Von Behörden enttäuschtSo verteidigte eine Euskirchenerin die Heimat der Waldohreulen

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Die Jäger der Nacht, hier eine ausgewachsene Waldohreule, fühlen sich in einigen Palmersheimer Gärten wohl.

Die Jäger der Nacht, hier eine ausgewachsene Waldohreule, fühlen sich in einigen Palmersheimer Gärten wohl.

Euskirchen-Palmersheim – Tagsüber sitzen sie gerne hoch oben in einem großen Haselstrauch. Dort sind die vier jungen Waldohreulen geschützt vor Greifvögeln wie dem Sperber, der in dieser Gegend sein Revier hat. Sobald es dunkel wird, beginnen die Eltern mit der Nahrungssuche. Die Jungtiere signalisieren mit ihrem typischen Fiepen, dass sie Hunger haben.

Andrea Lübke kann nicht genug kriegen von dem putzigen Quartett in ihrem Garten. Immer wieder beobachtet sie die Eulenfamilie, macht Bilder mit ihrer Spiegelreflexkamera. „Hier leben alle möglichen Vögel – Zaunkönig, Grünspecht, der Sperber. Am Himmel sieht man oft einen Rotmilan. Waldohreulen in freier Natur habe ich hier aber zum ersten Mal gesehen“, erzählt die Palmersheimerin.

Arbeiten im Garten

Umso entsetzter war sie, als ihr Nachbar ihr kürzlich eröffnete, er habe eine Gartenbaufirma für einen Großeinsatz engagiert, um auf seinem Grundstück Ordnung schaffen zu lassen. Der Garten des Mannes habe sich in den zurückliegenden Jahren zu einer regelrechten Wildnis entwickelt, sagt Lübke. Grundsätzlich sei sie froh darüber, dass der dichte Bewuchs gelichtet werden solle – „aber doch nicht jetzt, mitten in der Schonzeit!“

Sie habe ihren Nachbarn daran erinnert, dass radikale Gehölzschnittarbeiten nach dem Naturschutzgesetz in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September verboten seien. Mit dieser Regelung sollen unter anderem Vögel geschützt werden, die brüten oder Junge aufziehen – „also auch die Waldohreulen, die sich oft im Garten nebenan aufhalten“, so die Tierfreundin.

Privates Feuerwerk abgebrannt

Wenige Tage nach dem Arbeitseinsatz im Nachbargarten ärgerte sich Andrea Lübke massiv, diesmal über ein privates Feuerwerk, das zum wiederholten Mal auf einem Gelände am Palmersheimer Ortsrand abgebrannt worden sei.

Die Eulenkinder seien dadurch regelrecht in Panik versetzt worden, auch viele andere Tiere hätten unter dem Krach sehr gelitten. „Wie kann es sein, dass so etwas während der Brutzeit genehmigt wird?“, fragt die Naturfreundin. Silke Winter, Pressesprecherin der Stadt Euskirchen, erklärte auf Anfrage, dass der Veranstalter des besagten Feuerwerks ein zugelassener und professioneller Feuerwerker sei. Als „Inhaber einer allgemeinen Erlaubnis zum Abbrennen von Feuerwerk“ müsse er ein Feuerwerk beim Ordnungsamt lediglich anzeigen. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen. Die Stadtverwaltung habe weitere Behörden über die Anzeige des Feuerwerks in Kenntnis gesetzt, unter anderem das Regionalforstamt.

Die Aufsicht über professionelle Feuerwerker, so Winter weiter, werde von der Bezirksregierung Köln ausgeübt. Mit ihr und mit dem Regionalforstamt werde man die Angelegenheit jetzt noch einmal erörtern, um grundsätzlich zu prüfen, ob der Abbrennplatz in Palmersheim geeignet sei. (ejb)

Er habe aber darauf beharrt, die Firma anrücken zu lassen. Auf Anraten des Natuschutzbundes (Nabu), den die Palmersheimerin in ihrer Not kontaktiert hatte, wollte sie sich an die Untere Naturschutzbehörde (UNB) wenden, die beim Kreis Euskirchen angesiedelt ist. Doch als die Mitarbeiter des Gartenbauunternehmens am nächsten Morgen loslegen wollten, war in der Behörde noch niemand zu erreichen.

Andrea Lübke wies deshalb die Arbeiter auf die Eulenfamilie hin – und darauf, dass größere Gehölzschnittarbeiten momentan untersagt sind. „Man sollte im Übrigen meinen, dass eine Fachfirma so etwas auch selber weiß.“ Wie auch immer: Nach Rücksprache mit dem Chef habe ein Mitarbeiter erklärt, dass der Einsatz im Garten hinter dem Haus verschoben werde.

Der Eulen-Nachwuchs thront auf dem Baum.

Der Eulen-Nachwuchs thront auf dem Baum.

Dafür machte sich die Firma aber im Vorgarten ans Werk. Sie beseitigte Sträucher und anderen Bewuchs, „ohne die Gehölze auf mögliche Nester zu prüfen, soweit ich das beobachten konnte,“ berichtet Lübke. Wieder rief sie die Naturschutzbehörde an. Doch von ihr sei sie „allein an die Front geschickt“ worden, wie die Palmersheimerin es formuliert. „Ich solle mit den Leuten reden, hat man mir geraten. Man könne der Firma ja nicht verbieten, ihre Arbeit zu tun.“

Von behördlicher Unterstützung im Sinne der Natur könne keine Rede sein. „Das hatte ich mir anders vorgestellt“, resümiert Lübke. „Warum guckt sich die Behörde das nicht vor Ort an, wenn offenkundig gegen die Vorschriften verstoßen wird?“ Der Pressesprecher des Kreises Euskirchen, Wolfgang Andres, bekräftigte auf Anfrage, dass es zum Schutz von Brutvögeln und anderen Tierarten in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September verboten ist, Gehölze „abzuschneiden oder gar zu beseitigen“.

Radikale Gehölzschnitte abgewendet

In einem ersten Telefonat mit Andrea Lübke habe eine Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde der Palmersheimerin angeboten, behördlicherseits einzuschreiten, falls die Appelle an den Nachbarn und die Gartenbaufirma fruchtlos bleiben sollten. Dies sei aber dank des Gesprächs nicht nötig gewesen. Überhaupt habe seine Kollegin, so Andres, das Geschehen bis zu diesem Zeitpunkt als durchaus positiv bewertet, da der radikale Gehölzschnitt ja abgewendet worden sei.

Als Lübke dann den Einsatz im Vorgarten gemeldet habe, habe die UNB-Mitarbeiterin „nicht heraushören können, dass die betroffenen Gehölze von artenschutzrechtlicher Relevanz sein könnten“. Vielmehr habe sie den Eindruck gehabt, es gehe „um Grundsätzliches in Bezug auf die Entfernung von Gehölzen“.

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Falls die Palmersheimerin nun den Verdacht hege, die Firma habe Nester zerstört, oder dies sogar nachweisen könne, „wird sie darum gebeten, bei der UNB Anzeige zu erstatten“, so der Pressesprecher. „Wie soll ich das denn beweisen können? Der Grünschnitt ist doch längst abtransportiert“, entgegnet Lübke.

Sie sei fassungslos über so viel Ignoranz. Mit Blick auf einen weiteren Zwischenfall (siehe „Privates Feuerwerk abgebrannt“) fügt sie hinzu: „Es wäre sehr schade, wenn Tiere wie die Waldohreulen durch die Rücksichtslosigkeit einiger Anwohner und die Gleichgültigkeit der Behörden aus unseren Gärten vertrieben würden.“

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