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Überraschender FundLoch in einer Wiese bei Hellenthal entpuppt sich als alter Bergwerkstollen

Lesezeit 5 Minuten
Eine Höhle ist mit Wasser vollgelaufen.

14.11.2022 In einer Wiese bei Schwalenbach wurde ein Loch entdeckt, das zu einem alten Bergwerksstollen gehört

Ein Loch in einer Wiese bei Rescheid entpuppte sich als ein alter Bergwerksstollen. Er soll für künftige Untersuchungen erhalten bleiben.

Da staunte eine Frau aus Udenbreth nicht schlecht, als sich in ihrer gepachteten Wiese in der Nähe von Schwalenbach plötzlich ein Loch auftat. Was steckte dahinter? War es aus geologischen Gründen zu dem Einsturz gekommen, wie das Landesoberbergamt Dortmund meinte?

Oder handelte es sich um Relikte aus dem Bergbau, was Karl Reger vom Besucherbergwerk „Grube Wohlfahrt“ in Rescheid festgestellt hatte. Am Ende kam heraus, dass es sich um einen Stollen handelt, der nach Einschätzung von Reger und seinen Mitstreitern kurz vor oder im Ersten Weltkrieg angelegt wurde. Der Heimatverein Rescheid, der das Besucherbergwerk betreibt, will ihn sichern und für künftige Untersuchungen erhalten.

„So einen Stollen zu entdecken, ist schon etwas Besonderes. So was kommt ein- bis zweimal in zehn Jahren vor“, erzählt Norbert Knauf, der wie Reger, Karla Burkhard und Hans-Georg Brunemann Mitglied im Vorstand des Heimatvereins Rescheid ist.

Einige Schächte aus der Zeit seien in den vergangenen Jahrzehnten schon eingestürzt. „Das Loch sah zunächst nicht spektakulär aus“, berichtet Brunemann. Solche Phänomene tauchten meist nach dem Winter auf, wenn Wasser und Frost für Einbrüche gesorgt hätten. „Als die Pächterin der Wiese bei mir angerufen hat, habe ich ihr gleich gesagt, dass dort früher Bergbau betrieben wurde“, sagt Reger. Die Strukturen seien bereits auf einer alten Eifelvereinskarte zu erkennen gewesen.

Schriftliche Informationen über den Stollen lägen aber bislang nicht vor: „Solche, schwarz angelegte Stollen wurden nirgendwo erfasst.“ Mitarbeiter des Oberbergamts seien aber nach einer Besichtigung zunächst zu dem Schluss gekommen, dass es geologische Gründe für den Einsturz gebe. „Ich habe ihnen daraufhin Fotos geschickt, wo klar erkennbar war, dass es sich um einen alten Stollen handelt. Das haben die Fachleute vom Oberbergamt nach einem weiteren Ortstermin auch eingeräumt“, erklärt Reger. Darüber hinaus habe er das Amt für Bodendenkmalpflege eingeschaltet.

Bergstollen wird gesichert

Deren Experten hätten sich die Stelle ebenfalls angesehen. „Wir haben mit dem Bergamt nun verabredet, dass wir uns um die Sicherung kümmern.“ Um in den Stollen zu gelangen, muss man erst einige Meter in die Tiefe rutschen. Wie lang das Bauwerk ist, können die Mitglieder des Heimatvereins nicht sagen. „Es handelt sich um einen rund 2,50 bis 2,70 Meter hohen Hauptstollen, von dem zwei kleinere seitlich abgehen. Wir haben rund 25 Meter erkundet“, sagt Brunemann.

„Der Hauptstollen ist aber etwa brusthoch mit Wasser gefüllt und ohne eine spezielle Ausrüstung nicht begehbar.“ An verschiedenen Stellen seien die Reste von Bohrlöchern erkennbar. „Alte Leute haben früher erzählt, dass man die Bergleute bei der Arbeit hören konnte, wenn man über die Wiese ging“, erinnert sich Reger. Einen ähnlichen Stollen, der auch Teil des „Geologischen-montanhistorischen Geopfads“ ist, gebe es im Kambachtal: „Er stammt aus dem Jahr 1913 und ist rund 120 Meter lang.“ Das Mundloch dieses Stollens wurde vom Verein wiederhergestellt und der Stollen bis zu einem Einsturzbereich wieder zugänglich gemacht.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gingen auf „Wohlfahrt“ die Bleierzvorkommen zur Neige. Deshalb verlagerte man den Abbau auf bereits bekannte Erzgänge bei Schwalenbach, die wegen großer Probleme mit Wassereinbrüchen bislang nicht abgebaut werden konnten. Das änderte sich durch den Einsatz neuer Technologien wie Dampfmaschinen, Strom-Generatoren und Pumpen.

Um an neue Lagerstätten zu kommen, wurden nach Angaben von Knauf aber auch an verschiedenen Stellen Versuchsstollen angelegt, die sich oft außerhalb des Abbaugebiets befinden: „Man hat versucht, neue Erzgänge zu finden. Damit hat man aber nirgendwo Erfolg gehabt.“ Die Eifeler Bleierze hatten eine besondere Qualität und waren insbesondere frei von silber-, zink- und arsenhaltigen Beimengungen.

Das Blei konnte für die verschiedensten Zwecke eingesetzt werden. Das Spektrum reichte von Keramikglasuren und Kristallglas über Geschosse bis hin zu den heute verbotenen Wasserleitungen . Das gewonnene Erz und das Gestein wurden zuerst noch mit Hilfe von Göpeln mit Pferdekraft an die Oberfläche gebracht.

Später installierte man am Schacht eine Fördermaschine, die von einer Dampfmaschine angetrieben wurde, um das geförderte Material bis auf das Niveau des Tiefen Stollens zu heben. Im Stollen wurden die Grubenkarren von Hand geschoben. Später wurde eine Druckluftlokomotive für den Transport ins Freie eingesetzt. „Ab 1905 verkehrte die erste und einzige elektrisch betriebene Grubenbahn der Eifel mit einer 500-Volt- Gleichspannung“, erzählt Reger.

Stollen rund 30 Kilometer lang

Ende des 19. Jahrhunderts hätten in der Spitze rund 300 Bergleute auf der Grube gearbeitet. Brunemann betont: „Ein Bergwerk wurde schon 1543 erwähnt.“ Johann IX. Graf von Salm, Herr zu Reifferscheidt, Dyck und Alfter, ernannte seinerzeit den Bastian von Stuckart zum Bergmeister „uff unseren bergwerck Reischeidt“.

Damals habe noch jeder in Abstimmung mit dem Bergmeister und unter Abgabe des Zehnten an den Landesherrn auf eigene Faust Bergbau betreiben können. Die Stollen und Schächte, die zur Grube Wohlfahrt gehören, sind laut Reger insgesamt rund 30 Kilometer lang.“ Sie sei zudem die mit Abstand tiefste Grube der Eifel. Im Jahr 1918 hätten die Schächte am Betriebspunkt Schwalenbach eine Tiefe von 520 Meter erreicht.


Ausflug in die Bergwerksgeschichte

Von dem fast 2,5 Kilometer langen „Tiefen Stollen“ des ehemaligen Bleierzbergwerks „Grube Wohlfahrt“ können heute etwa 900 Meter von Besuchern erkundet werden. Auch einige Betriebs- und Wohngebäude sind im Umfeld noch erhalten. Die Aktiven des Besucherbergwerks starten am Sonntag, 27. November, um 9 Uhr zu ihrem Jahresausflug nach Blegny bei Lüttich, wo das Steinkohlen-Besucherbergwerk besucht wird. Die nächste Station ist dann Kelmis, wo ein Museum zur Geschichte der einst bedeutendsten Zinkerzgrube und des Zwergstaates „Neutral-Moresnet“, der mehr als 100 Jahre existierte, besichtigt wird. Wer an dem Ausflug teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail dazu anmelden. (wki) 

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