Jahren etwa die Tiefbohrung für das Oberflächenwasser von den Wiesen und Äckern oberhalb des Ortes unter der Ahrstraße in Blankenheim.

Das Abwasserrohr führt vom Kreisverkehr oberhalb des Ortskerns unter der Ahrstraße hindurch, dann in einem Bogen zu einem Tosbecken unterhalb des Weihers und in die Ahr. Ein Jahr dauerten die Arbeiten. Später ließ sich die Gemeinde auch die Straßenentwässerung über die Leitung genehmigen. Das Ergebnis: „Wo früher bei jedem starken Regen die Keller voll liefen, haben wir jetzt Ruhe“, so Nelles.

Nerven behalten, Ruhe bewahren, die Dinge sachlich bearbeiten. Und im Zweifel vor schwierigen Entscheidungen eine Nacht drüber schlafen.
Erwin Nelles

Seinen Alltag im Rathaus hätten allerdings gerade die „tausend Kleinigkeiten“ geprägt, so der Verwaltungsfachmann. Immer habe er sich da gesagt: „Nerven behalten, Ruhe bewahren, die Dinge sachlich bearbeiten. Und im Zweifel vor schwierigen Entscheidungen eine Nacht drüber schlafen.“

Das alles habe sich über die Jahre bewährt, egal, unter welchen Verwaltungschefs Nelles Dienst tat: Gemeindedirektor Hans Henn und der ehrenamtliche Bürgermeister Toni Wolff, danach die hauptamtlichen Bürgermeister Karl-Heinz Gatzen, Rolf Hartmann, jetzt Jennifer Meuren.

Die Finanzen waren immer das Problem in Blankenheim

Die Schwierigkeiten mit den Finanzen blieben immer. Erst als 2005 das NKF – das Neue Kommunale Finanzmanagement – eingeführt wurde, änderte sich das allmählich. Die Eröffnungsbilanz in Blankenheim nach NKF-Regeln wies ein Minus von vier Millionen Euro aus. 2021 und 2022 war die Bilanz positiv. Alle Liquiditätskredite sind bezahlt, die Eigenkapitalquote beträgt dank Forst und Wasserwerken 92 Millionen Euro.

Große Investitionen stehen allerdings an. Nelles geht davon aus, dass sein Nachfolger Robin Poensgen schnell Investitionskredite zur Finanzierung aufnehmen muss. Auf rund 7,5 Millionen Euro schätzt Nelles die nötigen Mittel für die Gemeindeanteile an den Sanierungen der Ortsdurchfahrten in Ripsdorf und Blankenheimerdorf, für den vierzügigen Ausbau der Ahr-Grundschule an den Standorten Blankenheim und Dollendorf oder den Bau des ersten fünfgruppigen Kindergartens in Blankenheim.

Den Stein vom Kölner Dom nimmt Erwin Nelles mit 

Was ihn angesichts dessen hoffen lässt, sind neben den Einnahmen aus Forst und Wasserwerken die aus den Windkraftanlagen auf Gemeindegebiet: „Das sind um die 250.000 Euro pro Jahr, ein warmer Geldregen für die Gemeindekasse.“

Vieles wurde von ihm und den Gemeinderäten – „Respekt vor dem Ehrenamt ist ganz wichtig!“ – angeleiert und beschlossen. Worüber er sich in den Jahrzehnten geärgert habe? „So richtig nie, immer nur ein bisschen“, sagt Nelles und schmunzelt. Stattdessen hat ihn das alles einiges gelehrt: Dass er nie die Anliegen der Dörfer vernachlässigen darf – neue Bürger- und Feuerwehrhäuser oder auch Spielplätze etwa.

Noch wenige Tage, dann wird Erwin Nelles sein kleines Büro an den Nachfolger übergeben. Was er als Erinnerung mitnimmt? Nelles schaut sich suchend um, greift sich ein Stück Stein vom Kölner Dom: die Spitze eines kleinen Zierfilialtürmchens. Das gute Stück, vermutlich aus Stein vom Drachenfels, hatte sein erster Chef, Gemeindedirektor Hans Henn, vor Ort gelassen. Seitdem ist es Nelles' Arbeitsmaskottchen. Jetzt nimmt er es mit.


Der Nachfolger

Der 28-jährige Robin Poensgen aus Nettersheim wird ab dem 2. Januar 2024 Nachfolger von Erwin Nelles als Allgemeiner Vertreter von Bürgermeisterin Jennifer Meuren und Kämmerer der Gemeinde. Seit Juli 2021 ist er Teamleiter Finanzen in der Gemeinde. Von 2014 bis 2017 hat er eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert, danach von 2018 bis 2021 ein Duales Studium zum Gemeindeinspektoranwärter.

Als eines seiner Hobbys gibt Poensgen die Arbeit in der eigenen Holzbauwerkstatt an. Die Führung eines Gemeindehaushalts, dessen ist sich Robin Poensgen durchaus bewusst, kann nicht nur mit Blick auf die Zahlen funktionieren: „Der Gesamtblick ist wichtig.“ Nichts weniger wird von ihm als nach Bürgermeisterin Jennifer Meuren höchstem Vertreter der Gemeinde Blankenheim ab dem 2. Januar erwartet. 

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