250 Helfer und Akteure in 40 Gruppen plus 20 Oldtimer-Schlepper: Der Erntedankzug in Blankenheim-Dollendorf ist ein besonderer Hingucker.
Rollendes FreilichtmuseumSo schön war der Erntedankzug in Dollendorf

Nicht alles ist gespielt: Ihr Handwerk als Hutmacherin hat die Dollendorferin Brigitte Weingartz (l.) gelernt.
Copyright: Stephan Everling
Wenn Dollendorf aus allen Nähten platzt, dann wissen die erfahrenen Eifeler: Der Herbst hat Einzug gehalten. Denn mit einer Zeitreise der besonderen Art lockt alle zwei Jahre die Dorfgemeinschaft viele Besucher in den Ort. Dann geht der historische Erntedankzug durch die Straßen und weckt die Erinnerung daran, wie es einmal in der Eifel zugegangen ist.
Doch es ist nicht so, dass die Dollendorfer alles, was von den Vorfahren noch in den Scheunen zu finden ist, einfach auf Karren setzen und durch den Ort schieben. Wie viel Liebe fürs Detail und Engagement nötig ist, das Publikum immer wieder zum Staunen zu bringen, wird manchmal erst beim genauen Hinsehen deutlich.
Der Erntedankzug in Dollendorf findet alle zwei Jahre statt
Das fängt beispielsweise bei der schweren Handglocke an, mit der sich dieses Mal Bürgermeisterin Jennifer Meuren und Landrat Markus Ramers an die Spitze des Zuges gesetzt haben, um nach alter Rosenmontagsmanier „D'r Zoch kütt“ zu verkünden. „Mit dieser Dorfglocke haben schon mein Großvater und mein Vater geläutet“, sagt Ortsvorsteherin Gisela Caspers, die das altehrwürdige Stück hütet.
Sie organisiert für das Vereinskartell in Dollendorf mit Olaf Klein, Thomas Mastiaux, Marcel Schneider, Tim Teuber und Daniel Krebs den Erntedankzug. Rund 20 Jahre Erfahrung hat sie damit, den Zug auf die Beine zu stellen. „Das ist viel Arbeit, das schafft man nur gemeinsam“, hat sie in all den Jahren gelernt – und jedes Jahr ist all das eben auch nicht zu stemmen. Rund 250 Helfer und Akteure sind an diesem Tag im Einsatz, 40 Gruppen präsentieren sich – und am Ende des Zuges folgen noch 20 Oldtimer-Schlepper.

Echte Dorfrocker fahren mit der Kreidler Florett vor.
Copyright: Stephan Everling

Rübenschnitzel werden mit der alten Maschine produziert.
Copyright: Stephan Everling

Mit der Pferdekutsche wurden die Jungbauern und -bäuerinnen zum Tanz gefahren.
Copyright: Stephan Everling

Viel Aufwand steckt im Erntezug. Eine komplette Wassermühle hat etwa Michael Meuser auf seinen Wagen gebaut.
Copyright: Stephan Everling

Das Mädchen hat sich in den Ziegenkäfig gemogelt.
Copyright: Stephan Everling

Im Gänsemarsch geht's durch Dollendorf.
Copyright: Stephan Everling

In der Feldschmiede produzieren Alfred und Günter Lenzen nach alter Väter Sitte Nägel.
Copyright: Stephan Everling
Auch Maria Schmitz ist seit rund 25 Jahren mit dabei. In diesem Jahr ist sie Mitglied der Küchencrew, die mit einem alten Holzofen auf einem Anhänger durch den Ort gefahren wird. „Wir zeigen den Leuten, wie Apfelmus gekocht wird“, sagt sie. Es mache einfach immer wieder Spaß, bei der Veranstaltung mitzumachen. Kostüme und Werkzeuge, alles atme den Duft der vergangenen Zeiten. Nur den Küchenherd zu stochen, das trauen sie sich nicht. „Das ist uns zu gefährlich, denn es weiß keiner, ob der noch dicht ist“, sagt sie mit einem zweifelnden Blick auf das gute Stück aus Omas Küche.
Vormittags haben die Besucher am Tag des Erntezugs in Dollendorf Zeit, einen Blick auf die Fahrzeuge zu werfen, bevor sich am frühen Nachmittag das rollende Freilichtmuseum in Bewegung setzt. Neben den alten Fahrzeugen und der Kleidung aus vergangenen Zeiten gibt es auch mehrere Gruppen, die die Lebensweisen von damals in Szene setzen. So gibt es nicht nur den Kindergarten anno dazumal, bei dem die Kinder ein dickes Tau als Orientierungshilfe festhalten, sondern auch die Volkstanzgruppe, bei der die jungen Mädchen zu den Klängen von der „Vogelwiese“ bunte Bänder um eine Stange wickeln. Siebenmal halten sie an und führen ihre Choreografie vor – dass der komplette Umzug dafür eine Pause einlegen muss, stört niemanden.
Alte Maschinen sehen wie Miniaturen der heutigen Geräte aus
Zu spannend ist es, die historischen Landmaschinen zu inspizieren, deren Handhabung im Ernteeinsatz von Gruppen in zeitgenössischer Kleidung gezeigt wird. So wecken nicht nur die alten Heuwender, Rübenmühlen oder Kartoffelsortierer Erinnerungen an die einstige Landwirtschaft. Zu sehen sind auch der maschinelle Garbenbinder von 1958 oder der Mähdrescher von 1959, der wie eine Miniaturausgabe der riesigen Maschinen von heute wirkt. Mit der Handspritze aus dem Jahr 1912 ist die Dollendorfer Jugendfeuerwehr unterwegs.
Viel Mühe haben sich die Dollendorfer mit der Gestaltung der vielen Wagen gegeben. Ob es nur ein mobiler Ziegenstall ist, in den sich auch ein Kind geschmuggelt hat, oder gleich eine komplette Wassermühle mit Rad, die Michael Meuser gebaut hat und die geschickt alte und neue Bauteile miteinander verbindet. Genauso viel Aufsehen wie Meusers Kunstwerk erregt im Umzug auch die alte Feldschmiede, die auf einem Anhänger durch den Ort gezogen wird. Hier produzieren Alfred und Günter Lenzen nach alter Väter Sitte Nägel in Handarbeit, mit Hammer und Amboss, das Schmiedefeuer lodert vor sich hin.
Rund eine Stunde dauert es, bis der Erntedankzug sich durch die dicht gedrängt stehenden Zuschauer geschlängelt hat, die von nah und fern nach Dollendorf kommen. Anschließend treffen sich die Menschen auf dem Hof der Grundschule, um gemeinsam zu feiern. „Das ist das größte Fest hier in Dollendorf“, sagt Gisela Caspers stolz mit Blick auf die vielen Besucher.