Kreis EuskirchenGründung des Netzwerks gegen sexualisierte Gewalt an Kindern

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Das Netzwerk hat sich neu gegründet.

Das Netzwerk hat sich neu gegründet.

Kreis Euskirchen – Am Ende der Auftaktveranstaltung, in der sich das frisch gegründete Netzwerk gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen der Fachöffentlichkeit vorgestellt hat, musste man den Eindruck gewinnen: Es war allerhöchste Zeit! Fast 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unterschiedlichsten Bereichen und Institutionen, die allesamt im beruflichen Alltag Berührungspunkte mit der Thematik „sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ haben, hatten sich angemeldet. Viele von ihnen signalisierten Redebedarf.

Auf dem Programm der zweistündigen Online-Veranstaltung stand neben der Vorstellung des Präventionsnetzwerks und seiner Gründungspartnerinnen und -partner auch der Austausch. Ziel war, über die Teilnehmenden in Erfahrung zu bringen, in welchen Bereichen die größten Bedarfe bestehen und wo das Netzwerk künftig tätig werden sollte, um kreisweit eine gelingende Prävention zu unterstützen.

Verbesserung der Prävention

Nicht erst seit der Aufdeckung der Missbrauchsfälle in Lügde und Bergisch Gladbach liegt der Fokus der Fachleute auf der Frage, wie und mit welchen Mitteln Prävention gegen sexualisierte Gewalt verbessert werden kann. Das Organisationsteam des Netzwerkes, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Jugendamtes, der Präventionsstelle der Kriminalpolizei Euskirchen und des Vereins „Frauen helfen Frauen“.

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Allesamt Institutionen, die einen gesetzlichen Auftrag in Bezug auf die Prävention von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen haben oder die durch öffentliche Mittel mit dieser Aufgabe betraut sind – definierte zunächst die Begrifflichkeiten: „Unter sexualisierter Gewalt verstehen wir mit C. Hagemann-White: Jede Verletzung der körperlichen oder seelischen Integrität einer Person, welche mit der Geschlechtlichkeit des Opfers und Täters zusammenhängen“, heißt es da. Prävention bewege sich immer im Spannungsfeld zwischen Ressourcenorientierung und Risikovermeidung, Sexualfreundlichkeit und Gefahrenabwehr.

Eigene Wertvorstellungen reflektieren

Daraus abgeleitet verfolgt das Netzwerk-Gründungsteam folgende Ziele: eine positive Haltung von Ansprechpartnerinnen und -partnern in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen zur Sexualität als Möglichkeit, angenehme Erfahrungen zu machen. Für eben jene, die mit Kindern und Jugendlichen agieren, heißt das: eigene moralische oder normative Wertvorstellungen selbstkritisch zu reflektieren und keine Angst vor dem Thema zu haben. Ziel ist es, Wissen und Information zu den vielen Formen sexualisierter Gewalt zu verbreiten, so dass Signale entsprechend gedeutet werden können. Bei Verdachtsfällen sollte außerdem Handlungssicherheit bestehen.

„Besondere Aufmerksamkeit gilt zudem den Bedingungen, die begünstigend für Opfer oder Täterschaft sind“, schreibt das Team in seinem Definitionspapier. „Prävention soll letztlich der Vermeidung von sexuellen Übergriffen und der Milderung der negativen Folgen dienen und zugleich Räume für die Entfaltung sexueller Autonomie eröffnen.“ In diesem Zusammenhang wurde noch einmal betont, dass „immer die Erwachsenen in der Verantwortung sind, wenn es um Prävention geht“, so Elena Fastabend von der Frauenberatungsstelle.

Sammeln von Themen und Bedarfen

Nachdem sich die bereits involvierten Institutionen des Netzwerkes den online zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern einzeln vorgestellt hatten, ging es in moderierten Kleingruppen um das konkrete Sammeln und Abfragen von Themen und Bedarfen, die das Präventionsnetzwerk zukünftig angehen will.

Die Wunschliste wurde am Ende ziemlich lang. Von regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen für Fachleute über eine Anlaufstelle für die LGBTQ-Community im Kreis Euskirchen war die Rede, von Sozialtrainings in Schulklassen bis hin zum sicheren Schutz- und Handlungskonzept im Ernst- oder Verdachtsfall sowie umfangreiche Beratungsangebote für Menschen mit pädophilen Neigungen.

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Etwas, das offensichtlich ganz besonders auf den Nägeln brennt war die Enttabuisierung des Themas und damit die Besprechbarkeit. „Selbst Fachkräfte haben manchmal keine Worte und wissen nicht, wie sie die Dinge benennen sollen“, sagte eine Teilnehmerin. Doch ohne eine Sprache für Sexualität sei keine Prävention zu leisten.

„Da haben wir heute eine wirklich beeindruckende Ernte an Themen eingefahren“, freute sich Martina Hilger-Mommer, Teamleiterin Kindertagesbetreuung, Prävention und Jugendarbeit im Kreis Euskirchen. „Wir werden nun nach und nach die Aufgaben angehen, die sich uns stellen.“

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