Solidarische LandwirtschaftEifeler Kollektiv Wolkenborn lädt zu Film-Abend ein

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Zwei Männer bearbeiten Beete mit einfachem Gerät.

Die beiden Gärtner Fabian Hacken undKeven Braun(v.l.) bauen das Gemüse Für das Kollektiv Wolkenborn an.

Das Kollektiv Wolkenborn aus Hellenthal organisiert eine solidarische Landwirtschaft. Ein Film-Abend in Nettersheim soll über ihr Konzept informieren.

Viel ist es nicht mehr, das im Herbst 2022 auf den Beeten von Keven Braun wächst. In einem Folientunnel stehen noch Salat und ein paar Paprikapflanzen, die Beete draußen sind leer. Für Wintergemüse eigne sich ihr Anbaukonzept nicht unbedingt, sagt Braun. Er und Fabian Hacken kommen aus Steffeln und Ormont im benachbarten Rheinland-Pfalz und sind die neuen Gärtner des Kollektiv Wolkenborn, der solidarischen Landwirtschaft aus Hellenthal.

Alle, die sich darunter nicht so viel vorstellen können oder die sich genauer informieren wollen, lädt das Kollektiv nun ins Scheunenkino nach Nettersheim ein. Dort wird am Samstag, 15. Juli ab 17.30 Uhr der Dokumentarfilm „Ernte teilen – Anders ackern für die Zukunft“ gezeigt. Regisseur Philipp Petruch hat drei SoLaWis besucht und stellt das Konzept in seinem Film vor. Nach der Vorführung gibt es Gelegenheit zum Austausch mit Petruch und dem Kollektiv Wolkenborn.

Das Kollektiv habe lange nach Flurstücken und Gärtnern gesucht, berichtet Romy Linden aus dem Vorstand des Kollektivs. Im September 2022 haben sich Braun und Hacken gemeldet. Praktisch: Sie bringen die nötige Ackerfläche schon mit. Etwa 1700 Quadratmeter insgesamt. Die liegen zwar nicht im Gemeindegebiet Hellenthal, aber es sei ja trotzdem noch Eifel, so Linden. Und insgesamt habe es einfach sehr gut gepasst.

Sie setzen auf kleine Flächen und Handarbeit

Braun und Hacken, die die Flächen mit ihren Ehefrauen Jana Braun und Ulrike Hacken bewirtschaften, hatten nach einer solidarischen Landwirtschaft gesucht, um ihre Produkte zu verkaufen. Der Gemeinschaftsgedanke habe sie einfach sehr angesprochen.

Die beiden wollen eine andere Art der landwirtschaftlichen Erzeugung umsetzen. Ihre Anbaumethode unterscheidet sich von der klassischer und großer landwirtschaftlicher Betriebe. Statt möglichst viel so anzubauen, dass große Maschinen es ernten können, setzen sie auf kleine Flächen und Handarbeit. Market Gardening nennt sich das Konzept. Vereinfacht gesagt gehe es darum, auf kleiner Fläche viel Ertrag zu erreichen, berichten die beiden Gärtner.

Gemüseanbau in 150 Beeten

„Wir haben nicht einen Acker, sondern circa 150 Beete“, so Braun. Diese sind gerade einmal 75 Zentimeter breit, so könne man prima zwischen ihnen durch gehen und komme überall gut ran. Denn die beiden säen, pflegen und ernten von Hand. Für sie hat diese Art des Gemüseanbaus zwei entscheidende Vorteile.

„Auf kleiner Fläche kann man viel schneller eingreifen“, sagt Hacken. „Wir können viel produktiver sein als auf einer großen“, fügt Braun hinzu. Denn gerechnet auf den Quadratmeter wachse bei ihnen viel mehr als auf großen Äckern.

Das Prinzip der Vielfachbelegung

Ein Grund für die hohe Flächenproduktivität ist die Vielfachbelegung. Die Beete werden nämlich immer wieder neu bepflanzt. „Wenn wir die Radieschen ernten, stehen die Jungpflanzen schon bereit“, so Braun. Auf Radieschen können beispielsweise Tomaten folgen und nach den Tomaten Spinat. Bis zu fünf verschiedene Pflanzen könne man nacheinander auf ein Beet pflanzen. Das schade auch nicht dem Boden.

„Es gibt keinen Leerstand in der Natur“, sagt Braun. „Man kann natürlich nicht irgendetwas dahin pflanzen“, wirft Hacken ein. Die Pflanzen müssen sich schon vertragen. Möhre und Zwiebel beispielsweise seien gute Nachbarn. Damit der Boden nicht zu einseitig belastet wird, wechseln die Gärtner die Bepflanzung. Sie haben einen Fünfjahresrhythmus in der Fruchtfolge. Das bedeutet: „Kohl kommt ins gleiche Beet erst nach fünf Jahren“, erklärt Braun.

Wir betreten unsere Beete nicht und wir graben unsere Beete nicht um.
Fabian Hacken

Für eine hohe Flächenproduktivität und viel Ertrag brauche es zudem sehr guten Boden. „Die Gesundheit der Pflanzen hängt mehr von der Bodenpflege ab als allgemein bekannt“, sagt Hacken. Deshalb gehen die beiden Gärtner mit ihrem Boden sorgsam um. „Wir betreten unsere Beete nicht und wir graben unsere Beete nicht um“, berichtet Hacken. Lediglich die Oberfläche bearbeiten die beiden.

Auch deshalb setzen sie keine Maschinen ein. Beim konventionellen Pflügen werde viel mehr Bodenleben zerstört als durch Handarbeit, sagt Hacken. Wichtig sei, den Boden mit Mulch, Kompost, Rasenschnitt oder Stroh bedeckt zu halten. Der Rest geschehe quasi von allein. Schon nach zwei Jahren könne man so einen super Boden haben, sagt Braun.

Seit Anfang des Jahres bauen die beiden für das Kollektiv Wolkenborn an. 100 Ernteanteile hat das Kollektiv dafür zum Verkauf geboten. Die Anteile für die aktuelle Erntesaison sind alle vergeben, aber fürs nächste Jahr sind noch Plätze frei. Die Planung der dritten Erntesaison von April 2024 bis April 2025 starte im Oktober, so das Kollektiv. 80 Euro pro Monat kostete in dieser Saison ein Anteil, dafür bekommt man das ganze Jahr über pro Woche eine Gemüsekiste, die für ein bis zwei Personen ausgelegt ist.

Das Gemüse von Braun und Hacken landet allerdings nur von April bis Oktober in den Kisten. Im Winter stammt es vom Bio-Bauern Jochen Groß, der eine Kooperation mit dem Kollektiv hat.

Wintergemüse bauen Braun und Hacken nicht an. Gerade Lagergemüse wie Kohl brauche viel Fläche und sei nur in Einfachbelegung pflanzbar, weil die Pflanzen einfach Monate brauchten, um zu reifen, erläutert Hacken. Wintergemüse werde häufig im Frühjahr gepflanzt und im Herbst geerntet. Das sei mit Market Gardening eben schwierig, denn dann brauche man viel mehr Fläche.


Das Wolkenborn-Prinzip

Nicht das Produkt bezahlen, sondern die gesamte Landwirtschaft finanzieren – das ist grob gesagt das Prinzip des 2020 gegründeten Kollektiv Wolkenborns. Viele Menschen tun sich zusammen und zahlen für die landwirtschaftliche Erzeugung von Lebensmitteln. Gibt es sehr gute Ernten, gibt es für alle mehr. Bei Missernten tragen das auch alle und nicht nur der Landwirt.

110 Mitglieder hat das genossenschaftliche Kollektiv inzwischen. Nicht alle kaufen auch Ernteanteile. Manche seien einfach von der Idee überzeugt und wollten sie gerne unterstützen, berichtet Romy Linden aus dem Vorstand des Kollektivs. Interessierte können sich per E-Mail melden. (jre)  

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