Sicherer SchulwegWißkirchen und Ülpenich schneiden schlecht ab

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Das Bild zwei Grundschülerinnen, wie sie eine Straße überqueren. Im Hintergrund geht eine weitere Gruppe in Richtung Bus.

Gerade für i-Dötzchen birgt der Schulweg im Kreis Euskirchen mitunter Gefahren.

Welcher Schulweg ist im Kreis Euskirchen unsicher, wo gibt es Verbesserungspotenzial? Vor allem Elterntaxis sind laut Polizei eine Gefahr.

Autofahrer, die an einer Bushaltestelle zu schnell fahren und vielleicht sogar den Zebrastreifen nicht wahrnehmen. Eltern, die am liebsten ihr Kind mit dem Auto ins Klassenzimmer fahren würden. Ein nicht ausgebauter Radweg oder erst gar kein vorhandener Gehweg – die Gründe für einen gefährlichen Schulweg sind vielfältig.

Nach Angaben der Polizei verunglückten im vergangenen Jahr 55 Kinder bis 14 Jahre im Straßenverkehr im Kreis. Ein Jahr zuvor waren es 41 – was aber auch daran gelegen haben könnte, dass wegen der Corona-Pandemie weniger Verkehrsteilnehmer unterwegs waren.

Polizei hat in Wißkirchen und Ülpenich unsichere Schulwege ausgemacht

Doch was macht aus Sicht der Polizei einen sicheren Schulweg aus? „Ein guter Schulweg ist gegeben, wenn auf dem gesamten Weg ein Gehweg für die Schüler vorhanden ist oder an stark befahrenen Straßen Fußgängerüberwege oder Ampeln beim Überqueren helfen“, sagt Oberkommissarin Julia Braun.

Gibt es aus Sicht der Polizei denn auch Schulwege, die nicht gut sind? „Eine Schule, die einen suboptimalen Schulweg hat, ist die Grundschule in Ülpenich. Dort fehlt ein Gehweg für die Schüler“, sagt Braun. Schulleiterin Jutta Sina wünscht sich eine Einbahnstraße, damit die Elterntaxis nicht noch größeres Chaos verursachten.

Das Bild zeigt eine gefährliche Situation vor der Schule. Zwei Autos wollen in eine Straße abbiegen, übersehen dabei aber ein Kind mit seiner Mutter.

Das Elterntaxi ist gerade im Grundschulalter noch gerne genommen. Schulleitungen sind die Eltern, die ihre Kinder zur Schule fahren, aber immer wieder ein Dorn im Auge

Ein weiteres Beispiel sei die Grundschule in Wißkirchen. Die Schule befinde sich in einer Sackgasse. „Da dort kein Gehweg vorhanden ist und es auch keine Wendemöglichkeiten für Fahrzeuge gibt, kann es gerade zu Bring- und Abholzeiten zu gefährlichen und unübersichtlichen Situationen kommen“, so die Verkehrsexpertin.

Torsten Wanasek leitet die Hermann-Josef-Schule am Keltenring. Wenn dort die Ampel ausfalle, sei es mitunter gefährlich. Wanasek zieht dann meist selbst die Warnweste an, greift zur Kelle und leitet die Schüler sicher über die Straße – in Absprache mit der Polizei.

Eltern begleiten Kinder zur Bushaltestelle

„Es klappt super“, sagt Inken Hohmann. Obwohl ihr Sohn Niilo selbstbewusst durchs Leben geht, begleitet seine Mutter ihn zu Fuß bis zu Bushaltestelle. Die Sicherheit an der Bushaltestelle sei bei den Weidesheimer Eltern ein großes Thema, stellt Hohmann fest: „Leider nehmen einige Autofahrer kaum Rücksicht.“ Das Abenteuer Grundschule inklusive Fahrt mit dem Schulbus meistere der Sechsjährige aber toll, sagt die stolze Mutter.

Auch Britta Franzen begleitet ihren Sohn Mats zur Bushaltestelle in Hollerath. Das liege daran, dass in Hollerath gerne und viel gerast werde. „Ich verstehe das nicht. Jeder weiß, dass da eine Bushaltestelle ist“, so Franzen, die im Vorfeld des Schulstarts mit ihrem Sohn den Schulweg von der Haltestelle in Hellenthal bis zur Grundschule abgegangen ist.

Helikoptereltern sind Schulleitungen im Kreis Euskirchen ein Dorn im Auge

Lion Preisers Schulweg beträgt etwa 500 Meter. Aus dem Neubaugebiet Römergärten zur Chlodwigschule in Zülpich ist es ein Katzensprung. Und dennoch gibt es aktuell ein bisschen Ärger: Im Kettenweg wird Glasfaser verlegt und damit ist der Zebrastreifen für die Grundschüler nur eingeschränkt zu nutzen. „Er macht das aber gut und schlägt sich tapfer“, sagt seine Mutter Sandra: „Und die Baustelle ist ja nur eine gewisse Zeit da. Das passt schon.“

Seit Jahren sind Eltern, die ihre Kinder am liebsten mit dem Auto in die Klasse fahren würden, den Schulleitungen ein Dorn im Auge. „Es gibt keinen Brief, den ich öfter kopiert und nur das Datum geändert habe“, sagte Brigitte Wilhelms, kurz bevor sie zum Ende des Schuljahres in den Ruhestand gegangen ist.

Das Bild zeigt zwei Polizistinnen, wie sie mit Grundschülern an einem Bus das richtige Verhalten lernen.

Die Euskirchener Polizei absolviert mit Grundschülern regelmäßig ein Bustraining.

Auch an der Katholischen Grundschule in Mechernich ist das Problem „Helikoptereltern“ bekannt. Vor der Schule sei ein großer Parkplatz angelegt, sagt Schulleiter Ulrich Lindner-Moog. Um den Parkplatz herum: eine Spur für die Schulbusse. „Die ist allerdings häufig blockiert.“

Das liege daran, dass die Eltern ihre Kinder morgens so nah wie möglich an die Schule bringen wollten. Und der nächstgelegene Halt liege eben genau in der Busspur. „Dagegen unternommen haben wir schon viel“, sagt Lindner-Moog. Immer wieder würden Lehrer, Polizei und auch bemühte Eltern in den Klassen und vor der Schule auf das Problem aufmerksam machen.

Lindner-Moog zeigt sich resigniert: „All diese Bemühungen fruchten aber nicht.“ Nur eine kurze Zeit halte das neue Verhalten seitens der Eltern. Schnell würden alte Muster durchbrechen. Die Eltern fänden dann Ausreden. Die Beliebtesten: „Wir waren spät dran“ und „Ich traue meinem Kind das nicht zu.“

Aber eine positive Entwicklung gibt es: „Immer mehr Kinder kommen mit dem Fahrrad zur Schule – in Eigeninitiative.“ Viele mittlerweile auch mit einem Roller. Dazu aufrufen, mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen, möchte Lindner-Moog aber nicht. Schließlich gebe es einige gefährliche Stellen.

Neben einem Puppentheater für Kitas bietet die Polizei Busfahrtraining für i-Dötzchen und die Verkehrserziehung samt Fahrradtraining während der Grundschulzeit an. Laut den Beamten ist der Walkingbus, der unter anderem an der Franziskusschule zum Einsatz kommt, ein Erfolgsmodell. Dabei geht eine Gruppe von Kindern in Begleitung von Eltern zu Fuß zur Schule. An bestimmten Punkten „steigen“ immer wieder Kinder dazu.


Jetzt mitmachen – „Achtung, Schulweg!“

Achtung, Schulweg!

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Wir möchten eine möglichst umfassende Dokumentation der Gefahrenstellen auf Schulwegen im Kreis Euskirchen erstellen und rufen daher mit dem Automobil-Club Verkehr dazu auf, Gefahrenstellen zu melden und zu dokumentieren. So wollen wir konstruktiv dazu beitragen, Gefährdungen von Schülerinnen und Schülern zu erkennen und zu reduzieren. Das geschieht über den CrowdNewsroom, eine Online-Plattform des investigativen Recherchenetzwerks Correctiv. Hier geht es zum Formular.

Grundschulen können sich bei den regionalen Radiosendern wie Radio Euskirchen an einer Verlosung beteiligen, um Sicherheitswesten zu gewinnen. Mehr Infos dazu gibt es auf radioeuskirchen.de. Ein vergleichbares Projekt hatte erstmals die Schweizer Zeitschrift „Beobachter“ gemeinsam mit Correctiv organisiert. Alle Infos zur Aktion gibt es auf www.ksta.de/schulweg und www.rundschau-online.de/schulweg.“

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