Demo der LandwirteWer im Kreis Euskirchen einen Trecker besitzt, tuckerte mit

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau steht im Schneegestöber an der B51 bei Blankenheim und bekundet mit einem Transparent ihre Solidarität mit den Landwirten. Deren Demonstrationszug ist im Hintergrund zu sehen.

Birgit Thelen aus Blankenheim harrte stundenlang an der B 51 aus.

Fast 800 Traktoren, Lkw und Transporter reihten sich am Montag in die Protestzüge der Landwirte im Kreis ein. Die Solidarität der Bevölkerung ist groß.

Beißende Kälte und Schneegestöber, aber auch beste Stimmung herrschen im Ahrtal, als sich eine stattliche Zahl Landwirte am Montag gegen 6 Uhr morgens mit ihren Traktoren auf den Straßen am Kreisverkehr in Ahrhütte aufreiht. Ihr Ziel: die B 51 zwischen Blankenheim und Tondorf. Nachdem der frühe Berufsverkehr Richtung A1 durch ist, soll dort nur noch eines rollen: die Bauern mit ihren Traktoren.

Landwirt Dieter Michels, der als Organisator für den Protest der Bauern an der Ahr verantwortlich zeichnet, teilt die Ordner ein, ermahnt noch mal eindringlich, sich strikt an das im Vorfeld in diversen Whatsapp-Gruppen übermittelte Regelwerk zu halten und trifft letzte Absprachen mit den Einsatzkräften der Polizei, die den Protestzug der Landwirte vorne und hinten mit Streifenwagen absichern.

Alleine auf der B51 sind fast 400 Fahrzeuge unterwegs

Um 7.45 Uhr setzt sich hier die endlos lange Kolonne in Bewegung. Autofahrer, die auf dem zweispurigen Teil der L115 überholen, hupen freundlich und zeigten mit emporgestreckten Daumen, dass sie die Aktion trotz der Verkehrsbehinderungen begrüßen. Allerdings ist für die meisten kurze Zeit später an der B 51 die Fahrt zu Ende.

Von Tondorf und von Blankenheimerdorf haben sich ebenfalls Treckerkolonnen in Bewegung gesetzt. Schließlich sind es rund 270 Traktoren, 30 Zugmaschinen von Lastzügen und rund 80 Kleintransporter und Privatautos, die im langsamen Tempo zwischen den Kreisverkehren Tondorf und Blankenheim mit teils dröhnenden Fanfaren über die B51 tuckern. Oder stehen, als sich ein Lastzug mit Sommerreifen, der zwar nicht zur Demo gehört, sich aber eingereiht hat, im Schnee festfährt und die Straße blockiert.

Zwei Traktoren mit Protestplakaten fahren durch Schleiden.

Gegen 5 Uhr am Morgen starten die Bauern aus dem Schleidener Tal, um sich in die Protestzüge einzureihen.

Das Luftbild zeigt die Demonstrationsfahrt der Landwirte rund um den B51-Kreisverkehr in Tondorf.

Die Treckerkolonne rollt auf den Tondorfer Kreisverkehr zu. Dann geht's zurück in Richtung Blankenheim. Für andere Fahrzeuge gab's lange Zeit kein Weiterkommen.   

Durch die mit Protestplakaten ausgestatteten Fahrzeuge, viele üppig illuminiert, mit den Hupen, den Fanfaren und der Musik aus Lautsprechern hätte es etwas von einem imposanten Lichterzug gehabt, wäre da nicht die klare Botschaft gewesen: Die Bauern haben die Nase gestrichen voll von immer höheren Auflagen, einer überbordenden Bürokratie und sinkenden Einkommen. Klarer Adressat ihres Protests: die Ampelkoalition in Berlin, die mit ihren Sparplänen zu Lasten der Bauern das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Mehrere Treckerkolonnen fahren durch den Kreis Euskirchen

Und nicht nur in Blankenheim treibt es die Bauern auf die Straße. Auch an anderen Verkehrsknoten finden Sternfahrten statt. 780 teilnehmende Fahrzeuge zählt die Polizei am Montag insgesamt im Kreis.

Auf dem Parkplatz in Breitenbenden sammelt sich ab 7 Uhr eine Kolonne von 80 Fahrzeugen. Neben Treckern stehen Transporter, mit Absperrband markierte Autos und Baufahrzeuge. Doch die Fahrzeuge sind sperrig und nicht besonders wendig. Einige versperren die Zufahrt, so dass es vor dem Parkplatz zu einem Rückstau kommt. Dieser löst sich um 7.30 Uhr auf, als sich die Kolonne zum ersten Mal an diesem Tag in Richtung Nöthener Kreisverkehr aufmacht.

In der Dunkelheit und im Schneegestöber fährt eine Traktorkolonne.

Die Protestkolonne aus Breitenbenden ist in Nöthen angekommen.

Traktoren mit Protestplakaten fahren auf der B266, dahinter ist eine Autokolonne.

Lange Autokolonnen zogen die im Mühlenpark gestarteten Traktoren auf der B 266 vor Wißkichen hinter sich her.

Um 6.30 Uhr ist Treffpunkt der Landwirte im Mechernicher Mühlenpark. Schon nach wenigen Minuten ist der Platz gut zur Hälfte gefüllt, weitere Minuten später fast ganz. Karl-Josef Schmitz aus Wallenthal ist einer der ersten auf dem Platz. Er erwarte eine große Präsenz seiner Kollegen. „Ich denke, dass alles friedlich sein wird. Was da in Norddeutschland mit Habeck passiert ist, ist eine Riesensauerei.“

Mitorganisator Lukas Esser ist ganz aus dem Häuschen: „Es ist beeindruckend, wie hier zusammengehalten wird“, sagt er. Man wolle positiv auffallen. Daher sei erklärtes Ziel, nicht nur Einsatzfahrzeuge durchzulassen, sondern etwa auch Mitarbeiter in der Pflege und anderen medizinischen Berufen nicht aufzuhalten.

Die Autofahrer nehmen die Behinderungen gelassen hin

Das gelingt. Die Polizei lobt die demonstrierenden Landwirte und jene Bürger, die mit ihnen unterwegs sind. Auf der B 266 kommt es zu zähfließenden Verkehr, aber die Autofahrer nehmen es gelassen hin. Zweimal fahren die Protestler bis zum Kreisel nach Wißkirchen, drehen dort und fahren dann wieder zurück nach Mechernich. Einige haben Zettel in den Scheiben: „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun.“ Das ist auf vielen Plakaten zu lesen.

Im Mühlenpark setzen Landwirte und Bürger ein Zeichen: Landwirtschaft ist bunt, nicht braun. Das entsprechende Plakat zeigt Karl-Josef Schmitz. Es ist auch in zahlreichen Autos zu sehen.

Karl-Josef Schmitz aus Wallenthal mit einem Mottoplakat.

Organisator Dieter Michels traf in Ahrhütte letzte Absprachen mit der Polizei.

Dieter Michels (l.), einer der Organisatoren, bespricht sich vor dem Start mit der Polizei.

Dieser Hinweis ist auch Schäferin Jacqueline Simons wichtig. „Wir wollen friedlich demonstrieren und etwas bewirken“, sagt sie: „Und nicht auf eine andere Schiene gesetzt werden.“ Am frühen Nachmittag zieht Lukas Esser eine positive Bilanz: „Alles super gelaufen.“ Nach abgeschlossenen drei Runden der Treckerkolonne zwischen den Kreisverkehren Nöthen und Breitenbenden resümiert Markus Hack, einer der Anmelder: „Wir sind froh, dass hier niemand links oder rechts ausgeschert ist – vor allen Dingen nicht nach rechts.“

Als sich viele Landwirte aus der Eifel schon auf den Weg nach Euskirchen machen, startet der Schweinheimer Landwirt Stephan Brock mit seinen Kollegen erst. Etwa 100 Fahrzeuge fahren am Montagvormittag auf der K24 zwischen dem Kreisverkehr Palmersheim und dem Kreisel im Euskirchener Gewerbegebiet.

Die Polizei sichert die Demonstrationen ab

Auch diese Protestkolonne wird von der Polizei an der Spitze und dem Ende abgesichert. Genau wie in Blankenheim, Breitenbenden und dem Mühlenpark belassen es auch in Euskirchen die Landwirte nicht mit einer Fahrt, sondern pendeln mehrfach zwischen den Kreiseln hin und her. „Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden. So kann es einfach nicht weitergehen. Mit dieser Meinung sind wir anscheinend nicht alleine. Das wird heute deutlich“, sagt der Schweinheimer Landwirt.

Diese Erfahrung machen auch seine Kollegen in Blankenheim. Schon durch die Menge der Traktoren ist sehr schnell ein Auffahren auf die Autobahn, geschweige denn ein Abfahren nicht mehr möglich. Der von der A1 kommende Verkehr staut sich auf der Autobahn. Die Polizei sichert das Stauende. Schließlich macht sie an der Anschlussstelle Nettersheim die A1 in Richtung Blankenheim dicht und leitet den Verkehr von der Autobahn ab.

Zwei Handwerker, wegen der Proteste extra früh in Oberhausen gestartet, stehen länger als eine Stunde an der Abfahrt Blankenheim. Sie werden dringend in Trier erwartet, nehmen es aber gelassen und versuchen gar nicht erst, sich durch die Treckerkolonne auf die L 115 zu zwängen: „Die Bauern haben doch recht. Da müssen wir uns halt was gedulden.“

Das sagt auch der Kölner Uli Heinrichs, der eigens zur Demo angereist ist: „Wir müssen zeigen, dass wir zusammenhalten.“ Hans-Joachim Hahn aus Voißel, der in Euskirchen eine Autolackiererei betreibt, sich aber auch in Forst- und Teichwirtschaft betätigt, sieht das ebenso. Er schenkt auf dem Pendlerparkplatz heißen Kaffee aus: an die Bauern, an die wartenden Autofahrer und an die Polizisten. Spenden nimmt er dafür gerne: „Damit finanzieren wir die nächste Fahrt – die nach Berlin.“

KStA abonnieren