Interview mit Salih Yavuz von Türk Gencligi„Wir distanzieren uns von dem Geschehenen“

Lesezeit 3 Minuten
Eine Spielszene aus dem Spiel Euskirchen Türk Gencligi gegen Bliesheimer BC.

Zurück nach der Zwangspause: Euskirchen Türk Gencligi will sich rehabilitieren.

Nach einem Jahr Zwangspause darf Euskirchen Türk Gencligi wieder am Spielbetrieb in der Fußball-Kreisliga teilnehmen. Der Trainer im Gespräch.

Euskirchen Türk Gencligi stand in den vergangenen Monaten immer wieder – auch öffentlich – in der Kritik. Vom Seniorenspielbetrieb war der Verein in der vergangenen Saison im Mai 2022 nach dem Flaschenwurf des Ex-Vorsitzenden auf einen Schiedsrichter im Pokalspiel gegen den TuS Zülpich ausgeschlossen worden. Doch der Verein will den Neuanfang. Einer, der dazu beitragen will, dass alles besser wird, ist der neue Trainer des C-Kreisligisten, Salih Yavuz (29).

Herr Yavuz, stellen Sie sich bitte kurz vor.

Salih Yavuz: Das Trainerteam setzt sich zusammen aus mir und Ismail Gündogan. Ich habe bereits zu Kreisliga-A-Zeiten vor mehreren Jahren im Verein gespielt und wurde im Zeitraum der Umstrukturierung im Verein angesprochen, ob ich die Mannschaft übernehmen möchte. Zwischenzeitlich war ich, nach dem Absolvieren des Trainerlehrgangs, als Trainer bei den Vereinen Oberahr-Lommersdorf-Mülheim, Bessenich und Firmenich tätig und konnte erste Erfahrungen sammeln.

Warum Euskirchen Türk Gencligi?

Der neu gewählte Vorstand konnte mich von seinen Ideen überzeugen, sodass wir den Versuch wagten, das Projekt Türk Gencligi neu zu starten. Hier spielt es eine große Rolle, dass der Verein den Fokus darauf legt, wieder ein positives Erscheinungsbild abzugeben, und sich ganz klar von Gewalt jeglicher Art im Sport distanziert. Sonst hätte ich auch nicht zugesagt.

Die sportlichen Erwartungen oder ein möglicher Aufstieg stehen an zweiter Stelle.
Salih Yavuz

Welche Erwartungen haben Sie?

Die sportlichen Erwartungen oder ein möglicher Aufstieg stehen an zweiter Stelle. Der komplette Verein hat sich umgestellt. Sowohl der Vorstand als auch die Spieler sind alle neu. Es gibt keinen Spieler mehr aus der Kreisliga-B-Mannschaft der vergangenen Jahre. Wir distanzieren uns von dem Geschehenen und möchten einen Neustart erzielen – und es besser machen als in der Vergangenheit. Der Fair-Play-Gedanke und der Spaß am gemeinsamen Fußballspielen stehen im Vordergrund. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die mit Respekt gegenüber den Schiedsrichtern und Gegnern auftritt. Dies ist für mich persönlich am wichtigsten. Der sportliche Erfolg kann zusätzlich dazukommen, was uns natürlich freuen würde.

Warum gab es eigentlich die Probleme aus Ihrer Sicht?

Dass der Verein nicht im positiven Fokus stand, ist ganz klar. Hierfür gab es in der Vergangenheit meiner Meinung nach verschiedene Gründe. Frustrationstoleranz, Selbstkontrolle, aber auch rassistische Äußerungen oder nicht vorhandene Toleranz könnten hierbei eine Rolle gespielt haben. Egal, was es war: Ich kann definitiv keine Begründung liefern und werde eine Verharmlosung der Geschehnisse nicht befürworten.

Ich fände es schön, wenn die Menschen unvoreingenommen unserem Verein gegenüberstehen.
Salih Yavuz

Wie lässt sich das künftig verhindern?

Wir müssen in einen gemeinsamen Dialog treten und dem Motto „Kein Platz für Rassismus“ folgen und Respekt im Amateurfußball zeigen. Nur so kann eine gewinnbringende Teilhabe am Sport gewährleistet werden. Die Fußballkreis-Vorsitzende Doris Mager leistet hier gute Arbeit und sucht aktiv den Austausch zu den Vereinen.

Es gibt Schiedsrichter, die nicht mehr pfeifen wollen, wenn Türk Gencligi spielt.

Ich fände es schön, wenn die Menschen unvoreingenommen unserem Verein gegenüberstehen und sich ein eigenes Bild zur neuen Saison machen würden. Ich gehe fest davon aus, dass dieses Bild von Türk Gencligi ein positives sein wird. Stigmatisierung, aber auch die Unterstellung, dass es schon immer so war und wieder so sein wird, gehören meiner Meinung nach nicht zu einem guten Umgang in der Gesellschaft.

Wie wollen Sie und auch das Vereinsumfeld dazu beitragen?

Wie bereits erwähnt, gab es einen fast kompletten Wechsel im Vorstand. Der Vorstand hat sich neu aufgestellt und sich gegenüber dem Fehlverhalten klar positioniert. Er möchte, dass Ruhe in den Verein, den es beachtlicherweise schon seit 1991 gibt, einkehrt und der Sport und das positive Miteinander im Vordergrund stehen.

KStA abonnieren