Historische LeitungMit welchen Tricks Wasser ins Kloster Steinfeld geschafft wurde

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Das Foto zeigt das Hauptgebäude sowie die alte und neue Prälatur des Klosters Steinfeld.

Die größte Zisterne des Klosters fasst rund 200 Kubikmeter Wasser und liegt vor der neuen Prälatur (l.).

Schon 1328 wird eine Wasserleitung zum Koster Steinfeld erwähnt. Die war nötig, weil es in der gesamten Anlage keine Brunnen gab.

Es war eine kleine archäologische Sensation, als 1997 die Wasserleitung zur Burg Blankenheim entdeckt wurde, die den früheren Adelssitz ab dem späten Mittelalter mit frischem Trinkwasser versorgte. Kaum jemand weiß, dass eine weitaus ältere Leitung auch Wasser ins Kloster Steinfeld transportierte. „Sie wird bereits 1328 im Zusammenhang mit einer Urkunde erwähnt und ähnelte äußerlich der römischen Wasserleitung nach Köln“, erklärt Helmut J. Kirfel, der die Geschichte der Steinfelder Klosteranlage erforscht.

Viele Besucher von Steinfeld sehen die Brunnen, die auf dem Gelände verteilt sind, und denken, dass sie früher die Trinkwasserversorgung sichergestellt haben. „Tatsächlich gibt es aber im gesamten Klosterbereich überhaupt keinen Brunnen“, sagt Kirfel. Was wie ein Brunnen aussehe, sei bestenfalls eine Zisterne. Ein abgemauertes und durch Putz meist abgedichtetes Bassin, in dem das Regenwasser von den großen Dachflächen der zahlreichen Klostergebäude gesammelt werde. Dieses Wasser sei als Brauchwasser genutzt worden.

Das Bild zeigt den ehemaligen Wasserturm des Klosters Steinfeld.

Auf dem Speicher des Wasserturms standen lange Zeit die Behälter für die Trinkwasserversorgung.

„Es gibt auf dem Gelände drei Ebenen mit unterschiedlichen Höhenniveaus und insgesamt neun Zisternen. Das größte Becken fasst rund 200 Kubikmeter und liegt vor der neuen Prälatur“, erklärt Kirfel. Heute seien aber nicht mehr alle Zisternen funktionstüchtig.

Der Bau von Zisternen war im Kloster Steinfeld eine mühevolle Arbeit

„Wie der Name Steinfeld bereits andeutet, ist der Grund, auf dem das Kloster seit mehr als 900 Jahren steht, so felsig, dass schon der Bau einer solchen Zisterne von ein bis zwei Metern Tiefe äußerst mühsam ist“, betont der Historiker. Einen Brunnen zu bohren habe, soweit ihm bekannt sei, bisher niemand auch nur versucht.

Stattdessen sei das Trinkwasser jahrhundertelang mit Lasttieren oder zu Fuß mit Eimern aus nahe gelegenen Quellen oder sauberen Bachläufen auf den Berg geschafft worden.

Ein Mann sitzt gehockt in einem gemauerten Kanal.

Der letzte erhaltene Abschnitt der Leitung aus Wahlen wurde 1960 entdeckt und freigelegt.

Die Prämonstratenser hätten das Fehlen von Trinkwasser oft als eine zusätzliche asketische Herausforderung angesehen und ihre Niederlassungen bewusst auf Erhebungen, Hügeln oder gar Bergen errichtet. Dort seien Zisternen, in denen man möglichst viel Brauchwasser sammeln und horten konnte, von großer Bedeutung gewesen.

Wasserleitung nach Steinfeld ist älter als die zur Burg Blankenheim

Doch weil der Steinfelder Konvent im Lauf des Mittelalters größer wurde, stieg auch der Trinkwasserbedarf. Deshalb kam man auf die Idee, eine Wasserleitung zu bauen. „Ihr Anfang lag mitten in Wahlen, wo in mehreren Brunnen Quellwasser gefasst wurde. Die Leitung wird schon im Zusammenhang mit einer lange Zeit nicht bekannten Urkunde aus dem Jahr 1328 erwähnt“, berichtet der Historiker. Damit ist sie älter als die in Blankenheim, die auf das Ende des 15. Jahrhunderts datiert ist. Lange Zeit habe man geglaubt, dass die Steinfelder Leitung auch erst 1573 gebaut worden sei.

Der Historiker Helmut J. Kirfel zeigt auf eine Rohröffnung in einer Außenwand.

Der letzte erhaltene Abschnitt der Leitung aus Wahlen wurde 1960 entdeckt und freigelegt.

Das Wasser floss durch eine Leitung aus konisch geformten, ineinandergesteckten Bleirohren. Um sie im Winter vor Frostschäden zu schützen, hingen die Rohre in einem etwa einen Meter unter der Erdoberfläche angelegten Stollen. Die Rohre waren an der Decke befestigt.

„Die Leitung verlief so, dass das natürliche Gefälle ausgenutzt wurde“, berichtet Kirfel. Das habe aber im Bereich einer Senke nicht ausgereicht. Deshalb wurden dort die Bleirohre zu einer Druckleitung ineinandergesteckt. „Die Leitung verlief wenige Meter rechts neben der heutigen Zuwegung zum Haupthof und ging dann in einem Bogen weiter unter der alten Prälatur in den Kreuzgang und von dort aus zum Brunnenhaus.“ Doch Kirfel ist sich sicher, dass trotz dieser Neuerung weiter Trinkwasser mit Wagen herangeschafft werden musste.

Ein Plan von 1825 zeigt die Grundrisse der Gebäude und die Zisternen.

Die verschiedenen Ebenen und die Zisternen sind auf diesem Plan aus dem Jahr 1825 festgehalten.

„Die Bleirohre waren besonders im Bereich der Druckleitung sehr reparaturanfällig. Auf dem Weg bis zum Kloster ging ein Großteil des mitgeführten Quellwassers verloren“, erklärt Kirfel. Wegen der Einhausung in einem gemauerten Stollen sei die Leitung aber zumindest gut zu warten gewesen.

Mit dem Wasser aus der Leitung wurden auch zwei Fischteiche gespeist, die es nach Angaben des Historikers mindestens zwischen etwa 1700 und 1850 im Bereich des heutigen Kastanienhofs rechts und links des Haupteingangs gegeben hat. „In der Nähe lagen keine Dachflächen, von denen Regenwasser in die Teiche hätte gelenkt werden können. Da da die Leitung zwischen den Teichen hindurchführte, liegt die Vermutung nahe, dass Wasser daraus zum Auffüllen der Teiche verwendet wurde“, sagt Kirfel. Er geht davon aus, dass der Verfall der Leitung nach 1802 mit ein Grund für die Aufgabe der Teiche war.

In der „Erziehungsanstalt Steinfeld“ gab es 25 Jahre kein fließendes Trinkwasser

„Als der preußische Staat dann 1853 in Steinfeld seine Erziehungsanstalt eröffnete, gab es rund 25 Jahre lang kein fließendes Trinkwasser“, weiß Kirfel. Knapp hundert Jahre später sei der letzte erhaltene Abschnitt der Leitung aus Wahlen vom rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege entdeckt und freigelegt worden.

1879 wurde an der Hermann-Josef-Quelle im Kuttenbachtal eine mit Dampfkraft betriebene Pumpstation errichtet, die ausschließlich die Bewohner des ehemaligen Klosters mit Trinkwasser versorgen sollte. „Das Quellwasser wurde dafür zunächst in einem großen Bassin gesammelt und dann mit Hilfe einer Dampfmaschine und mehreren Saug- und Druckpumpen durch eine acht Zentimeter große Rohrleitung in die bis heute noch vorhandenen Becken im Bereich der Anstalt gepumpt. Weil die Behälter auf der untersten Ebene standen, war die Verteilung des Trinkwassers in der Anlage weiter mühselig“, erklärt der Historiker.

Dampfmaschinen pumpten das Wasser in Behälter

Deshalb wurden die Behälter in einer zweiten Ausbaustufe auf den Speicher des Haupthauses verlegt. Von dort aus konnte das kühle Nass dann mit einem Fallrohr in die Bäder, Werkstätten und die Küche geleitet werden. Dabei musste darauf geachtet werden, dass die dampfmaschinengetriebenen Pumpen im Tal die beiden Bassins nicht zum Überlaufen brachten und Schlafsäle und Speisesäle unter Wasser setzten. Deshalb habe der Wächter in der Pumpstation mit Hilfe eines Schwimmers, einer elektrischen Leitung und einer Klingel die Höhe des Wasserstands mitgeteilt. „Parallel gab es auch noch für Notfälle die erste Telefonverbindung zwischen Anstalt und Pumpstation.“

Schon kurze Zeit später wurden die Bassins vom Speicher des Hauptgebäudes auf den Speicher des auch heute noch vorhandenen Wasserturms verlegt. „Der Turm wurde dazu aufgestockt und der Dachboden eigens ertüchtigt, wie man noch heute erkennen kann.“

Die beiden ursprünglichen Sammelbecken sind noch heute vorhanden. „Daraus wird das Wasser für die Waschmaschinen entnommen. Sie sind beide je etwa fünf Meter lang und zwei Meter breit. Sie haben einen maximalen Wasserstand von drei Meter Höhe, so dass bei Höchststand etwa 60 Kubikmeter Wasser vorgehalten werden können.“ Wenn das Wasser im Sommer zur Neige geht, schaltet sich automatisch die normale Wasserversorgung ein. „Die Grundablassrohre und das Überlaufrohr sind an der Kelleraußenwand des Gebäudes neben der Waschküche bis heute zu sehen“, weiß Kirfel.

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