BilanzDer Karneval im Kreis Euskirchen hat ganz verschiedene Gesichter

Lesezeit 4 Minuten
Die Saubermänner der Straßenreinigung Euskirchen sorgen direkt nach dem Zug für saubere Verhältnisse auf den Straßen.

Die letzten Zöch sind gegangen, die Saubermänner, hier in Euskirchen, beseitigen die Spuren des jecken Treibens.

Der Straßenkarneval im Kreis Euskirchen ist kunterbunt. Zuweilen sehr, sehr laut. Und manchmal tieftraurig. Wir ziehen Bilanz.

Das letzte Lied ist gesungen, das letzte Alaaf verklungen. Die Pappnasen werden verstaut, die Kostüme gewaschen – am Aschermittwoch ist alles vorbei. Wie schnell ist diese kurze, knackige Session vorbeigeflogen, wie intensiv haben die Jecken den Höhepunkt auf den Straßen zwischen Weilerswist und Dahlem gefeiert. Trotz des teils usselijen Wetters war's richtig voll bei den Zöch. Wurde der Betrieb im vergangenen Jahr noch der großen Lust zugeschrieben, nach der langen Corona-, Flut- und Kriegspause endlich wieder feiern zu dürfen, zeigt sich nun: Das war kein Strohfeuer, der Spaß am Fastelovend ist ein Dauerbrenner.

Prächtig und wunderschön entwickeln sich einige Zöch. Zülpich mit dem meisten Gruppen (98) und Euskirchen mit den meisten Teilnehmern (1300) vorneweg. Der Stäänedanz im Eiserfeyer Lichterzug, der jedes Jahr neue Aspekte hervorbringt, sowieso. Auch in so vielen Dörfern wird der Fastelovend derart lebendig gefeiert, dass es eine wahre Freude ist.

Manche Züge im Kreis Euskirchen haben zu kämpfen

Andere haben mächtig zu kämpfen. Mechernich etwa seit Jahren. Dort ist mit dem veränderten Zochweg ein guter Anfang gemacht – vielleicht inspiriert das die eine oder Gruppe, nächstes Jahr mal mitzumachen. Oder Schleiden: Sechs Gruppen, während es zweieinhalb Stunden später in Dreiborn derer 27 sind? Das nur auf die Verlegung des Drommerter Rosenmontagszugs auf den Samstag zu schieben, wäre zu billig. Leev Schleedener, da müsst ihr euch was einfallen lassen.

Dominik Stahnke fegt die Spuren des Karnevalszugs in Schleiden zusammen.

Die Zöch sind gegangen, die Jecken – hier Dominik Stahnke – fegen die letzten Spuren der kurzen Session zusammen.

Einfallen lassen haben sich die Jecken für die Zöch eine Menge. Mit viel Fantasie wurden Kostüme geschneidert, Wagen gebaut, Bollerwagen dekoriert – bunt, jeck, schön. Wenig Spaß haben die Jecken nach wie vor an den lokalen Themen. Schade. Es gibt wohl kaum einen Ort, in dem es nicht ein Thema gegeben hätte, dass auf die närrische Schippe hätte genommen werden können. Wie in Kirchheim, wo die Enten so gerne wieder in der Steinbach schwimmen würden. Oder in Bad Münstereifel, wo nicht nur die Jecken so gerne mal in einer Kneipe einkehren würden.

Erstaunlich selten haben die Jecken die Steilvorlage durch die Bauerndemos verwandelt. Ohne Trecker kein Zoch. Ohne Landwirte kein Kölsch. Das weiß doch jedes Kind. In die jecken Lindwürmer wurde das kaum eingebracht, lediglich Transparente à la „Wir bewegen nicht nur Karnevalswagen“ waren hier und da zu finden.

Die extrem lauten Boxenanlagen können abgerüstet werden

Selbstverständlich haben die Stänkerpitter wie immer was zu motzen. Allerdings dürften die gerne mal eine neue Platte auflegen – die Themen sind ständig die gleichen. Auf die Sache mit dem „Es wird viel zu wenig geworfen“ gehen wir nicht mehr ein. Leev Stänkerpitter: Geht einfach mal in den Supermarkt, schaut, wie teuer alles geworden ist – und versucht mal zu rechnen, was so ein Fastelovend kostet. Wie grandios ist es doch, wie viel trotzdem an Leckerem und Jecken (Schwämme vom Schevener Prinzenwagen? Hat was!) unters Volk gebracht wurde.

Redakteur Tom Steinicke ist mit der Kamera auf einem Wagen im Euskirchener Rosenmontagszug.

Die Zeitungsfotografen, hier Tom Steinicke, waren in den Zöch im Kreis Euskirchen im Dauereinsatz.

Dauerthema ist auch die Lautstärke. Leev Lückcher: Fastelovend ist kein Hochamt. Es kann und darf wild sein. Es kann und darf laut sein. Und wenn die jungen Jecken mal ne Runde Techno-Musik hören wollen? Lasst sie doch, jeder Jeck es anders. Freut euch daran, wie viele Jugendclubs und Freundesgruppen mitmachen und helfen, dass die Tradition weiterlebt. Jedoch: Das Wettrüsten mit Aggregaten von der Größe eines Kleinwagens, um Boxen zu betreiben, die jeder Großraumdisco zur Ehre gereichen, ist echt drüber. Hier muss etwas abgespeckt werden.

Wenn wegen des oft schwer erträglichen Lärms Familien mit kleinen Kindern oder Jecke, die auch ein Klääfchen halten wollen, nicht mehr zum Zoch kommen, kann's das auch nicht sein. Leev Jecke: Nehmt ein bisschen Rücksicht aufeinander, geht ein Schrittchen aufeinander zu. Dann haben alle viel Spaß an dr Freud.

Tödlicher Unfall überschattet Karneval in Weilerswist

Plötzlich wird's ganz still. Von einer Sekunde auf die andere. Wie nah unbeschwerte Karnevalsfreude und unermessliches Leid beieinanderliegen können, das mussten die Menschen in der Gemeinde Weilerswist erfahren. Dort starben in der Nacht zum Rosenmontag zwei junge Männer, 18 und 20 Jahre alt. In Metternich hatten sie die Karnevalsparty besucht. Gegen Mitternacht gingen sie auf der Landstraße Richtung Weilerswist und wurden dort von einem Auto erfasst.

Ganz schön stressig ist der Fastelovend für die Mädcher und Jonge von dr Zeitung. 70 Zöch haben wir geschafft – und auch da mussten wir oft janz flott wieder fott sein, seht es uns nach. Leider konnten wir nicht alle Zöch besuchen – der Kreis ist einfach zu groß, die Strecken zu weit. Eine Fahrt in einen der südlichsten Außenposten war am Ruusemondaach nicht drin. Daher ein Alaaf nach Waldorf: Marcel Schneider vom Karnevalsverein hat uns ein paar Bilder und Infos geschickt, die wir direkt auf unsere Internetseite gestellt haben.

Mit Alaaf, Helau, Juh-Jah und Wau-Wau verabschiedet sich die närrische Zeitung bis zum nächsten Elften im Elften. 

KStA abonnieren