Brand- und KatastrophenschutzLandrat plant Gefahrenabwehrzentrum für gesamten Kreis

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Seit Jahrzehnten ist das Brandschutzzentrum am Fuß des Schleidener Ruppenbergs beheimatet.

Seit Jahrzehnten ist das Brandschutzzentrum am Fuß des Schleidener Ruppenbergs beheimatet.

Kreis Euskirchen – Mehr als 2600 aktive Feuerwehrleute gibt es im Kreis Euskirchen – Tendenz steigend. Allein im vergangenen halben Jahr kamen nach Angaben von Landrat Markus Ramers 190 Ehrenamtler hinzu. Dass einer von ihnen einen Großbrand alleine löscht? Ausgeschlossen. Feuerwehr ist ein Gemeinschaftsprodukt.

Die Aufgaben

Die vier ständigen Mitarbeiter des Kreisbrandschutzzentrums in Schleiden prüfen, warten und reparieren die feuerwehrtechnische Ausstattung. Unter anderem ist nach Angaben von Kreisbrandmeister Peter Jonas auch ein Kfz-Experte unter den Mitarbeitern. „Ein absoluter Glücksfall“, sagt Jonas mit Blick auf kleinere und größere Reparaturarbeiten.

Zu den Aufgaben gehören die Prüfung der Atemschutzausstattung, der Gasspürgeräte und der Chemiekalienschutzanzüge. Zudem ist die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft nahezu aller feuerwehrtechnischen Geräte möglich.

Als zentrale Ausbildungsstätte für die überörtliche Aus- und Fortbildung der mehr als 2600 aktiven Feuerwehrangehörigen im Kreis Euskirchen wird das Brandschutzzentrum ebenfalls genutzt.

Das Herzstück für die realistische Aus- und Fortbildung der mehr als 1000 Atemschutzgeräteträger im Kreisgebiet ist die zweistöckige Atemschutzübungsstrecke. In der kann trotz Corona geübt werden.

Darüber hinaus gewährleistet das Brandschutzzentrum den 114 Löschgruppen und -zügen der Feuerwehren im Kreis eine operative Einsatzunterstützung bei größeren Schadensereignissen. Hierfür wurden eigens ein Wechselladersystem, bestehend aus zwei Trägerfahrzeugen und fünf Abrollbehältern, beschafft sowie ein Bereitschaftsdienst eingerichtet. (tom)

Das ist in der Praxis nicht anders als in der Theorie. Deshalb hat der Kreis Euskirchen bereits vor der Flutkatastrophe ein Organisationsgutachten angestoßen. Ziel ist es, dass externe Experten den Bedarf beim Brandschutz, aber auch bei der Gefahrenabwehr und dem Katastrophenschutz unter die Lupe nehmen und aufzeigen, wo Kreis und Kommunen gut aufgestellt sind und wo nachgebessert werden kann oder gar muss.

Standortfrage wird (noch) nicht gestellt

Dabei soll es auch um das Kreisbrandschutzzentrum gehen, das seit Jahrzehnten in Schleiden beheimatet ist. Ramers will die Standortfrage nicht stellen – noch nicht. „Wenn wir immer zuerst die Standortfrage stellen, nehmen wir uns die Chance, uns zu entwickeln“, sagt er. Er habe die Vision eines Gefahrenabwehrzentrums. „Wir müssen das Ehrenamt anders unterstützen, als wir es bisher getan haben“, so Ramers: „Wir brauchen entsprechende hauptamtliche Strukturen in der Gefahrenabwehr.“

Der Kreis habe viel Material zur Pandemie-Bekämpfung eingelagert. Einiges davon sei suboptimal im Depot in Vogelsang untergebracht, berichtet der Landrat. Solche Dinge könnten in einem Gefahrenabwehrzentrum gebündelt werden. Sogar eine Dauerimpfstelle sei denkbar, wenn diese vorgehalten werden müsse, so Ramers.

Synergieeffekte sollen genutzt werden

Nicht ausgeschlossen seien auch Synergieeffekte mit der Polizei. Die Mietverträge für die Standorte der Behörde in Euskirchen und Schleiden laufen in einigen Jahren aus. Und es zeichnet sich ab, dass die Räumlichkeiten auch von der Größe nicht mehr passen.

Zurück zum Gutachten: „Es geht darum, welche Arbeiten im Kreisbrandschutzzentrum geleistet werden – differenziert zwischen Aufgaben des Kreises und der Kommunen“, sagt Kreisbrandmeister Peter Jonas. Dabei stehe die gelebte Praxis „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ in der Gefahrenabwehr ganz weit oben auf der Agenda. Jonas wird nicht müde zu betonen, dass bei allen Überlegungen immer der gesamtheitliche Blick entscheidend sei.

Individueller Grundbedarf in jeder der Kommunen

„Nicht jede Kommune, nicht jede Abteilung für sich, sondern gemeinsam“, so Jonas. Es gebe einen Grundbedarf, der in jeder der elf Kommunen im Kreis individuell sei. Daran bestehe kein Zweifel. Aber es gebe auch Bedarfe, die nicht nur den Brandschutz betreffen, sondern auch den Katastrophenschutz. Das habe die Flutkatastrophe im Juli gezeigt.

Doch es müsse gar nicht der Katastrophenfall sein. Auch der Alltag stehe auf dem Prüfstand. So stehe die Ersatzbeschaffung eines Wechselladers an, der wieder am Kreisbrandschutzzentrum stationiert werden soll. Laut Jonas soll der neue Wechsellader einen Ladekran erhalten – doch damit passe er nicht mehr in die Halle in Schleiden.

Können auf lange Sicht alle Bedarfe abgebildet werden?

Fraglich sei, ob man im Brandschutzzentrum in seiner jetzigen Form auf lange Sicht alle Bedarfe abbilden könne. Dazu zählt auch die Kreisfeuerwehrschule, die weitergehende Aus- und Fortbildung durchführt. Einen entsprechenden Schulungsraum gibt es in Schleiden, genau wie eine Übungsstrecke für Atemschutzträger. Was aber fehle, seien eine überdachte Übungshalle und ein Ort, an dem man beispielsweise Absturzsicherung trainieren könne. „Das alles muss betrachtet werden. Über allem steht die Frage, ob wir noch zeitgemäß aufgestellt sind“, so Jonas. Deshalb werde es nicht nur einen Vororttermin im Kreisbrandschutzzentrum geben, sondern auch das Gespräch mit den Kommunen gesucht. Auch Workshops mit allen Beteiligten sind geplant.

Außerdem seien die Meinungen der Fachämter des Kreises, der Leiter der Feuerwehren, der Ordnungsämter und der lokalen Hilfsorganisationen enorm wichtig. Eine isolierte Betrachtung aus der Sicht des Feuerschutzes sei kontraproduktiv. Die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung seien eben eine kreisweite, interkommunale Aufgabe. Auch das Thema Synergien sei enorm wichtig, so Jonas. So könnten künftig Lagerbedarf des Rettungsdienstes oder Reparaturbedarf an Fahrzeugen berücksichtigt werden. Und auch die Logistik, beispielsweise bei der Tierseuchenbekämpfung, spiele eine Rolle.

Erweiterte Anforderungen an das Kreisbrandschutzzentrum

Die Experten sollen in dem Organisationsgutachten unter anderem klären, ob alle Aufgaben und gesetzliche Pflichten, insbesondere mit Blick auf den Arbeitsschutz, in der jetzigen Struktur abgebildet werden können. Gibt es darüber hinaus erweiterte Anforderungen an das Kreisbrandschutzzentrum, so sind durch das Gutachten Lösungsansätze aufzuzeigen.

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Auch spiele der Faktor Zeit hinsichtlich von Einsatzmittelnachführung eine Rolle, so Jonas. Das gelte beispielsweise für den Nachschub von Schaummittel, aber auch von Schlauchmaterial oder für den Abrollcontainer Atemschutz. Aktuell ist man in der finalen Abstimmung eines Konzepts zur Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung. Darin ist auch die Beschaffung eines Abrollcontainers mit entsprechender Beladung vorgesehen.

Nicht ausgeschlossen sei auch, dass es beispielsweise eine Drehleiter des Kreises geben könnte, die im neuen Gefahrenabwehrzentrum stationiert werden und bei Bedarf mitausrücken könnte – zur Unterstützung oder in Kommunen, die keine eigene Drehleiter haben.

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