Dörfliches Umfeld erhaltenKaller Ortspolitiker wehren sich gegen Verlust der Lebensqualität

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Die Ratsmitglieder (V.l.n.r): Hans Reiff, Stephanie Sistig, Daniela Züll und Dr. Guido Huppertz

Die Ratsmitglieder wollen den dörflichen Charakter von Scheven bewahren.

Im Kampf für ein attraktives Wohnumfeld warnen Schevener Ratsmitglieder davor, dem Ort weitere Beeinträchtigungen zuzumuten.

„Unsere Zukunftskonzepte für den Ort gehen ein stückweit baden“, sagt der Schevener Ortsvorsteher und FDP-Ratsmitglied Hans Reiff etwas resigniert. Reiff hat die Sorge, dass Scheven von der Kaller Politik und Verwaltung als das „Industriegebiet im Norden“ angesehen und die Lebensqualität der Dorfbewohner immer mehr beeinträchtigt wird. In einer gemeinsamen Aktion warnen nun Schevener Ratsmitglieder über die Parteigrenzen hinweg davor, dem Ort noch mehr zuzumuten.

Gewerbegebiet und Solarpark sorgen für Verärgerung bei den Schevenern

„Diese Belastungen müssen bei zukünftigen Entscheidungen berücksichtigt werden und keine weiteren Einschränkungen beschlossen werden“, fordert Stephanie Sistig (CDU). Es gebe auch an anderen Stellen in der Gemeinde noch ungenutzte Flächen.

„Nach der Kommunalwahl 2014 haben wir uns zusammengesetzt, die Situation des Dorfes analysiert und zwölf Ziele festgelegt“, erzählt Reiff. Die reichen von der Renovierung des Dorfsaals und Angeboten für Jugendliche und Senioren über Leben im Grünen, Erholung und Sport sowie Kulturveranstaltungen bis hin zur Zukunft der Vereine. Leerstand soll bekämpft, Mietwohnungen geschaffen und die Vernetzung mit umliegenden Dörfern verbessert werden. „Viele Projekte wurden bereits realisiert oder laufen noch. Die Umsetzung ist aber nicht immer ganz leicht“, erklärt der Ortsvorsteher.

Parallel, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dr. Guido Huppertz, kämen aber mit der Zeit immer mehr negative Faktoren hinzu, die ihre Bemühungen konterkarierten: „Dazu gehören das Gewerbegebiet 3 inklusive des Heidehofs, der geplante Solarpark und das Neubaugebiet Alenberg 2“. Dort sollten im Rahmen des Programms Bauen an der Schiene bis zu 750 Wohnungen entstehen. „Das hat der Gemeinderat zum Glück nicht mitgemacht“, erklärt Reiff.

Nun würden statt mehr als vier nur 1,3 Hektar bebaut. Auch von dem Repowering des Windparks Ravelsberg sei Scheven in geringem Maße betroffen. Das Regenrückhaltebecken für den Hochwasserschutz am Ortsrand, dass nach dem Hochwasser 2016 errichtet worden war, sei eine weitere Beeinträchtigung.

Ratsmitglieder befürchten Beschneidung von Erholungsflächen

„Es sind viele kleine Mosaiksteine, die alle zusammen aber eine signifikante Beeinträchtigung darstellen“, betont Huppertz. Verärgert sind die Schevener Ratsmitglieder darüber, dass der geplante Solarpark von sechs auf zehn Hektar erweitert wurde, weil angrenzende Flächen der Gemeinde in die Planung miteinbezogen wurden. „Das wird im Ort sehr kritisch gesehen“, sagt Daniela Züll (SPD). Die Freizeit- und Erholungsflächen rund um den Ort würden immer mehr beschnitten. Das seien aber wichtige Punkte für Menschen, die sich im ländlichen Raum niederließen, ergänzte Huppertz.

Mit der Entwicklung des Gewerbegebiets 3 werde die ohnehin angespannte Hochwassersituation in Scheven zudem weiter verschärft. Ferner sind während der Entwicklung des Gebiets nach Angaben von Huppertz Versprechungen gemacht, aber nicht eingehalten worden: „So sollte zum Beispiel ein Erdwall als Sichtschutz angelegt werden und Hecken und Bäume rund um das Areal gepflanzt werden.

Auch sollte verhindert werden, dass Lastwagen, die auf dem Weg ins benachbarte Gewerbegebiet sind, durch den engen Ortskern fahren.“ Passiert sei aber trotz mehrerer Nachfragen nichts. „Zuletzt musste ein Schulbus zurücksetzen, weil sonst ein großer Lkw nicht hätte weiterfahren können“, berichtet Sistig.

„Wir warten mit den Grünflächen und -streifen ab, bis der Endausbau abgeschlossen ist“, sagte der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Markus Auel. Schließlich soll an der Landesstraße 206 auch noch ein Radweg angelegt werden. Für die Arbeiten soll laut Auel in diesem Jahr eine Planung erstellt und die Arbeiten 2024 durchgeführt werden. Teilweise handele es sich aber auch um private Flächen, für deren Bepflanzung die Grundstückseigentümer zuständig seien.

„Wir wollen ein Dorf bleiben und da gehören auch Tiere um das Dorf herum dazu“

Zu dem von Huppertz angesprochenen Wall meinte Auel: „Die Fläche, auf der der Wall samt einer Aussichtsplattform angelegt werden sollte, gehört dem Kreis, und der hat seine Planung geändert.“ Dort sollen jetzt Bäume gepflanzt werden.

„Wir müssen noch mehr mit Augenmaß vorgehen und nicht alles machen, was möglich ist“, fordert Reiff. „Die Bürger wollen ein vernünftiges Wohnumfeld haben.“ Dabei müsse auch mittel- und langfristig gedacht werden. „Ich bin hierhin gezogen, weil ich familiär verwurzelt bin. Sonst wäre ich wohl in einer der Nachbarkommunen gelandet“, erklärt Huppertz.

Sistig betont: „Wir wollen ein Dorf bleiben und da gehören auch Tiere um das Dorf herum dazu.“ Auch dafür brauche man entsprechende Flächen. „Wir bekommen oft zu hören, dass wir für Projekte sind, sie aber nicht vor der eigenen Haustür haben wollen. Aber das stimmt nicht.“ Es gehe darum, Belastungen gerecht auf alle Schultern zu verteilen, so Sistig.

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