Wolfgang Spelthahn ist seines Amtes seit November enthoben. Am 14. September wählt der Kreis Düren einen neuen Landrat. Vier Männer treten an.
Kommunalwahl 2025Im Kreis Düren steht die Wahl im Schatten des Schleuser-Skandals

Eins ist sicher: Ins Dürener Kreishaus wird ein neuer Chef einziehen.
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Es gibt einiges, auf das die Menschen im Kreis Düren stolz sein können: Etwa, dass der Physik-Nobelpreis 2007 an Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) ging. Oder dass Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll zeitweise in Kreuzau-Langenbroich gelebt hat. Und dann ist da noch Heimbach. Es ist zwar die flächenkleinste Stadt in NRW, schlägt sich aber dennoch tapfer. Klein, aber fein! Solche Vorzüge, zu denen sicher auch die zahlreichen schönen Flecken gehören, mögen vielleicht darüber hinwegtrösten, dass der Kreis in den vergangenen Monaten eher nicht so schöne Schlagzeilen produziert hat – und das bundesweit.
So endet nach der Wahl eines Landrats am 14. oder im Falle einer Stichwahl am 28. September endgültig nach 26 Jahren die Amtszeit von Wolfgang Spelthahn (CDU). De facto übt Spelthahn sein Amt seit November 2024 nicht mehr aus, weil ihm die Bezirksregierung Köln seiner Aufgaben enthoben hat, das Land setzte Ferdinand Aßhoff als Behördenleiter ein. Gegen Spelthahn wird in der sogenannten Luxus-Schleuser-Affäre ermittelt, die zudem weitere Mitarbeiter der Kreisverwaltung erfasst haben könnte. Es gilt für alle die Unschuldsvermutung.
214.473 Menschen sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Sie können wählen zwischen vier Landratsbewerbern, die bei allen Unterschieden ein Anliegen eint: den Kreis aus den negativen Schlagzeilen zu bringen. Die Redaktion hat sie nach den Schwerpunkten ihrer Politik für den Kreis befragt:
Dr. Ralf Nolten (CDU)
Der Kandidat der CDU ist auch im Kreis Euskirchen bestens bekannt: Als Landtagsabgeordneter vertritt Dr. Rald Nolten aktuell auch die zum Wahlkreis Düren II/Euskirchen II zählenden Kommunen Dahlem, Hellenthal und Schleiden. Als Landrat möchte er nach eigenem Bekunden angesichts Tausender fehlender Wohnungen im Kreis Düren den Wohnungsbau zur Chefsache machen. Und: „Im Zusammenspiel von Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Kommunen muss im Hinblick auf Katastrophenschutz einiges getan werden“, ergänzt der 61-Jährige.

Dr. Ralf Nolten (CDU) will vom Düsseldorfer Landtag ins Dürener Kreishaus wechseln.
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Der Kreis benötige ein Gefahrenabwehrzentrum. Die Krankenhausreform zeige zudem Handlungsbedarf im Gesundheitsbereich. „Moderne, KI-gestützte und telemedizinische Diagnostik, Behandlungs- und Pflegekonzepte werden immer wichtiger“, erklärt Nolten, der seit 2017 Mitglied des NRW-Landtags ist.
Nolten ist promovierter Agraringenieur. „Zum Studium der Agrarwissenschaften gehörte ein einjähriges Praktikum auf einem Milchviehbetrieb in der Eifel. Sieben Tage die Woche um 4 Uhr aufstehen, um die Kühe zu melken – eine Erfahrung fürs Leben.“ Er möchte Landrat werden, weil ihn Politik fasziniere, weil sie Chancen biete, Probleme zu lösen und Herausforderungen zu meistern: „Jetzt gilt es aber auch, den durch den Schleuserskandal ins Gerede gekommenen Kreis Düren in die Zukunft zu führen, der Kreisverwaltung den Rücken zu stärken.“
Da könne er seine Erfahrung und Kompetenz einbringen: „Kommunalpolitik mache ich seit fast 40 Jahren von der Pike auf.“
Maximilian Dichant (SPD)
Der Vorsitzende des SPD-Kreisverbands ist Prokurist und Leiter der Gewerbeflächenentwicklung der Stadt Düren. Als vorrangig nennt der 33-Jährige: „Vertrauen zurückgewinnen nach unzähligen Skandalen und Landratssuspendierung.“ Auch sollen die Skandale transparent aufgearbeitet werden.

Maximilian Dichant (SPD) zieht es in Düren vom Rat- ins Kreishaus.
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Außerdem: Haushaltskonsolidierung und Entlastung von Bürgern und Kommunen im Kreis, Strukturwandel im Rheinischen Revier gestalten, Wirtschaftsstandort stärken, demografischen und technologischen Wandel bewältigen. Die Haushaltskonsolidierung, die Modernisierung der Verwaltung und den Kreis Düren besser für Katastrophenfälle aufzustellen nennt Dichant als weitere vordringliche Punkte.
„Ich möchte das Amt mit mehr Mut – vor allem Demut ausüben“, so Dichant. Er habe einen „unabhängigen Blick von außen, keine Verbindung zum alten Spelthahn-System“. Als junger Mensch habe er ein anderes Verständnis für Personalführung und Digitalisierung, verfüge aber über Erfahrung und ein Netzwerk in der Politik sowie eine „vorzeigbare Führungserfahrung in einem verwaltungsnahen Berufsfeld“.
Andreas Krischer (Grüne)
Der demografische Wandel und die angespannte Haushaltslage sorgten dafür, „dass wir in Zukunft die größer werdenden Aufgaben der Verwaltung mit weniger Ressourcen erledigen müssen“, so Grünen-Landratskandidat Andreas Krischer. Dafür brauche es eine ambitionierte Optimierung aller Prozesse innerhalb der Verwaltung sowie eine konsequente Digitalisierung. Der Strukturwandel und die Klimakrise seien zu bewältigen. Mit dem Ende der Tagebaue müssten riesige Flächen sinnvoll entwickelt werden, während die Wirtschaft auf Klimaneutralität umgestellt werden müsse.

Verlorengegangenes Vertrauen in den Kreis Düren will Andreas Krischer (Grüne) wieder aufbauen.
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Wohnungsbau, Verbesserung der Finanzlage, Mobilität und der Zusammenhalt der Gesellschaft verlangten nach Konzepten und Handlungen. „Die Skandale im Kreishaus Düren der letzten ein bis zwei Jahre haben viel Vertrauen in Politik und Verwaltung verspielt“, stellt der 27-jährige IT-Unternehmer fest, der seit 2020 im Kreistag sitzt. Ihm sei es ein großes Anliegen, dieses Vertrauen durch konsequente Transparenz und Aufarbeitung wiederherzustellen.
Befragt nach Besonderheiten in seiner Vita, antwortet Krischer, dass er als 14-Jähriger eine Firmengründung in zweiter Instanz vor Gericht erstritten habe. „Als Minderjähriger benötigt man in Deutschland eine Genehmigung vom Familiengericht zur Ausübung eines Gewerbes“, so der Sohn von NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer.
Bernd Essler (AfD)
Es gelte, die aus seiner Sicht wegen Missmanagements sehr problematische Finanzlage des Kreises „mittels gravierender Maßnahmen wieder in den Griff zu bekommen“, sagt AfD-Landratskandidat Bernd Essler – auch, um die Gemeinden vor Steigerungen der Kreisumlage zu bewahren. „Wobei noch fraglich ist, ob nicht das Land selbst für die Verluste eintreten muss, weil auch die Rechts- und Fachaufsicht (Bezirksregierung) jahrelang versagt hat“, so Essler.

Bernd Essler will für die AfD Landrat im Kreis Düren werden.
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Er ist 76 Jahre alt, Jurist und Unternehmensberater. Er ist Mitglied in den Aufsichtsräten diverser kommunaler Gesellschaften. Im Stadtrat Düren steht er der AfD-Fraktion vor.
„Es ist aufzuräumen“, sagt Essler, der der schwarz-grünen Mehrheitskoalition im Kreistag vorwirft, das „Missmanagement gedeckt“ zu haben. „Ich kann große Organisationen führen, war während meiner Ausbildung sowohl in einer Verwaltung als auch beim Verwaltungsgericht tätig“, so Essler.
Ergebnisse der Kommunalwahl 2020
Auf 41,0 Prozent kam die CDU bei der Wahl zum Kreistag Düren im Jahr 2020. Sie hatte 1,8 Prozentpunkte im Vergleich zu 2014 eingebüßt. Noch größer waren die Verluste für die Sozialdemokraten, von 30,4 auf 25,2. Bündnis 90/Die Grünen kamen 2020 auf 15 Prozent und damit auf 5,1 Punkte mehr als 2014. Die FDP erreichte 4,4 Prozent (2014: 3,9), UWG 4,3 (3,9), AfD 6,4 (2,4), Linke 2,6 (4,0) und Piraten 1,1 (2,6). Die Wahlbeteiligung lag vor fünf Jahren bei 55,9 Prozent.
Die Sitzverteilung im Kreistag: CDU 25, SPD 15, Grüne 9, FDP 3, UWG 3, AfD 4, Linke 2, Piraten 1.
Die Landratswahl gewann Wolfgang Spelthahn (CDU) mit 57,8 Prozent, Rolf Hamacher (SPD) erreichte 34,8 Prozent. Wolfgang Kochs (AfD) kam auf 7,4 Prozent.