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Kommunalwahl 2025So läuft der Wahlkampf zwischen Hashtag und Haustür im Kreis Euskirchen

6 min
Das Bild zeigt Wahlplakate von Landrat Markus Ramers und Herausforderin Sabine Preiser-Marian.

Das Werben um Wählerstimmen ist zwar digitaler geworden, auf die Plakatierung verzichtet trotzdem keine Partei.

Plakate, Posts und persönliche Gespräche: Der Wahlkampf im Kreis Euskirchen vor der Kommunalwahl am 14. September ist vielfältiger und schneller geworden.

Im Kreis Euskirchen läuft der Wahlkampf im Vorfeld der Kommunalwahl am 14. September auf Hochtouren – und zwar auf sehr unterschiedlichen Wegen. Während Hunderte großer und kleiner Plakate an den Straßen hängen und Kandidaten an den Haustüren klingeln, spielt Social Media eine immer wichtigere Rolle – aber eben nicht allein.

Die SPD im Kreis Euskirchen setzt bewusst auf einen eigenhändig organisierten Wahlkampf. „Die Kreis-SPD plant, organisiert und setzt den Wahlkampf ohne eine Agentur um. Das gilt für den analogen und digitalen Wahlkampf“, erklärt Thilo Waasem, Vorsitzender der SPD im Kreis. Rund 50.000 Euro stehen Waasem zufolge der Partei und Landrat Markus Ramers für den Wahlkampf zur Verfügung – viel Engagement wird jedoch ehrenamtlich in die Wahlwerbung gesteckt. „Ich freue mich sehr, dass wir dieses Mal besonders viele Helferinnen und Helfer haben – auch über Parteigrenzen hinweg“, sagt der SPD-Chef im Gespräch mit dieser Zeitung.

Social Media hat eine neue Qualität des Dialogs geschaffen

Besonders Social Media hat für Waasem eine neue Qualität des Dialogs geschaffen: „Menschen können ohne große Hürde Fragen, Anregungen, Kritik loswerden.“ Dass dies auch zusätzlichen Aufwand bedeutet, räumt er ein – sieht es aber als gute Entwicklung. Insgesamt sei die Stimmung im SPD-Wahlkampfteam positiv – nicht zuletzt wegen der breiten Unterstützung für Amtsinhaber Markus Ramers aus allen Kommunen und gesellschaftlichen Bereichen.

Landrat Ramers selbst nutzt Social Media, und da besonders seinen Instagram- und Whatsapp-Kanal, um sich mit seinen Followern auszutauschen, neue zu gewinnen oder über seine 200-Kilometer-Lauftour während seines Urlaubs durch den Kreis Euskirchen zu berichten. Eine Tour, die – auch das gehört zum Wahlkampf dazu – nicht nur die Fußsohlen glühen, sondern gerne auch die Gerüchteküche brodeln lässt.

CDU setzt auf Ehrenamt und professioneller Kampagne

So wurde kolportiert, dass ein Werbepartner auf einem Trikot, das Ramers auf einer Etappe für kurze Zeit trug, daraufhin sein Engagement bei dem Sportverein gekündigt habe. Auf Nachfrage der Redaktion beim betroffenen Verein bestätigte dieser, dass die Partnerschaft tatsächlich beendet worden sei – aber bereits zu Beginn des Jahres und nicht im Zuge der Ramers-Tour.

Die CDU im Kreis Euskirchen setzt auf eine Mischung aus professioneller Kampagne und Ehrenamt. Zwar macht Kreisvorsitzender Ingo Pfennings keine genaue Angabe zum Wahlkampfbudget, betont aber: „Die Kandidatur von Sabine Preiser-Marian ist mehr als nur ernst gemeint und wird von der Kreispartei mit aller Kraft getragen – auch finanziell.“ Für die Social-Media-Aktivitäten setze die CDU zusätzlich auf professionelle Unterstützung durch eine Agentur – insbesondere, um jüngere Zielgruppen anzusprechen, berichtet der Chef der Christdemokraten im Kreis Euskirchen.

Die Gesellschaft ist weder rein analog noch rein digital erreichbar.
Ingo Pfennings, Vorsitzender der CDU im Kreis Euskirchen

Pfennings macht im Gespräch deutlich, dass erfolgreiche Kampagnen heute „hybrid“ sein müssen: „Die Gesellschaft ist weder rein analog noch rein digital erreichbar.“ Während Social Media vieles erleichtere, sieht er auch Schattenseiten: „Falschbehauptungen und Hetze nehmen zu.“ Der direkte Kontakt zu den Menschen – ob bei Veranstaltungen oder beim Haustürwahlkampf – bleibe daher für ihn das wichtigste Mittel. Die sozialen Netzwerke seien Fluch und Segen zugleich.

Die Grünen im Kreis Euskirchen arbeiten mit einem Budget von 20.000 Euro auf Kreisebene, berichtet Myriam Kemp, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands. Kemp, die auch Bürgermeisterin in Weilerswist werden will, sagt zudem, dass dort weitere 10.000 Euro hinzukommen, ergänzt durch Spenden oder gesponserte Großflächen. Eine Agentur komme dabei nicht zum Einsatz. „Unsere Inhalte erstellen und betreuen wir komplett selbst“, sagt Kemp.

Ein persönliches Gespräch kann kein digitaler Kanal ersetzen

Für die Grünen sei Social Media ein wertvolles Werkzeug, um persönlich, direkt und inhaltlich zu kommunizieren – hauptsächlich über Instagram und Facebook. Kemp selbst nutzt außerdem TikTok und Bluesky. Dennoch bleibt für sie klar: „Social Media ist eine sinnvolle Ergänzung, aber kein Ersatz.“ In der Abwägung zwischen Plakat und Post zieht sie – noch – das Plakat vor: „Es hat aktuell die größere Reichweite.“ Wichtiger als beides sei aber ohnehin das persönliche Gespräch – das könne kein Kanal ersetzen.

Sie habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen im Netz viel direkter, viel persönlicher schreiben. Auf der Straße werde sie wahrscheinlich nie so verbal angegangen, wie das im Netz geschehe, sagt Kemp. Dennoch halte sie an dem Medium für den Wahlkampf fest.

Wahlkampf ist durch Social Media schneller geworden

Für die FDP ist Social Media nicht nur ein zusätzlicher Kanal, sondern ein zentrales Element der Wahlkampfführung. „Wir geben direkt für den Wahlkampf eine niedrige bis mittlere fünfstellige Summe aus“, erklärt Frederik Schorn, Fraktionsvorsitzender der FDP im Kreistag. Hinzu kämen Budgets der Ortsverbände für ihre Ratswahlkämpfe.

Die FDP hat eine Agentur engagiert, die einen inhaltlichen und gestalterischen Rahmen vorgibt. Viele Inhalte entstehen aber spontan – ein typisches Merkmal von Social Media. Die Reaktionen der Nutzerinnen und Nutzer seien direkt messbar und ein „wichtiger Indikator“. Schorn hebt zudem hervor, wie stark sich der Wahlkampf verändert hat: „Er ist viel schneller geworden. Viele Direktkandidaten – auch ich – veröffentlichen ihre Handynummern, damit man per WhatsApp erreichbar ist. Das wäre früher undenkbar gewesen.“

Damals ging es vor allem darum, mich bekannt zu machen. Heute bin ich als Bürgermeisterin präsent.
Jennifer Meuren, Bürgermeisterin von Blankenheim

Social Media sei nicht nur vielfältiger geworden, sondern auch fordernder. Neben Facebook spielen mittlerweile auch Instagram, TikTok und WhatsApp eine Rolle. Gleichzeitig kritisiert Schorn die zunehmende „Materialschlacht“ und die frühe Taktung: „Wenn man heute erst acht Wochen vor der Wahl anfängt, ist man spät dran.“

Und wie ist das bei einer Bürgermeisterkandidatin, die keinen Gegenkandidaten hat? Die parteilose Blankenheimer Verwaltungschefin Jennifer Meuren wirbt allein auf weiter Flur um die Gunst der Wählerinnen und Wähler in ihrer Kommune. Tatenlos ist sie deshalb nicht. Meuren betreibt aktiv Wahlkampf – wenn auch in anderer Form als 2020. „Damals ging es vor allem darum, mich bekannt zu machen. Heute bin ich als Bürgermeisterin präsent – bei vielen Veranstaltungen, auf Social Media und mit kleinen, analogen Zeichen wie Ostergrüßen auf den Dorfplätzen“, sagt sie.

Ihre Social-Media-Präsenz nutzt Meuren seit ihrem Amtsantritt regelmäßig – und das soll so bleiben: „Transparenz ist mir wichtig, genauso wie der direkte Draht zur Bürgerschaft.“ Persönliche Einblicke, Humor, aber auch tagesaktuelle Informationen seien dort möglich – und schaffen Nähe. Trotzdem bleibt auch für sie der klassische Weg wichtig: „Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.“ Neben Social Media setzt Meuren auf ein Booklet für alle Haushalte, einige Banner sowie Haustürbesuche – soweit es ihre Zeit als Bürgermeisterin und Mutter eines kleinen Sohnes zulässt. Die Tatsache, dass sie als einzige Kandidatin antritt, betrachtet sie mit Demut: „Eine Wiederwahl ist keine Selbstverständlichkeit.“


CDU Stadtverband in Euskirchen sperrt CDU-Mitglied kurzzeitig aus

Wahlkampf auf Social Media ist so eine Sache. Diese Erfahrung machte nun der CDU-Stadtverband Euskirchen. Auf einen Post, in dem es um kulturelle Angebote im Stadtgebiet ging, antwortete bei Facebook auch Michael Heuser. Das CDU-Mitglied widersprach den Inhalten des Posts energisch. Er habe – vor allem in Bezug auf den Dorfsaal in Roitzheim eine ganz andere Erfahrung gemacht und schoss in seinem Kommentar nicht nur gegen Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU), sondern auch den Stadtverband.

Die Folge: Heuser wurde gesperrt, konnte weder kommentieren noch die Beiträge beim Euskirchener Stadtverband sehen. Das brachte ihn so auf die Palme, dass er der CDU mit Klage drohte, falls er nicht „entblockt“ werde. Nach einem Telefonat mit CDU-Kreisparteichef Ingo Pfennings durfte Heuser dann einige Tage später wieder kommentieren und lesen. Der Ärger ist bei Heuser aber nicht verraucht, auch wenn der Vertrag für den Dorfsaal zwischenzeitlich von allen unterschrieben worden ist.