Krisenkosten isolierenHellenthals Bürgermeister kritisiert „schöngerechneten“ Haushalt

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30.3.2022 Rudolf Westerburg, Bürgermeister Hellenthal

Rudolf Westerburg, Bürgermeister Hellenthal

Krisenkosten sollen auf Weisung des Landes isoliert werden.  Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg ist erbost über die geplante Abschreibungsoption.

Nichts Besonderes biete der Haushaltsentwurf für 2023. So zitierte Bürgermeister Rudolf Westerburg seine Kämmerin Ramona Hörnchen. Doch so ganz ohne Nebenbemerkung wollte er die Vorstellung des Zahlenwerks nicht verstreichen lassen. Nach zwei positiven Jahresabschlüssen plant die Gemeinde wieder mit einem Defizit von 1,55 Millionen Euro. Dieses sei von der Ausgleichsrücklage gedeckt, die in den vergangenen Jahren auf 10,4 Millionen Euro aufgestockt werden konnte.

„Gleichwohl leben wir in einer Zeit, in der eine Krise die nächste jagt“, so Westerburg. Die Kosten für Corona und Ukraine-Krieg seien zu isolieren, das sei eine Vorgabe des Landes. „Dies bedeutet, dass wir uns alle Haushalte schönreden beziehungsweise rechnen“, kritisierte er. Es werde eine schwierige Entscheidung im Jahr 2025, ob diese Kosten auf einen Schlag gebucht oder über Jahrzehnte abgeschrieben werden sollen.

Für mich bedeutet die Abschreibung von Katastrophenkosten über viele Jahre eine Versündigung an nachfolgenden Haushalten und Generationen.
Rudolf Westerburg

„Für mich bedeutet die Abschreibung von Katastrophenkosten über viele Jahre eine Versündigung an nachfolgenden Haushalten und Generationen“, sagte Westerburg. Und: Auf eine Ölpreisbremse zur Senkung der Energiekosten verzichtet zu haben, stelle eine Benachteiligung der Landbevölkerung dar.

Der neue Kindergarten

Erst kurz vor der Sitzung des Ausschusses habe die Verwaltung in einem Termin mit Martina Hilger-Mommer, beim Kreis für die Kindergartenbedarfsplanung zuständig, erfahren, dass angesichts der aktuellen Anmeldungen Hellenthal knapp 40 unversorgte Kindergartenkinder haben werde, so Michael Huppertz, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Deshalb müsse die Gemeinde den Neubau einer weiteren Kita ins Auge fassen. Um nicht direkt einen Nachtragshaushalt erarbeiten zu müssen, solle ein Betrag von 300.000 Euro eingeplant werden.

„Wir werden eine Auswertung vom Kreis bekommen, aus welchen Orten die Kinder kommen“, so Westerburg. Dann könne beraten werden, wo gebaut werde. Bis dahin müssten Übergangslösungen gefunden werden, etwa im Waldkindergarten. Es sei wichtig, eine Summe in den Etat einzubuchen. Sollte mehr Geld benötigt werden, wäre das mit einer Änderung der Summe unkompliziert zu erreichen.

Das sagen die Politiker

Durch die Anhebung der Hebesätze im vergangenen Jahr ist für René Strotkötter (CDU) eine gute Basis erreicht worden. Allerdings schlage die CDU vor, den Ansatz von 150.000 Euro für die Sanierung der Grundschule in Reifferscheid um 1,5 Millionen Euro zu erhöhen. „Unsere Zivilgesellschaft funktioniert, auch wenn das für eine kleine Minderheit anders aussieht“, so Heinz-Bert Weimbs (SPD). Obwohl dieses Jahr Steuereinnahmen sprudeln, müsse die Gemeinde sich verschulden. Die SPD stimme dem Haushalt zu – inklusive der Erweiterung des Rathauses.

Es müsse gut und nachhaltig investiert werden, forderte Gunther Echtle (Grüne). Gebäude müssten in Schuss gehalten werden, mit Solaranlagen und Windkraft könne Geld verdient werden. Bei Förderprogrammen solle an den Nutzen und die Folgekosten gedacht werden. „Wir stimmen dem Haushalt zu, auch wenn er nicht unseren Wünschen entspricht“, schloss er. Den Bau einer einzigen neuen Schule würde Frank Westerburg (UWV) bevorzugen: Nur eine Eingangsklasse pro Standort sei nicht zu vermitteln. Er würde gerne der Windkraft mehr Raum geben, damit die Gemeinde auch mal Geld verdiene.

Die Enthaltung der FDP kündigte Peter Rauw an. Die Veränderung im Bauhof-Stellenplan sei nicht in Ordnung. Man solle gewisse Dinge durch Kleinunternehmer erledigen lassen. Er kritisiert die Isolierung von Kosten: „In der freien Wirtschaft würde man dafür in den Knast gehen.“


Einige Gebühren sinken

Mit einem Defizit von rund 1,55 Millionen Euro plant Hellenthal 2023. Dabei summieren sich die Erträge auf rund 29,55 Millionen Euro, die Aufwendungen auf 31,1 Millionen Euro.

Die Hebesätze werden nicht verändert und betragen 555 Prozent bei der Grundsteuer A, 595 bei der Grundsteuer B sowie 490 Prozent bei der Gewerbesteuer.

Bei den Kanalgebühren wird die Schmutzwassergebühr um 13 Cent auf 2,14 Euro pro Kubikmeter sinken. Auch die Gebühr für Niederschlagswasser sinkt für private Haushalte leicht auf 0,81 Euro pro Kubikmeter.

Die Abfallbeseitigung wird günstiger. So kostet etwa ein 120-Liter-Behälter mit Bioabfall statt 105,60 Euro nur 93,60 Euro.

Die Straßenreinigung kostet statt 0,72 Euro je Frontmeter künftig nur noch 0,60 Euro. Die Gebühr für die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen wird von 36,95 Euro pro Kubikmeter abgefahrenen Grubeninhalts auf 38,26 Euro erhöht.


Die Abstimmung

Mit einer Enthaltung stimmten die Ausschussmitglieder dem Haushaltsentwurf zu, nachdem noch 1,5 Millionen Euro für die Sanierung der Grundschule Reifferscheid und 300.000 Euro für den Neubau einer Kita hinzugefügt wurden.

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