Pleite, Corona, BetrugDiese Euskirchener haben bei Urlauben das Pech gepachtet

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Statt im Ferienhaus an der holländischen Küste verbringt Familie Bungenberg ihre freie Zeit im heimischen Garten. Für einen neuen Urlaub fehle der Familie derzeit das Geld.

  • Diese Familie hat das Pech gepachtet: Erst machte die Pleite von Thomas Cook einen Griechenlandurlaub zunichte, dann verhinderte Corona einen Trip in die USA.
  • Versuch Nummer drei: ein Urlaub in den Niederlanden. Doch die vermeintliche Vermieterin des gebuchten Ferienhauses entpuppte sich als Betrügerin.
  • Wie die Abzocke aufgeflogen ist und ob die Bungenbergs Chancen haben, ihr Geld wiederzubekommen.

Euskirchen-Stotzheim – Der Gedanke an Urlaub löst bei Familie Bungenberg aus Stotzheim nur noch Bauchschmerzen aus. Die fünfköpfige Familie hat in den vergangenen Monaten gleich dreimal Pech mit ihren geplanten Reisen.

Die zehntägige Sommerfrische in Griechenland in den Herbstferien 2019 fällt durch die Pleite des Reiseanbieters Thomas Cook ins Wasser. Der zweiwöchige Osterferien-Trip mit dem Wohnmobil durch die USA, den die Familie zwei Jahre geplant hat, scheitert an der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Einreiseverbot, wie die Eltern im Gespräch mit dieser Zeitung berichten. Als wäre das nicht schon schlimm genug, ist die Stotzheimer Familie nun allem Anschein nach auch noch einer Ferienhaus-Betrügerin auf den Leim gegangen.

„Wir wollten in den Sommerferien zehn Tage mit den Kindern nach Breskens an die holländische Küste fahren“, erzählt Mutter Esther Bungenberg sichtlich enttäuscht. Am 23. Juni findet die 40-Jährige bei Ebay-Kleinanzeigen das Inserat eines Ferienhauses, Nummer 1042, im Ferienpark Zeebad von Roompot. Inseriert hat es eine Saskia de Groot.

Geld soll direkt überwiesen werden

Schnell schreibt die Mutter, wie sie erzählt, die Frau an, ob das Ferienhaus im Juli noch für die fünfköpfige Familie verfügbar ist. „Seit neun Jahren fahren wir schon in diesen Park. Das ist wie unser zweites Zuhause“, so Bungenberg. Kontakt mit der vermeintlichen Vermieterin nimmt die Stotzheimerin über eine private Internetseite auf, die in dem Inserat verlinkt ist. Wenige Tage später erhält die Familie schon die Buchungsbestätigung. Das Geld, 1705 Euro, soll direkt überwiesen werden, da die Reise bereits gut zwei Wochen nach der Buchungsanfrage starten soll.

„Wir fanden das alles schlüssig. Wir haben das Haus auf den Fotos gleich erkannt. Außerdem fanden wir es gut, dass man das Geld zurückbekommen sollte, wenn ein Familienmitglied sich mit Corona infizieren oder die Einreise nach Holland am Reisedatum nicht möglich sein sollte“, schildert Familienvater Philipp Bungenberg, der das Geld sofort überwiesen hat.

Expertentipps: Anbieter prüfen und Vorkasse vermeiden

Fake-Seiten wie die, auf die Familie Bungenberg bei der Buchung des Ferienhauses hereingefallen ist, seien immer professioneller geworden, sagt Oliver Buttler, Leiter der Abteilung Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Per Baukasten-System können Betrüger heutzutage relativ schnell eine Internetseite aufsetzen, die den originalen sehr ähnlich sieht – mit guten Fotos und perfekter Sprache“, so der Experte.

„Diese Masche ist ein Phänomen, das wir insbesondere zu Ferienzeiten feststellen, wenn Urlauber bei Ankunft bemerken, dass die angebliche Unterkunft beispielsweise nicht existiert“, bestätigt auch André Faßbender, Sprecher des Landeskriminalamtes NRW. Zahlen zu den angezeigten Fällen gebe es keine, da der Ferienhausbetrug nicht explizit in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werde.

Betroffen sind laut Verbraucherzentrale nicht nur die Tourismusbranche, auch Verbraucher, die im Internet Elektronikgeräte oder Mode kaufen, könnten auf Fake-Shops hereinfallen. Buttler empfiehlt, bei der Buchung von Reisen die Anbieter zu googeln und Erfahrungsberichte zu lesen. Auch die Adresse eines Ferienhauses sollten Verbraucher auf jeden Fall vor der Buchung im Internet überprüfen: „Wenn da etwa steht, das Ferienhaus befinde sich an einem Weinberg, im Internet ist aber weit und breit keiner zu sehen, ist das ein Hinweis auf einen unseriösen Anbieter“, weiß Buttler.

Seriöse Vermieter gäben in der Regel auch eine Telefonnummer an. Auch Zertifikate, die auf die Seriosität von Internetseiten hinweisen, sollten Verbraucher zwingend nachprüfen.

Ein weiterer Tipp bei Urlaubsbuchungen über Privatanbieter sei, sich mit dem Vermieter zu einigen, keine Vorkasse leisten zu müssen oder nur einen geringen Teil, um den eventuellen Schaden zu begrenzen. Dies empfiehlt auch das LKA. Hinter den Betrügern steckten oftmals nicht nur Privatleute, sondern Banden, so Buttler: „Das Ganze hat Dimensionen angenommen, die es vor einigen Jahren so nicht gab.“ Der Geschäftszweig habe sich den Gegebenheiten angepasst, bis zu der Tatsache, dass Fake-Seiten sogar eigene Werbung schalteten. Bei einem Betrugsverdacht sollte immer die Hausbank und die Polizei kontaktiert werden. (smh)

Es ist nicht das erste Mal, dass die Familie ein Ferienhaus im Park über einen privaten Anbieter gebucht hat. Zudem sei der Preis via Inserat von Ebay-Kleinanzeigen oft günstiger als über die offizielle Seite des Parks, so Esther Bungenberg. Trotz der Vorfreude ist die 40-Jährige zwei Tage nach der Überweisung stutzig geworden: „Das schien alles zu schön, um wahr zu sein. Irgendwie hatte ich plötzlich ein ungutes Gefühl.“

Um sicher zu gehen, dass wenigstens dieser Urlaub wirklich wie geplant stattfindet, bittet sie ihre Schwägerin, das Haus für denselben Buchungszeitraum anzufragen. Als diese noch am selben Tag ebenfalls eine Bestätigung der angeblichen Vermieterin erhält, geht Familie Bungenberg ein Licht auf: Da muss etwas faul sein.

Angebliche Vermieterin reagiert nicht mehr

Die Internetseite, über die die Familie gebucht hat, ist mittlerweile nicht mehr aufrufbar. Zudem ist die vermeintliche Vermieterin nicht die Eigentümerin des Hauses. Das haben die Stotzheimer im Nachhinein aus dem Ferienpark erfahren. Gebucht werden könne das Haus zudem nur über die offizielle Seite des Parks. Auf Nachrichten der Familie hat die angebliche Vermieterin seit ihrer E-Mail, in der sie sich für den Eingang der Überweisung bedankt hat, nicht mehr geantwortet. Eine Telefonnummer haben die Bungenbergs nicht. Das Inserat bei Ebay ist inzwischen deaktiviert.

Noch am selben Tag, an dem der Betrug aufgefallen ist, es ist ein Sonntag, versucht die Familie, die Überweisung der 1705 Euro rückgängig zu machen. Die hat sie am vorherigen Freitag in Auftrag gegeben. Doch sowohl die Hausbank der Familie als auch die Empfängerbank hätten sie im Stich gelassen. „Unsere Bank sagt, wir hätten das Geld ja bewusst überwiesen, da könne man nichts machen. Die Empfängerbank hat uns gesagt, sie sei verpflichtet, Zahlungen auszuführen“, berichtet Philipp Bungenberg.

Geld ist wohl weg

Die Familie hat in den vergangenen Monaten nicht nur auf drei Urlaube verzichten müssen, auch finanziell sei nun nach den Reinfällen kein Urlaub mehr drin. Von dem geplanten Griechenlandurlaub hat die Familie nach eigenen Angaben erst 17,5 Prozent der Reisekosten zurückerstattet bekommen. Auch auf die Rückerstattung der Flugkosten des geplanten USA-Urlaubs warte die Familie noch.

Ob sie die 1705 Euro von der Ferienhausbuchung zurückbekommen, wissen die Eltern noch nicht. Sowohl die Polizei als auch ihr Anwalt hätten ihnen bislang wenig Hoffnung gemacht. Die Euskirchener Polizei bestätigt auf Anfrage, dass eine Anzeige der Familie vorliegt. Zu den laufenden Ermittlungen könne sie nichts sagen.

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„Was nützt es uns, wenn wir hier rumsitzen und nur traurig sind? Wir haben uns entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, um andere Familien zu warnen, damit sie nicht auf die gleiche Masche hereinfallen wie wir“, so Esther Bungenberg. Auf Facebook hat die Mutter mittlerweile eine weitere Familie gefunden, die auf die Betrügerin hereingefallen ist.

Mit den Kindern, Tim (17), Nils (15) und Lea (10) macht sich das Ehepaar die freien Tage zu Hause so schön wie möglich. Immerhin haben die Bungenbergs einen Garten mit Pool. Das stimmt auch die Zehnjährige etwas positiver, auch wenn sie einräumt: „Ich bin sehr traurig, dass wir nicht in Urlaub fahren konnten. Wir waren schon so lange nicht mehr weg.“ In Zukunft will die Familie Urlaubsanzeigen besser prüfen und keine Reisen mehr lange im Voraus planen. Dafür ist die Vorfreude in letzter Zeit zu oft in Enttäuschung umgeschlagen.

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