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Interview mit Karsten Kochems„Ich möchte nicht als Ja-Sager in Erinnerung bleiben“

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Seit dieser Saison ist Karsten Kochems Cheftrainer beim Landesligisten SC Erftstadt-Lechenich.

Erftstadt-Lechenich – Obwohl er erst seit wenigen Wochen im Amt ist, hat Erftstadts neuer Cheftrainer Karsten Kochems seinen ersten Titel (Kreispokalsieger) schon in der Tasche. Im Interview spricht der 41-Jährige über das Verhältnis zu seinem Vorgänger Paul Esser, seinen Umgang mit der Mannschaft und seine sportlichen Ambitionen.

Wie lief es nach dem gewonnenen Finale gegen Bessenich?

Wir alle haben den Pokalsieg sehr genossen und feucht-fröhlich bis in die späten Abendstunden hinein bei uns auf dem Platz gefeiert.

Sie haben ihre Aufgabe erst vor kurzem angetreten. Es gibt schlechtere Einstiege, oder?

Absolut. Am Sonntagabend war die Freude zwar riesengroß, doch erst am Montag, als ich die vielen Glückwünsche von ehemaligen Mitspielern auf meinem Handy gesehen habe, habe ich realisiert, was wir da eigentlich geschafft haben.

Wie fällt ihr Fazit nach dem Ende der Saisonvorbereitung aus?

Durchweg positiv. Wir haben die Trainingsintensität von drei auf vier Einheiten pro Woche erhöht, die Beteiligung war konstant hoch und auch die Neuzugänge haben hervorragend mitgezogen. Auch das Trainingslager, das wir freitags und samstags bei uns im Hennes-Weisweiler-Sportpark durchgeführt haben, verlief sehr gut.

Ihr Vorgänger Paul Esser ist im Verein eine Legende. Wie groß ist der Druck, in seine Fußstapfen zu treten?

Natürlich war mir von Anfang an bewusst, von wem ich das Team übernehme. Doch der Verein ist auf mich zugekommen und hat mir signalisiert, dass sie mich als Wunschlösung ansehen. Ich hatte sofort Bock auf die Aufgabe, denn so einen Job in der Landesliga bekommt nicht jeder. Zudem ist es für mich leichter, da ich zuvor lange Zeit als Spieler und danach vier Jahre als Co-Trainer an Pauls Seite war und die Abläufe bei der Germania gut kenne.

Worin besteht der Unterschied zwischen dem Trainer Paul Esser und dem Trainer Karsten Kochems?

Ich glaube, dass er gar nicht so groß ist. Natürlich verfügt er über mehr Erfahrung, aber ich habe mir in Sachen Menschenführung viel bei ihm abgeguckt. Wir versuchen beide, eng mit den Führungsspielern zusammenzuarbeiten und in die Mannschaft hineinzuhören, um dann entsprechend zu reagieren. Am Spielfeldrand sind wir ähnlich emotional.

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Damals Mitspieler, heute Trainer und Co-Trainer: Karsten Kochems (l.) und Sven Allinger.

Stichwort Emotionalität: Nach einem Platzverweis im Halbfinale waren sie für das Endspiel gesperrt und durften nicht in den Innenraum. Muss sich ihr Assistent Sven Allinger daran gewöhnen, als Coach am Spielfeldrand alleine zu stehen?

Da muss er sich keine Sorgen machen. Ich mag zwar ein impulsiver Typ sein, aber ich bin zuvor noch nie vom Platz geflogen. Mein Verhältnis zu den Unparteiischen ist immer ganz in Ordnung gewesen. Du findest keinen Schiedsrichter, der nach Erftstadt fährt und denkt: Oh Gott, da steht ja der Kochems an der Seitenlinie! Gegen Weilerswist war die Stimmung aufgeheizt, das wird eine Ausnahme bleiben. Laut werde ich nur dann hin und wieder, wenn ich mit meinen Spielern rede.

Können alle Personen im Umfeld mit ihrer direkten Art gut umgehen?

Ich äußere mich gerne kritisch, bin eine ehrliche Haut und deshalb gewiss nicht Everybody´s Darling. Es gibt sicher auch welche, dir mir in den nächsten Monaten keinen Erfolg wünschen. Doch ich stelle mich dieser Herausforderung, weil ich in meinem Leben immer gerne Verantwortung getragen habe.

Paul Esser hat den aktuellen Kader geplant und ist nach wie vor Teammanager. Befürchten sie nicht, dass er ihnen in ihre Arbeit reinredet?

Überhaupt nicht. Er hat mir seine Hilfe angeboten, falls es erforderlich sein sollte. Ich habe auch schon das eine oder andere nachgefragt, als ich es für notwendig erachtet habe. Aber es ist nicht der Fall, dass er zum Training kommt und mir sagt: Das musst du jetzt so oder so machen.

Trotzdem befinden sie sich in einem engen Austausch miteinander.

Wir telefonieren beinahe täglich miteinander, weil wir beide im Verein sehr aktiv und miteinander befreundet sind. Meistens geht es natürlich um den Fußball und montags dauert so ein Gespräch auch schon mal eine Stunde. Paul kennt mich seit meiner Geburt. Schon mein Vater Franz-Josef, der zehn Jahre älter ist als er, hat unter ihm als Trainer beim VfB Erftstadt im Tor gestanden.

Kommen wir zur aktuellen Saison: Was ist mit der Mannschaft möglich?

Wir haben ein neues Trainerteam und viele neue Spieler, die uns weiterhelfen werden, aber integriert werden müssen. Wenn wir unter die ersten sechs Teams kommen, wäre das für uns ein Riesenerfolg.

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Welche Art von Fußball schwebt ihnen vor?

Offensiv ausgerichtet, gerne mit viel Ballbesitz und spielerischer Dominanz. Das heißt aber nicht, dass wir gegen stärkere Gegner nicht auch mal abwarten und auf Umschaltmomente lauern. Entscheidend ist ohnehin, dass wir körperlich topfit in die Saison gehen und 80, 85 Minuten Vollgas geben können.

Was soll in 20 Jahren über den Trainer Kochems beim SC Germania Erftstadt-Lechenich gesagt werden?

„Erfolgreich“ wäre schon mal ein Anfang, und damit muss nicht zwingend ein Aufstieg verbunden sein. Ich möchte die Mannschaft und den Verein weiterbringen und dafür sorgen, dass während meiner Zeit etwas Nachhaltiges entstanden ist, zum Beispiel die dauerhafte Förderung der Nachwuchsleute, und meinem Naturell entsprechend handeln. Ich will auf jeden Fall nicht als Ja-Sager in Erinnerung bleiben.