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VulkanismusDie Westeifel hat mehr Vulkan-Maare als lange angenommen

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Eine Frau steht in einer Wiesen- und Baumlandschaft. Sie hält eine Landkarte in den Händen.

Die Geologin Sabine Kummer an dem von ihr mitentdeckten Maar in der Nähe von Steffeln.

Im Vulkanfeld der Westeifel existieren mehr als 100 Maare. Die meisten sind verlandet. Viele Standorte waren lange unbekannt.

Im weltweit einzigartigen Westeifel-Vulkanfeld zwischen Ormont an der belgischen Grenze und Bad Bertrich nahe der Mosel gibt es wesentlich mehr Maare als bisher bekannt: War man lange von 77 vor allem verlandeten Trockenmaaren ausgegangen, so sind es mittlerweile mehr als 100.

Sabine Kummer steht unterhalb des „Vulkangartens“ nahe Steffeln bei Gerolstein. „Ein Kummer-Maar wird es wohl nie geben, obwohl ich an seinem Nachweis beteiligt war“, sagt die Geologin des Naturparks und Unesco Global Geoparks Vulkaneifel und öffnet den Kofferraum ihres Autos und darin eine große Transportkiste. Sie enthält, säuberlich verstaut, unter anderem eine Art Rucksackgestell, ein Messgerät und eine handtellergroße GPS-Antenne.

Das Vulkangebiet der Westeifel ist voller Senken und Erhebungen

Das ist das Fachequipment, um einen Maar-Vulkan zu finden oder einen Schlackenvulkankegel, einen Tuffring und die vielen vulkanologischen Mischformen. Im Westeifel-Vulkangebiet ist die Suche danach eine lohnende Aufgabe. Und so hat Kummer sich, das Protonenmagnetometer in der Hand, vor Kurzem in die sanfte, zum Rand hin ansteigende Mulde unterhalb des „Vulkangartens“ bei Steffeln begeben. Am tiefsten Punkt gluckert, gesäumt von üppigem Grün, ein kleiner Bachlauf.

Ihr fachkundiger Blick auf die Senke hatte sie nicht getrogen: Ihr Messinstrument zeigte im Untergrund Auffälligkeiten an. Die magnetische Signatur des Gesteins weicht signifikant vom Erdmagnetfeld ab. „Man weiß, wie die Werte im Grundgebirge der Eifel sind. Und das hat eine ganz andere magnetische Signatur als die Vulkane, die ja eine eigene Zusammensetzung haben“, erklärt Kummer.

Eine Frau steht an einem Auto, auf dessen Motorhaube sie eine Landkarte ausgebreitet hat.

Die aktuelle Ausgabe der Vulkanologischen Karte Westeifel hat Sabrina Poétes, Praktikantin beim Naturpark und Unesco Global Geopark Vulkaneifel in Daun, vor sich ausgebreitet.

Eine Frau steht an einem geöffneten Autokofferraum, darin eine Kiste mit wissenschaftlichen Apparaten.

Sabine Kummer mit Geräten, die sie für ihre Arbeit benötigt.

Damit hatte sich erneut bestätigt, was Ausschnitte aus dem Höhenmodell aus Lidar-Satellitendaten nahelegen: Dort sind überall im Vulkangebiet der Westeifel Erhebungen und teilweise vor Ort kaum wahrnehmbare Senken zu sehen, die auch einstige Schlackenkegel oder Maare sein können. Man muss die Bilder mit den bisher bekannten Daten abgleichen – und dann durch Messungen vor Ort verifizieren.

Das „Kummer-Maar“ wird ab dem kommenden Frühjahr offiziell zu den knapp 30 neu entdeckten Maaren und  Schlackenkegelvulkanen gehören, die seit 2022 verifiziert worden sind. „Ob es statt der bisher bekannten 77 am Ende 102, 103, oder 104 Maare sein werden, ist noch nicht klar“, sagt die Dauner Geologin. Sie unterstützte das Forschungsprojekt, das vom Naturpark und Unesco Global Geopark in Auftrag gegeben und finanziert worden ist.

Drei Professoren untersuchten Gestein, Wiesen und Felder

Georg Büchel (Universität Jena), Volker Lorenz (Universität Würzburg) und ihr US-amerikanischer Kollege Michael Ort von der State University Arizona hatten sich vor drei Jahren an die Arbeit gemacht. Die drei Professoren studierten seit 2022 per Augenschein Tagebauwände in der Region, untersuchten die dort zu sehenden Gesteinsschichten und gingen wie Kummer mit dem Messgerät auf Wiesen oder Felder, deren Besitzer nicht wussten, dass ihre Äcker kaum erkennbar eine vulkanische Vergangenheit haben.

Beim kleinen Steffeln allerdings war schon immer bekannt, dass „hier einmal ein Hotspot des Vulkanismus gewesen ist“, wie Sabine Kummer erklärt. Rund um das Dorf wurden jetzt zwei neue Vulkankegel und zwei Trockenmaare gefunden. Ein Trockenmaar liegt in Sichtweite des „Vulkangartens“ in einer Senke. Die künftige Bezeichnung der Örtlichkeit lautet „Oosbachmaar“, wegen des Bachs, der durch die Senke fließt.

Am Eichholzmaar wird die Dynamik der Wissenschaft deutlich

Der neue Maar-Vulkan wird – nach der obligatorischen Veröffentlichung der Ergebnisse des Forschungsprojektes in einem anerkannten Fachjournal – im Frühjahr 2026 in der gedruckt wie digital neuen Auflage des „Westeifel-Vulkanfeldes“ zu finden sein. Das ist nicht nur wegen der neu identifizierten Maare und Vulkankegel sinnvoll.

Wie dynamisch die Wissenschaft dank neuer Messmethoden schon lange ist, zeigt sich zum Beispiel beim kleinen Weiher zwischen Steffeln und Auel, der erst vor einigen Jahren als vulkanischen Ursprungs erkannt und heute in der Westeifel-Vulkanologie als „Eichholzmaar“ benannt ist. In der bisher letzten Ausgabe der Vulkankarte von 1994 ist es noch nicht verzeichnet. 2014 wurde das bis dato trockengefallene Maar als Beitrag zum Natur- und Artenschutz wiedervernässt.

Unter uns ist die Erdkruste eben besonders dünn.
Sabine Kummer, Geologin

Weitere Neueinträge werden dann beispielsweise im Umkreis der „Augen der Eifel“ bei Daun zu finden sein. Am bekanntesten sind das Gemündener, das Weinfelder und das Schalkenmehrener Maar, die eng beieinander liegen und mit Wasser gefüllt sind. Ähnliches gilt für die Gebiete rund um Mosenberg und Pulvermaar. Die Nachweise im spektakulären, rund 60 Kilometer langen und 30 bis 40 Kilometer breiten westlichen Vulkanfeld der Eifel werden auf diese Weise immer mehr.

Dabei müsste man streng genommen zur Vulkanlandschaft der Eifel das – geologisch getrennte – Vulkangebiet in der Ost- und Hocheifel zwischen Nürburg, Hoher Acht und der Caldera des Laacher Sees hinzurechnen. Trotz aller jetzt schon festgestellten Häufungen in der Region aber gilt: Es ist nur eine Momentaufnahme. Experten wie Sabine Kummer ist klar, dass weitere Entdeckungen nicht auszuschließen sind.

In Wallenborn schießt regelmäßig eine Fontäne in den Himmel

Dass sich im Untergrund etwas tut, sieht man, wenn man weiß, wo man suchen muss, überall. An vielen Stellen in Vulkan- und Osteifel brubbelt und gluckert es verdächtig. Die Mofetten am Ostufer des Laacher Sees sind tief aus dem Erdinnern aufsteigendes Kohlenstoffdioxid. An vielen Dreesen, kleinen Quellen zum Beispiel in Wiesen, ist das ebenso. Das Quellwasser ist oft rötlich-braun verfärbt, wegen des hohen Eisengehalts.

In einem Dorf auf halber Strecke zwischen Ulmen und Kyllburg gibt es immer wieder Spektakuläres zu sehen: Dort erwacht regelmäßig ein friedlicher Brunnen, sodass plötzlich eine Fontäne mit 9 Grad kaltem Wasser mehrere Meter hoch in den Himmel schießt, sechs Minuten lang. Ebenso blitzartig ist der Spuk vorbei, der „Brubbel“, wie die Einheimischen ihn liebevoll nennen, beruhigt sich wieder. Dem Dorf, in dem er sprudelt, hat er sogar seinen Namen gegeben. Die wallende Quelle ist in Wallenborn.

Vulkanismus in der Vulkaneifel ist eine lebendige Sache. Der jüngste Maar-Vulkan der Region, das Ulmener Maar, ist gerade einmal 10.000 Jahre alt. Erdzeitaltermäßig gesehen ist das einen Wimpernschlag her. Aktuell herrscht in der Region so gesehen eher eine Ruhephase. „Unter uns“, meint Sabine Kummer, „ist die Erdkruste eben besonders dünn.“

Ein Kummer-Maar wird es am Ende aber wohl nicht geben, obwohl es in der Wissenschaft eigentlich üblich ist, einen Fund nach seinem Entdecker zu benennen. Im Falle der neu entdeckten Maare und Schlackenkegelvulkane in der Vulkaneifel wird es anders sein. Dort nimmt man den Flurnamen zur genauen Bezeichnung. Aber wer sagt, dass die Geologin in der Region nicht noch mehr Nachweise von bislang unbekanntem Vulkanismus entdeckt, die einen Namen suchen?