Minus im Haushalt 2022Auf Kaller kommen Steuererhöhungen zu

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Für die energetische Sanierung des Rathauses sind im Etat 2022 knapp 1,4 Millionen Euro vorgesehen.

Kall – Die Kaller müssen sich in den nächsten Jahren auf Steuererhöhungen einstellen, denn schon in diesem Jahr kann der Haushalt nur noch mit einem Griff in die Rücklage ausgeglichen werden. „Es ist ein Haushaltsentwurf mit dramatischen Zahlen“, erklärte Bürgermeister Hermann-Josef Esser bei der Vorstellung des Etats für 2022 im Gemeinderat. Das Zahlenwerk von Kämmerer Michael Heller sieht Ausgaben von 37,5 Millionen und Einnahmen von 35,1 Millionen Euro vor.

Übrig bleibt ein Defizit von 2,4 Millionen Euro vor, das aus der Rücklage gedeckt werden muss. Da auch für die Haushalte 2023 bis 2025 jeweils ein dickes Minus prognostiziert wird, muss die Gemeinde an der Steuerschraube drehen, um nicht in ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) abzurutschen.

Strukturelles Defizit

Das HSK droht, wenn das Defizit in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils mehr als fünf Prozent der allgemeinen Rücklage beträgt. In Kall liegt dieser Wert bei etwa 1,2 Millionen Euro. „Es gibt ein strukturelles Defizit, das durch Ausgabendisziplin und eine Erhöhung der Erträge weiter abgebaut werden muss“, sagte der Kämmerer. Die Fraktionen haben nun Zeit, das Zahlenwerk zu beraten.

In den vergangenen Jahren hatte die Gemeinde zwar auch mit Defiziten gerechnet, am Ende dann aber doch regelmäßig Überschüsse erwirtschaften können, die in die Rücklage flossen. 2018 wurde mit einem Plus von knapp 1,5 Millionen abgeschlossen. Für 2019 und 2020 wird ein Überschuss von jeweils 500.000 Euro erwartet. Mit dem Geld aus den Vorjahren will der Kämmerer den Fehlbetrag im laufenden Jahr um eine Million auf 1,4 Millionen Euro reduzieren.

Die Zeiten, in denen die Gemeinde Überschüsse erwirtschaftete, scheinen erst einmal vorbei zu sein. Für 2021 geht Heller von einem Defizit von 750.000 Euro aus. Und in den Folgejahren sieht es nicht besser aus. Kassenkredite sind 2022, wie in den vergangenen Jahren auch, nicht vorgesehen. „Die Liquidität der Gemeinde ist weiter sehr ordentlich“, sagt Heller. Auch der Schuldenstand sei mit 24 Millionen Euro im Rahmen.

Einnahmen und Ausgaben

Die größten Einnahmen erzielt die Gemeinde mit der Gewerbesteuer (6,3 Millionen Euro), dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (5,3 Millionen Euro) und der Grundsteuer B (2,3 Millionen Euro). Die dicksten Ausgabeposten sind die Kreisumlage mit 9,4 Millionen und die Personalkosten mit 8,4 Millionen Euro.

Die größten Investitionen sind die Erweiterung der Grundschule Sistig (1,4 Millionen Euro), die energetische Sanierung des Rathauses (1,4 Millionen Euro) und die Sanierung der Kita in Sötenich (eine Million Euro).

Der Grund, warum der Etat 2022 nicht mehr ohne den Griff in die Rücklage ausgeglichen werden kann, sind vor allem sinkende Schlüsselzuweisungen des Landes NRW. „Normalerweise haben wir im Durchschnitt Gewerbesteuereinnahmen von rund sechs Millionen Euro pro Jahr. Aber im zweiten Halbjahr 2020 und im ersten 2021 ist die Zahl auf mehr als sieben Millionen Euro angestiegen“, berichtet Heller. Deshalb seien die Schlüsselzuweisungen um 1,8 Millionen auf etwas mehr als 700.000 Euro gekürzt worden.

Der Bürgermeister war enttäuscht: „Es fühlt sich fast wie eine Bestrafung dafür an, dass wir ein starkes Gewerbegebiet haben und uns um unsere Firmen kümmern.“ Hinzu kommt laut Heller, dass die Sonderzuweisungen für coronabedingte Steuerausfälle in Höhe von 1,7 Millionen Euro, die Kall vom Land erhält, auch zu 50 Prozent auf die Schlüsselzuweisungen angerechnet werden.

Trotzdem soll es in diesem Jahr wegen der aktuell besonderen Belastungen der Bürger und der schwierigen Gesamtlage durch die Corona-Pandemie sowie wegen der Folgen der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 und aktuell wegen des Krieges in der Ukraine noch keine Anhebung der Hebesätze geben.

Hebesätze werden angehoben

Um in den Folgejahren die Einnahmesituation zu verbessern und die Defizite unter die Fünf-Prozent-Grenze zu drücken, sollen die Hebesätze 2023 für die Grundsteuer A (landwirtschaftlich genutzte Flächen) von 350 auf 420 Prozent und die für die Grundsteuer B (private Grundstücke oder Gebäude) von 555 auf 625 Prozent angehoben werden. Der Hebesatz für die Gewerbesteuer soll von 515 auf 540 Prozentpunkte zeigen. „Wir erwarten uns dadurch Mehreinnahmen in Höhe von rund 650.000 Euro“, sagte der Kämmerer.

2024 ist dann eine weitere Anhebung der Hebesätze auf 460 (Grundsteuer A), 665 (Grundsteuer B) und 550 Prozent (Gewerbesteuer) vorgesehen. Das soll weitere 380.000 Euro in die Gemeindekasse spülen. „Das ist die erste Anhebung der Hebesätze seit 2015“, betonte der Kämmerer in dem Zusammenhang.

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Die Verbesserung der Einnahmesituation ist auch dringend notwendig, denn für die drei Jahre von 2023 bis 2025 erwartet Heller weitere Defizite zwischen 750.000 und 900.000. „Ohne die Mehreinnahmen lägen die Defizite in den Haushalten jeweils über der Fünf-Prozent-Grenze“, rechnet der Kämmerer vor. Ein Haushaltssicherungskonzept wäre dann unvermeidbar.

Die Gründe für die finanzielle Schieflage sieht Esser in der unzureichenden finanziellen Ausstattung der Kommunen. Zwar gebe es einige Verbesserungen, aber die reichten nicht aus, um die steigende Zahl von Aufgaben zu finanzieren.

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