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MeistertitelBilliger Showtanzgruppe High Energy hütet Geheimnis – 681 Kilometer an einem Tag

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Die Showtanzgruppe High Engery aus Billig bereitet sich in der Heinz-Gerlach-Halle in Bad Münstereifel auf die neue Session vor.

Die Showtanzgruppe High Engery aus Billig bereitet sich in der Heinz-Gerlach-Halle in Bad Münstereifel auf die neue Session vor.

Die Showtanzgruppe High Energy aus Billig trainiert für die kommende Session in Bad Münstereifel. Das Motto wird noch nicht verraten.

Geht es nach einem ungeschriebenen Gesetz, werden Sommer-Bikini-Figuren im Winter gemacht. Geht es nach dem ungeschriebenen Gesetz von Showtanzgruppen, werden im Sommer die Grundlagen für die Erfolge im Winter gelegt. Eine dieser Showtanzgruppen kommt aus Billig und hört auf den Namen „High Energy“.

Die Tänzerinnen und Tänzer um Trainerin Jana Madré sind amtierende deutsche Vize-Meister im Showtanzen – und wollen sich in diesem Jahr wieder die Krone der Showtanzgruppen aufsetzen. Ein Kunststück, das ihnen bereits mehrfach gelungen ist. Zudem wurde die Truppe von den Leserinnen und Leser dieser Zeitung zur Mannschaft des Jahres 2024 gewählt.

Alles neu vor der Session bei High Energy

An eventuelle Titel in ein paar Monaten denkt das Team von High Energy (noch) nicht. Gerade geht es um ganz andere Dinge: neue Schritt-Kombinationen, neue Choreografien, neue Hebefiguren, neue Kostüme. Und darum, dass das neue Motto nicht an die Öffentlichkeit dringt. Das wird in Billig so gehütet wie die Rezeptur von Coca-Cola.

Auch beim Besuch des Trainings in der Heinz-Gerlach-Halle in Bad Münstereifel wird über das Motto kein Wort verloren. Lediglich ein Lied, zu dem in der neuen Session bei den mehr als 70 Auftritten getanzt werden soll, wird verraten: Freed from Desire. Ein Song mit Ohrwurmgarantie, ein Song, der zum Mitsingen animiert. „Uns ist wichtig, dass das Publikum den Tanz genauso lebt, liebt und fühlt, wie wir das tun“, sagt Trainerin Madré, die mit Nathalie Pützer und Rebecca Kraus das Team betreut. Im Hintergrund unterstützt auch noch Clara Steeg, die ihre aktive Karriere bei High Energy beendet hat.

Das Bild zeigt die Trainerin, wie sie tanzt.

Trainerin Jana Madré macht die neue Choreografie vor.

Das Bild zeigt zahlreiche Taschen, Schuhe und Trinkflaschen.

Organisiertes Chaos herrscht bei den privaten Utensilien.

Viele der Schritte und Armbewegungen, die letztlich die Choreografie ergeben, entstehen bei Madrés zu Hause. Manchmal träume sie sogar vom Showtanz und möglichen Elementen fürs eigene Team. Bis vor einigen Jahren war die 35-Jährige vor allem eins: Tänzerin. Dann wurde Madré Mutter, und so sehr sie ihre neue Rolle auch liebte, so sehr vermisste sie es, auf der Bühne zu stehen. Seit 2020 ist sie nun Trainerin von High Energy – und teilweise auch noch Springerin, falls mal jemand ausfällt. Im Moment konzentriert sie sich aber voll auf die Vorbereitung des Teams für die kommende Session.

Von der ursprünglichen Mannschaft, die sich unter dem Kommando von Petra Ludes von Titel zu Titel tanzte, sind noch 13 Tänzerinnen und Tänzer übrig. Das sei auch ein Grund gewesen, warum man in der vergangenen Session nicht nur auf den Karnevalsbühnen, sondern auch auf den Wettkampfbühnen stehen wollte. Bei einer Herren- oder Damensitzung zu tanzen, sei etwas ganz anderes als vor einer Jury bei einer Landesmeisterschaft, ganz zu schweigen von der deutschen Meisterschaft, berichtet die Trainerin.

Die Jury achtet auf jede Kleinigkeit, auf die Ausstrahlung, einfach auf alles.
Jana Madré, Trainer von High Energy

„Die Jury achtet auf jede Kleinigkeit, auf die Ausstrahlung, einfach auf alles“, erklärt die 35-Jährige: „Da macht es einen Unterschied, ob die Daumen in der Faust sind oder außen oder wie weit die Finger voneinander abstehen.“ Zudem seien die Vorgaben für Einmarsch, Haupttanz und Ausmarsch viel strenger. Entsprechend erarbeite man sich gerade verschiedene Tänze: Einmarsch, Haupttanz, Ausgaben, Zugaben. Und dann noch die gekürzten Varianten für die Meisterschaft.

28 Tänzerinnen und Tänzer stehen pro Auftritt auf der Bühne – hinzukommt eine Sängerin, die bei der Zugabe live zum Mikrofon greift. Das Team ist aber fast doppelt so groß. Praktisch jede Position ist doppelt besetzt, um die Strapazen oder auch krankheitsbedingte Ausfälle kompensieren zu können.

Blaue Augen und gebrochene Nasen gehören zum Berufsrisiko

„Blaue Augen, gebrochene Nasen oder auch mal ein verstauchtes Handgelenk gehören zum Berufsrisiko“, sagt die Vortänzerin. Vor allem bei denen, die sich nach den Hebefiguren aus luftiger Höhe in die Arme ihrer Teamkolleginnen fallen lassen oder eben diese auffangen.

High Energy trainiert seit Jahren in der Heinz-Gerlach-Halle in Bad Münstereifel. Die Halle habe sich als Trainingsort etabliert und vor allem bewährt. „Wir haben das ganze Jahr über unsere festen Zeiten“, berichtet Madré. Ihr Team komme längst nicht mehr nur aus Billig und der näheren Umgebung. Diese Zeiten seien vorbei. Eine Tänzerin kommt mehrmals die Woche aus Königswinter in die Kurstadt, um neue Schritte und Choreografien zu üben.

Das Bild zeigt, wie zwei Hebefiguren aufgelöst werden. Zwei Tänzerinnen springen in die Arme ihrer Mannschaftskollegen.

In der Heinz-Gerlach-Halle werden auch neue Hebefiguren geprobt.

Das Bild zeigt ein Teil der Tänzerinnen beim Training.

Ausdruck – am besten synchron: High Energy will die deutsche Meisterschaft gewinnen.

„Der Zusammenhalt ist echt total schön. Die Truppe ist ein echtes Team“, sagt die Trainerin, die lernen musste, eine Trainerin zu sein: „Man muss seinen Stil finden. Und man muss auch schon mal Entscheidungen treffen, die hart sind.“

Dazu gehöre nicht nur ein Gespräch, wenn die drei Wochen Probetanzen vorbei sind und es aus Sicht der Trainerin mit dem potenziellen neuen Teammitglied doch nicht passt. Dazu gehört auch, die richtige Tänzerin für die richtige Position für den Tanz um die Meisterschaft zu finden. Denn da dürfen eben nur 28 auf der Bühne stehen – und da jede Position praktisch doppelt besetzt ist, herrscht durchaus Konkurrenzkampf.

Erste Landesmeisterschaft am 21. September – dann mit neuem Motto

„Ich habe schon das Los entscheiden lassen, weil beide absolut gleich gut waren und ich mich nicht entscheiden konnte“, berichtet die Trainerin, die sich aktuell mit ihrem High-Energy-Team auf den ersten Auftritt Anfang September vorbereitet. Das Motto wird dann Ende August mit dem entsprechenden Fotoshooting präsentiert.

Am 21. September wird es dann erstmals ernst. Dann findet die erste Landesmeisterschaft statt. Und wenige Tage später steht dann ein weiterer Höhepunkt an. Der SV Rot-Weiß Billig, also der Heimatverein von High Energy, wird am 27. September 100 Jahre alt. Klar, dass da auch ein Auftritt der erfolgreichsten Mannschaft des Vereins nicht fehlen darf. Gegen 22 Uhr wird die Showtanzgruppe auf der Bühne stehen.

Die jüngste Tänzerin ist derzeit 17 Jahre alt. Bei richtig späten Auftritten kommt dem Team da die Doppelbesetzung der Positionen zugute, aber es gibt auch eine Absicherung durch eine Art „Mutterpass“, den praktisch alle anderen Teammitglieder erfüllen. Die älteste Tänzerin von High Energy ist aktuell 41 Jahre alt.

„Natürlich gibt es bei 54 Aktiven schon mal Grüppchen, die sich unterhalten. Von Grüppchenbildung sind wir aber weit entfernt. Das Team steht bei allen immer an erster Stelle, und jeder kann mit jedem“, so die 35-Jährige, die mit ihrem Team im vergangenen Jahr 264 Trainingsstunden absolvierte – und an einem einzigen Auftrittstag für fünf Auftritte während der abgelaufenen Session mit dem Bus stolze 680 Kilometer zurücklegte.


Die Erfolge von High Energy

Erstmals deutscher Meister im Showtanz wurde High Energy aus Billig in der Session 2008/09 mit dem Motto „Let's Rock“. Ein Jahr später verteidigte das Team von Petra Ludes seinen Titel mit „Disco“.

Den Hattrick perfekt machte High Energy mit „In the Air“ in der Session 2010/11. Das war aber nicht der letzte große Erfolg der Showtanztruppe, die in der Session 2013/14 mit „Love Revolution“ erneut ganz oben auf dem Podest stand.

Gleiches schafften sie in den beiden kommenden Jahren mit „Police Academy“ und „Zirkus High Energy“. In den Karnevalssessionen 2012/13 und 2024/25 belegte High Energy bei der deutschen Meisterschaft jeweils den zweiten Platz.