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FlutkatastropheDas hat die Menschen im Kreis Euskirchen ausgemacht

Lesezeit 3 Minuten
Auf einem Schaufenster in Euskirchen spricht der Ladenbesitzer ein großes Dankeschön aus.

Auf einem Schaufenster ist nach der Flut in Euskirchen von großer Dankbarkeit zu lesen.

Nach der Flut im Kreis Euskirchen sprechen die Bürgermeister über das, was sie am meisten beeindruckt hat.

An einen Termin im vergangenen Jahr erinnert sich Sabine Preiser-Marian besonders gerne. „In Iversheim“, erzählt die Bad Münstereifeler Bürgermeisterin, „hat eine Familie ein Haus aufgebaut und eingeweiht. Man sah, wie glücklich die Familie war. Sie waren zu Tränen gerührt, haben sich bei den Nachbarn bedankt, bei allen Leuten, die sie unterstützt haben, aber auch bei der Stadt. Das fand ich so schön.“

Klar ist, diese Flut brauchte kein Mensch. Doch in der Not, das machen die vergangenen gut eineinhalb Jahre deutlich, halten die Menschen im Kreis Euskirchen zusammen. Alle elf Bürgermeisterinnen und Bürgermeister betonen immer wieder, wie groß das Miteinander ist. Wer konnte, packte mit an.

Familien kamen nach der Flut bei Freunden unter

Es gibt Betroffene, die halfen erst denen, die noch mehr betroffen waren, bevor sie sich ihrer eigenen Schäden annahmen. So wurde manches Haus, dessen Bewohner es vielleicht nicht so dicke haben und für einen solchen Schadensfall nicht ausreichend versichert waren, wieder bewohnbar – Nachbarschaftshilfe. Ganze Familien kamen für Wochen bei anderen unter. Andere, die sich mit Formalitäten auskennen, waren beim Ausfüllen der Wiederaufbauhilfe-Anträge behilflich.„Dann hieß es oft: Der eigene Wiederaufbauantrag hat noch Zeit, erst muss dem Nachbar geholfen werden“, so Preiser-Marian.

Große Hilfsbereitschaft nach der Flut im Kreis Euskirchen

„In den kleinen Ortschaften sind die unterschiedlichen Gewerke abgedeckt, da hat man sich gegenseitig sehr geholfen“, erinnert sich die Blankenheimer Bürgermeisterin Jennifer Meuren. Da das Schadensausmaß in Blankenheim nicht so groß war wie in einigen anderen Kommunen, hätten sich auch mehr Nicht- oder weniger Betroffene verstärkt um die kümmern können, die es heftiger erwischt hatte.

Und die Hilfswelle reißt nicht ab, wie der Zülpicher Bürgermeister Ulf Hürtgen feststellt: „Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sind nach wie vor sehr groß.“ Die Weilerswister Bürgermeisterin Anna -Katharina Horst ist „sehr berührt davon, wie die Menschen einander halfen“.

Euskirchens Bürgermeister angetan vom Engagement der Bürger

Das Euskirchener Stadtoberhaupt Sacha Reichelt sagt: „Ich bin sehr angetan vom Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger, die ihr Schicksal nicht Schicksal sein lassen, sondern es selbst in die Hand nehmen. Ich glaube, das muss man auch: Derjenige, der selbst aktiv wird und nicht auf andere wartet, bei dem wird es etwas schneller gehen.“

Die Stadtgesellschaft sei in der Not zusammengerückt – in der Kernstadt, in den Orten, in den Vierteln und in der Nachbarschaft. „Ich habe ganz viele Geschichten gehört, von Menschen, die ihre Nachbarn gar nicht kannten, vielleicht höchstens mal gegrüßt haben oder gedacht haben: ,Och, dat is aber ne komische Vogel’. Und bei der Flut standen genau diese Nachbarn auf einmal vor der Tür und packten, ohne zu fragen, an. Daraus sind dann tolle Freundschaften entstanden.“

Viele hätten erst durch die Flut bemerkt, was für nette Nachbarn sie haben. Es gebe ein Grundgefühl, so Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings: „Wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Das große Ziel, es wieder so zu haben wie vor der Flut und etwas sicherer, präge auch die politische Diskussion, stellt Sabine Preiser-Marian fest: „Klar, wir streiten uns schon mal wie die Kesselflicker. Aber wir haben ein gemeinsames Ziel und reißen uns immer wieder zusammen. Das sollten wir beibehalten.“