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Fast eine BauruinieDas sind die Pläne für den ehemaligen Bahnhof in Blankenheim-Wald

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Das Bild zeigt das ehemalige Bahnhofsgebäude. Die Fenster und Türen sind mit Holzplatten zugenagelt.

Das 1913 erbaute Bahnhofsgebäude in Blankenheim-Wald steht nicht unter Denkmalschutz. Es ist eher Symbol für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 20. Jahrhundert.

Im historischen Gebäude in Blankenheim-Wald sollen laut eines potenziellen Investors Cafeteria, Pension und Minimarkt entstehen.

Es ist keine besonders schöne Immobilie, sie steht nicht unter Denkmalschutz, und sie hat denen, die sie bisher kaufen wollten, kein Glück gebracht. Der seit 2009 leerstehende, ehemalige Bahnhof in Blankenheim-Wald ist fast eine Bauruine. Doch jetzt deutet sich erneut eine Wendung an.

Shirko Ghaderpour, der seit sechs Jahren mit seiner Familie in der Gemeinde Blankenheim lebt und bei der Gemeinde beschäftigt ist, will das Gebäude samt Lagerhalle kaufen, sanieren und mit einer Mischnutzung aus Wohnhaus, Bed-and-Breakfast-Pension, Cafeteria und 24-Stunden-SB-Minimarkt für Bahnkunden und Touristen neu beleben. Es ist der nun vierte Versuch, ein Revitalisierungsprojekt an dem alten Objekt umzusetzen.

Fenster und Türen sind mit Holzplatten vernagelt

Shirko Ghaderpour hat die Taschenlampe eingeschaltet und geht durch den kleinen, ehemaligen Diensteingang ins Bahnhofsgebäude. Rundum ist es stockfinster, denn die scheibenlosen Fenster und Türen sind mit Holzplatten vernagelt – sowohl die zur Gebäudevorderseite als auch die zu den ehemaligen Bahnsteigen. Der heutige Bahnhof Blankenheim-Wald wurde vor wenigen Jahren etwa 100 Meter unterhalb des Gebäudes neu eröffnet: Eine Gleisunterführung, überdachte Wartestände, ein Fahrkartenautomat, das war's. Noch nicht mal eine wie auch immer geartete öffentliche Toilette ist vorhanden.

Da braucht auch Shirko Ghaderpour im schwachen Licht seiner Taschenlampe Fantasie, wie es einmal aussehen könnte in dem schieferverkleideten, zweieinhalbgeschossigen Gebäude aus dem Jahre 1913. Er steht da in einer gewissen Tradition. 2014 hatte zuerst Michael Rosemeyer, Geschäftsführer der Interconsult UG aus Brühl, Gespräche mit der Gemeinde Blankenheim geführt, die das Gebäude 2013 gekauft hatte. Er hatte sie nach einem halben Jahr ergebnislos abgebrochen. 2019 stellte der Förderverein Bahnhof Blankenheim-Wald seine Pläne zurück, 2020 ein Investor aus Schmidtheim. Ihm wollte die Gemeinde den alten Bahnhof zum Symbolpreis von einem Euro schenken, doch da war die Kommunalaufsicht vor.

Hoffnungen auf Fördermittel zerschlugen sich

Vor fast genau einem Jahr wurde erneut Michael Rosemeyer vorstellig und spekulierte auf eine mögliche Förderung aus Mitteln des „Rheinischen Revier“-Programms. Doch zum einen hat sich diese   Hoffnung zerschlagen, zum anderen habe Rosemeyer leider keinen Ankermieter gefunden, heißt es von der Gemeindeverwaltung. Shirko Ghaderpour ist also die Nummer fünf.

Das Bild zeigt den potenziellen Investor vor dem Bahnhofsgebäude.

Wird er der Bahnhofsretter von Blankenheim? Shirko Ghaderpour will den seit Jahren leerstehenden alten Bahnhof in Blankenheim-Wald kaufen.

Er bricht die kurze Besichtigungsrunde mit der Taschenlampe im ehemaligen Wartesaal ab. Den alten Kachelofen in der Ecke kann man gerade noch erkennen. Daraus könnte man doch etwas machen. Was genau? Im kleinen Windschutzverschlag vor dem einstigen Dienstboteneingang erklärt er, wie er zum Bahnhofsinvestor werden will.

Ghaderpour ist Hausmeister, Dolmetscher und Alltagshelfer

Vor neun Jahren hatte er als Kurde, der in seinem Heimatland Iran politisch verfolgt wird, in Deutschland erfolgreich Asyl für sich und seine Familie beantragt. Vor sechs Jahren kamen Ghaderpour, seine Frau, die heute neun Jahre alte Tochter und der 19 Jahre alte Sohn, in die Gemeinde Blankenheim. Sie fanden eine Wohnung in Uedelhoven, Shirko Ghaderpour zunächst einen Minijob bei der Verwaltung. Sechs Jahre später ist er angestellt und zuständig als Hausmeister für die Asylbewerberunterkünfte im Gemeindegebiet, fungiert auch häufig als Dolmetscher und Alltagshelfer. „Er ist für mich ein Musterbeispiel für eine gelungene Integration“, sagt Bürgermeisterin Jennifer Meuren.

Ghaderpour hat seiner Chefin vor einigen Monaten nun einen Vorschlag gemacht. Seine Familie und auch er wollen gerne in der Gemeinde bleiben, hier fühlen sie sich wohl. Nun gehe es ihm um ein eigenes Zuhause und eine Perspektive. Kurz: Er wolle den alten Bahnhof kaufen, sanieren und einer neuen Nutzung zuführen.

Öffentliche Toilette ist angedacht

Endlich eine öffentliche Toilette? Ja, sagt der 40-Jährige, er habe da einen Plan: Er zeigt einen von einem Architekten gezeichneten Umbauplan. Konkret geht es um rund 600 Quadratmeter Gebäudefläche inklusive der großen Lagerhalle. Ghaderpour will im Erdgeschoss auf rund 32 Quadratmetern einen Kiosk und Automaten mit Snackgerichten sowie Angeboten eines SB-Minisupermarktes einrichten.

Dort soll auch eine behindertengerechte, öffentliche Toilette installiert werden. Im rechten Teil des Erdgeschosses ist eine kleine Cafeteria mit Sitzplätzen vorgesehen, die Ghaderpours Ehefrau betreiben will. Dieses Nutzungskonzept entspricht dem, was eine Online-Befragung   möglicher Bahnhofsnutzer durch Studenten der Internationalen Hochschule Düsseldorf vor Jahren ergeben hat.

Vier Appartements für Wanderer und Monteure

Über einen separaten Zugang sollen nach Ghaderpours Vorstellung künftig die beiden Obergeschosse erreicht werden, eine Außenleiter wird der erforderliche zusätzliche Fluchtweg sein. Jeweils die Hälfte der Wohnfläche im Ober- und Dachgeschoss wird zu insgesamt vier Appartements umgebaut, sie werden als eine Art Frühstückspension angeboten. Zielgruppen sind Wandernde oder auch Monteure und Handwerker im Außendienst.

Die andere Gebäudehälfte soll das Zuhause der Familie Ghaderpour werden. Die sich anschließende ehemalige Güterlagerhalle der Bahn wird zum Warenlager. Ghaderpour will das Projekt, für das er ein bis zwei Jahre Bauzeit kalkuliert, mit einem Kredit seiner Eltern finanzieren. Kosten sparen werde er, weil er 80 Prozent der Arbeiten zusammen mit seinem Sohn selbst stemmen könne. Nur bei Elektro- und Sanitärarbeiten sollen Fachfirmen beauftragt werden.

Die Gemeinde Blankenheim will dem Investor preislich entgegenkommen

Noch in diesem Jahr soll der Kaufvertrag zwischen ihm und der Gemeinde unterschrieben werden. Man werde Ghaderpour mit einem Preis von deutlich unter 100.000 Euro so weit entgegenkommen, wie es wirtschaftlich für die Gemeinde noch vertretbar sei, betont Meuren und wirkt erleichtert.

Für die bislang vor einem „Lost Place“ eher strandenden als ankommenden Fahrgäste der Bahn und die vor der trostlosen, vernagelten Schieferfassade des alten Bahnhofsgebäudes auf den Anschlussbus Wartenden wäre das eine völlig neue Perspektive. Eine einladende Cafeteria und eine öffentliche Toilette. Hört sich selbstverständlich an, ist es aber am Bahnhof Blankenheim-Wald ja leider – noch – nicht.