Kostbare PergamentschriftenChorbücher aus Euskirchener Pfarrei restauriert

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Vorsichtig untersucht Carla Frechen im Kölner Atelier für Papierrestaurierung einen der beiden Euskirchener Folianten. Philipp Kochendörfer (M.) und Franz-Georg Schaeben schauen zu.

Euskirchen/Köln – Die Ausstattung ist eher schlicht. Und doch handelt es sich bei den beiden Antiphonaren, die die Euskirchener Pfarrei St. Martin irgendwann im 15. Jahrhundert anschaffte, um kostbare Stücke. Die meisten Seiten bestehen aus Pergament – und „Bücher aus Pergament waren zu dieser Zeit unglaublich teuer“, sagt Philipp Kochendörfer. „Für die Gemeinde war das eine kostspielige Sache.“

Die Auftraggeber

Das Atelier für Papierrestaurierung Ferlmann arbeitet für verschiedene Auftraggeber, wie Philipp Kochendörfer erklärt. Kirchengemeinden und Diözesen vertrauen ihre Objekte der Werkstatt in Köln-Niehl ebenso an wie Museen, Galerien und Privatkunden.

Darüber hinaus gehören Sammlungsbetreuung und Ausstellungsbetreuung zu den Dienstleistungen, die Kochendörfer und sein Team anbieten. (ejb)

www.papierrestaurierung.org

Kochendörfer ist Inhaber des Ateliers für Papierrestaurierung Ferlmann in Köln, dem die Euskirchener die dickleibigen, handgeschriebenen Bände anvertraut haben. Seine Mitarbeiterin Carla Frechen und er erläuterten jüngst Franz-Georg Schaeben, der sich um die Kunstschätze der Kirchengemeinde kümmert, den Stand der Arbeiten.

Folianten aus der Schatzkammer

Antiphonare sind Chorbücher, die in der katholischen Liturgie zum Einsatz kommen. Sie enthalten Texte und Melodien des Stundengebets, das täglich wechselt, was dazu führt, dass die Folianten ständig in Benutzung sind. Für die beiden Exemplare, die jetzt in der Werkstatt liegen, sind diese Zeiten wohl schon länger vorbei.

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Die Antiphonare kommen in der katholischen Liturgie zum Einsatz. Sie enthalten die Texte und Melodien des Stundengebets.

Sie sind Bestandteil der Schatzkammer von St. Martin, die neben Monstranzen, Kelchen und anderem liturgischen Gerät sowie Gewändern und Münzen auch alte Messbücher beherbergt. Von den sieben Antiphonaren, die zu der Sammlung gehören, werden zwei im Ausstellungsraum der Kirche unter Glas präsentiert. Drei weitere „sind schon länger nicht mehr geöffnet worden“ und in sicherer Aufbewahrung, wie Schaeben sagt. Alle sieben lässt die Gemeinde restaurieren, nach und nach. Die Maßnahme ist vom Erzbistum genehmigt worden, was mit einer finanziellen Förderung einhergeht. Zahlen nennt Schaeben nicht.

Pandemie verzögerte Bearbeitung

Die Bücher, die nun als Erste an der Reihe sind, bilden ein Paar. „Wir haben es mit einem Winter- und einem Sommerteil zu tun, entsprechend der Liturgie des Kirchenjahrs“, erklärt Diplom-Restaurator Kochendörfer. Sein Atelier hatte die Bücher im August 2020 in Empfang genommen, doch die Pandemie verzögerte die Bearbeitung, die zum größten Teil in den Händen von Carla Frechen liegt.

„Der Zustand zeugte von der jahrhundertelangen Nutzung“, sagt Kochendörfer. So galt es für Frechen unter anderem, den Einband, der aus Deckeln aus Eichenholz und einem Bezug aus vegetabil (pflanzlich) gegerbtem Rindsleder besteht, abzunehmen und zu stabilisieren. Das Gleiche geschah mit dem Buchblock, wie die Experten die zu Bögen zusammengelegten und gehefteten Seiten nennen. Ebenso musste mit einer Hanfkordel die gerissene Verbindung zwischen Block und Einband neu hergestellt werden.

Holzdeckel stammen von anderem Buch

Daneben kümmerte sich die Restauratorin um Insektenfraßlöcher im Deckel, um schadhafte Stellen und Verschmutzungen im Pergament und im Papier. „Das Ziel einer Restaurierung ist immer der größtmögliche Substanzerhalt“, sagt Kochendörfer. „Gleichzeitig wollen wir die Spuren von Reparaturen nicht verwischen, denn sie gehören mit zur Objektgeschichte.“

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Eine beschädigte Seite, darunter Ergänzungen am Rand.

Apropos: „Die verwendeten Holzdeckel gehörten ursprünglich zu einem anderen Buch“, hat Carla Frechen anhand der Verbindung zum Buchblock festgestellt. Franz-Georg Schaeben vermag nicht zu sagen, ob die Antiphonare schon einmal restauratorisch behandelt worden sind. „Falls ja, war der Umfang der Arbeiten gering“, ist sich Kochendörfer sicher.

Lateinische Texte korrigiert

Dennoch war das Buch, zumindest eine Zeit lang, einem ständigen Wandel unterlegen. Wenn sich die Liturgie änderte, wurden Korrekturen an den in lateinischer Sprache verfassten Texten vorgenommen. Immer wieder finden sich auch Ergänzungen am Rand. Und manchmal wurden komplette Blätter neu eingeheftet, unter anderem aus Büttenpapier. Ob diese deutlich jüngeren Lagen so lange halten wie die Pergamentseiten?

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So oder so: Philipp Kochendörfer schwärmt von der Qualität der spanngetrockneten, nicht gegerbten Tierhaut, die in der Regel von Rindern, Schweinen oder Ziegen stammt: „Wenn Pergament gut gelagert wird, überdauert es Jahrtausende. Wird es allerdings feucht aufbewahrt, verdirbt es schnell.“

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