EugebauMieter der Bendenstraße 35 beklagen Tempo der Sanierungsarbeiten

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Wünschen sich einen baldigen Rückzug: Manuela und Michael Dillschnitter sowie Thorsten Gottschalk (r.). 

Euskirchen – „Wir können nicht mehr. Wir sind fertig mit den Nerven.“ Michael Dillschnitter und seine Frau Manuela sind eine von 28 Mietparteien, die die Immobilie Bendenstraße 35 bewohnen, die der Eugebau gehört. Das Haus ist Mietern vorbehalten, die eine Behinderung haben und berechtigt sind, in einer Sozialwohnung zu leben. „Es gibt 13 rollstuhlgerechte Wohnungen, der Rest ist barrierefrei“, so Michael Dillschnitter, der selber im Rollstuhl sitzt.

Die Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli vergangenen Jahres sorgte auch im Haus Bendenstraße 35 für schwere Schäden. Das Wasser hinterließ in Keller und Erdgeschoss Schlamm, Fäkalien und kontaminiertes Wasser. Schnell war klar, dass es umfangreiche Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten benötigen würde, um das Haus und insbesondere die Wohnungen im Erdgeschoss wieder nutzen zu können. So musste der komplette Estrich erneuert werden, auch die Aufzugsanlage erlitt Totalschaden.

Auszug für die Zeit der Sanierung

„Es ist leider notwendig, dass die Mieter der Erdgeschosswohnungen für die Zeit der Sanierung ausziehen“, hieß es in einem Schreiben vom September letzten Jahres an die betreffenden Bewohner. Die Sanierung könne bis zu drei Monaten dauern. Kosten für die Unterbringung in einem Hotel würden von der Eugebau übernommen.

Michael und Manuela Dillschnitter hatten nach der Flut zunächst privat ein Ausweichquartier gefunden. „Dort habe ich zwei Wochen im Rollstuhl geschlafen“, erzählt er. Schließlich zog das Paar Mitte Oktober 2021 zusammen mit Hund und Katze in ein rollstuhlgerechtes Zimmer im Parkhotel – wo sie seither leben und auf ihre Rückkehr warten. Andere Bewohner des Hauses in den höheren Geschossen blieben. Mindestens drei Mieter haben das Haus seither nicht mehr verlassen können, da der Aufzug noch immer nicht nutzbar ist.

Ehepaar lebt im Wohnwagen auf dem Hof

Thorsten Gottschalk, bis vor kurzem Hausmeister der Immobilie, lebte bis zu der Flutnacht mit seiner Frau und ihrer schwerbehinderten Tochter im Erdgeschoss. „Für uns wären zwei Hotelzimmer nötig gewesen, da unsere Tochter rund um die Uhr von einer Krankenschwester versorgt wird“, erklärt Gottschalk. Die von der Eugebau angebotenen 3000 Euro monatlich hätten hierfür aber nicht ausgereicht.

Also zog er Mitte November 2021 mit seiner Frau in einen Wohnwagen, der auf dem Hof des Mehrfamilienhauses steht. Die Tochter konnte vorerst in einer der höheren Etagen untergebracht werden.

Vorwurf der mangelnden Kommunikation der Eugebau 

Das Ehepaar Dillschnitter und Thorsten Gottschalk beklagen vor allem die Dauer der Sanierungsarbeiten sowie eine mangelnde Kommunikation seitens der Eugebau mit ihren Mietern. Wer ein barrierefreies Haus mit zahlreichen Mietern mit Behinderung übernehme, habe eine besondere Verantwortung – und der sei die Eugebau „unzureichend bis gar nicht nachgekommen“, meint Dillschnitter, der sich nach Jahren als zufriedener Mieter nun in der Rolle eines Bittstellers wähnt.

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Ein Bewohner vor dem Haus an der Bendenstraße 35, wo sich nach der Flut wie überall die Müllberge türmten. 

Tatsache ist, dass es mittlerweile über 50 Seiten Schriftverkehr zwischen der Eugebau und dem Ehepaar Dillschnitter beziehungsweise ihrem Hausratversicherer, der Mecklenburgischen, gibt. In erster Instanz ist diese für die Übernahme der Unterbringungskosten zuständig, erst wenn diese nicht greift, kommt die Gebäudeversicherung der Eugebau auf.

Rund 12 000 Euro Hotelkosten sind noch offen

Das über Monate folgende Klein-Klein formalistischer Forderungen hat dazu geführt, dass Michael Dillschnitter die Angelegenheit zwischenzeitlich einem Anwalt übergeben hat, zumal die Hausratversicherung nur für 200 Tage Hotelkosten zahlt. Rund 12 000 Euro Hotelkosten seien noch offen, so Dillschnitter. Eugebau-Geschäftsführer Oliver Knuth versichert, dass Dillschnitter „auf jeden Fall alles, was ihm unsere Versicherung zubilligt, bekommt“.

Welche Summen am Ende wer bezahlt, sei jedoch noch nicht klar. Bislang sei der Eugebau die Entscheidung der Hausratversicherung Dillschnitters nicht übermittelt worden. Erst dann könne es weitergehen.

Schäden an 130 Eugebau-Mehrfamilienhäusern

Oliver Knuth ist angesichts der geballten Beschwerden, die ihn in den letzten Wochen erreicht haben, ziemlich sauer: „Die Bendenstraße 35 hat für uns eine hohe Priorität, weil dort Menschen mit Handicap leben“, sagt er. Aber es gebe eben nicht nur Mieter in der Bendenstraße 35. Insgesamt seien 130 Mehrfamilienhäuser der Eugebau von der Flut betroffen gewesen. „Die Bendenstraße 35 ist das Objekt, in dem die Sanierungsarbeiten am weitesten fortgeschritten sind“, unterstreicht Knuth.

TÜV kann Aufzug nicht kurzfristig abnehmen

Im jüngsten Schreiben der Eugebau an die Mieter vom 19. Mai heißt es: „Die Aufzugsanlage könnte Ende der kommenden Woche in Betrieb genommen werden. Der TÜV Rheinland sieht sich jedoch nicht imstande, die Aufzugsanlage kurzfristig abzunehmen.“ Man habe mitgeteilt, das damit nicht vor dem 15. Juni zu rechnen sei. „Die schwerbehinderten Menschen warten somit mehr oder weniger auf den bürokratischen Akt eines Dienstleisters. Für uns ist das vollkommen unverständlich“, heißt es in dem Eugebau-Schreiben weiter.

Auch in anderen Häusern "harte Schicksale"

Als Anlage hat die Eugebau den aktuellen Stand der Instandsetzungsarbeiten im Haus Bendenstraße 35 angefügt und will damit belegen, wie viel bereits erledigt, angestoßen, in die Wege geleitet oder gar ausgeführt wurde. „Auch bitten wir zu berücksichtigen, dass neben der Bendenstraße weitere 129 Mehrfamilienhäuser der Eugebau vom Hochwasser betroffen sind. Auch in diesen Mehrfamilienhäusern gibt es harte Schicksale“, heißt es weiter.

Oliver Knuth versichert im Gespräch mit dieser Zeitung, allen Bewohnern des Hauses Bendenstraße 35 den Umzug in Hotels oder Ersatzwohnungen angeboten zu haben. Knuth: „Dass einige Mieter dort geblieben und seither nicht mehr aus dem Haus gekommen sind, ist letztlich nicht unser Verschulden.“

Infobriefe, Aushänge und ein Ticker auf der Website

Auch den Vorwurf mangelnder Kommunikationsbereitschaft weist Knuth weit von sich. Die Mieter seien durch zahlreiche Infobriefe, Aushänge vor Ort, persönlich durch die Betriebshandwerker im Haus, bei Bedarf auch telefonisch informiert worden. Außerdem habe die Eugebau auf ihrer Website einen Ticker installiert, der aktuell über den Fortschritt der jeweiligen Sanierungsarbeiten der betroffenen Häuser informiert.

Dass die Nerven aller – auch die der Mitarbeitenden der Eugebau – seit der Flutkatastrophe blank liegen, steht völlig außer Frage. Die fortlaufenden Beschwerden über die Dauer der Sanierung seien dabei schlichtweg ärgerlich und würden viel wertvolle Arbeitszeit binden, sagt Oliver Knuth. Zumal diese von einem einzelnen Mieter ausgingen, der sich an alle verfügbaren Multiplikatoren wie den Bürgermeister und Kandidaten für den Landtag gewandt habe.

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Und wie geht es nun weiter in der Bendenstraße 35? Geschäftsführer Oliver Knuth: „Angesichts von anhaltendem Material- und Handwerkmangel sowie dem Kampf mit Versicherungen schätze ich, dass es weitere sechs bis acht Monate dauern wird, ehe das Haus Bendenstraße 35 wieder komplett fertiggestellt ist.“ 

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